Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Zurückweisung eines Bevollmächtigten. keine Vertretungsbefugnis eines Steuerberaters im Widerspruchsverfahren zur Beantragung von Saison-Kurzarbeitergeld. Rechtsdienstleistung. rechtliche Prüfung. keine Nebenleistung zur Lohnbuchhaltung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die Zurückverweisung eines Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren stellt gegenüber dem Zurückgewiesenen einen selbständigen Verwaltungsakt dar, der von diesem mit dem entsprechenden Rechtsbehelf (Widerspruch, Klage) angefochten werden kann.
2.a) Bei dem Tätigwerden eines Steuerberaters als Bevollmächtigter im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens zur Beantragung von Saison-Kurzarbeitergeld handelt es sich um die Erbringung einer Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs 1 RDG.
2.b) Bei dieser Rechtsdienstleistung des Steuerberaters handelt es sich nicht um eine Nebenleistung im Sinne von § 5 RDG.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 26. Oktober 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 536,10 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung eines Steuerberaters als Bevollmächtigter im Widerspruchsverfahren zur Beantragung von Saison-Kurzarbeitergeld gegenüber der Bundesagentur für Arbeit aufzutreten.
Der als Steuerberater für die Y.... GmbH tätige Kläger beantragte am 5. Januar 2016bei der Beklagten für fünf in Betrieben der Y.... GmbH beschäftigte Arbeitnehmer die Zahlung von Saison-Kurzarbeitergeld in Höhe von insgesamt 1.497,85 EUR für Dezember 2015. Mit Schreiben vom 27. Januar 2016 forderte die Beklagte die Y.... GmbH auf, die Personalunterlagen einzureichen und Nachfragen zu beantworten. Der Kläger stellte für die Y.... GmbH mit Formblatt vom 2. Februar 2016 einen weiteren Antrag auf Zahlung von Saison-Kurzarbeitergeld für den Monat Januar 2016 in Höhe von insgesamt 2.706,08 EUR. Er reichte Rechnungsunterlagen einschließlich Arbeitszeitübersichten ein. Am 5. Februar 2016 stellte der Kläger einen Korrekturantrag für den Monat Januar 2016 in Höhe von jetzt noch 2.596,41 EUR. Am 12. Februar 2016 stellte der Kläger einen Korrekturantrag für Dezember 2015 in Höhe von jetzt noch 1.075,70 EUR.
Mit Bescheid vom 15. Februar 2016 lehnte die Beklagte die Zahlung von Saison-Kurzarbeitergeld für die Monate Dezember 2015 und Januar 2016 mit der Begründung ab, dass die Anträge und die vorgelegten Unterlagen nicht stimmig seien.
Der Kläger übersandte mit Schreiben vom 26. Februar 2016 weitere Korrekturanträge für die Monate Dezember 2015 und Januar 2016 an die Beklagte und beantragte am 4. März 2016 die Zahlung von Saison-Kurzarbeitergeld für den Monat Februar 2016 in Höhe von 970,76 EUR.
Mit Bescheid vom 9. März 2016 lehnte die Beklagte gegenüber der Y.... GmbH die Zahlung von Saison-Kurzarbeitergeld für alle beantragten Monate ab. Die Berechnung des Soll- und Ist-Entgeltes sei bei den Arbeitnehmern mit Saison-Kurzarbeitergeld nicht korrekt. Überstunden seien gegen Ausfallstunden anzurechnen. Zuschuss-Wintergeld werde in Höhe von bis zu 2,50 EUR je ausgefallene Arbeitsstunde gezahlt, wenn zu deren Ausgleich Arbeitszeitguthaben aufgelöst und die Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld vermieden werde. Ein erheblicher auf witterungsbedingten Gründen
beruhender Arbeitsausfall sei dann anzunehmen, wenn dieser ausschließlich durch
zwingende Witterungsgründe verursacht sei und am Tag mindestens eine Stunde der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit ausfalle.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 15. März 2016 mit Vollmacht der Y.... GmbH Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid ein. Als Anlage fügte er die Lohnabrechnung der Mitarbeiter für die Monate Dezember 2015 bis Februar 2016 bei. Außerdem habe man für jeden Monat eine Übersicht der Saison-Kurzarbeitergeld-Stunden sowie des Ausgleichskontos für jeden Mitarbeiter ergänzt. Die jeweiligen Abrechnungslisten seien gleichfalls beigelegt.
Mit Schreiben vom 5. April 2016 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass er in einer sozialrechtlichen Angelegenheit Widerspruch eingelegt habe und sie nicht erkennen
könne, dass diese Tätigkeit nach dem Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz - RDG) erlaubt sei. Er sei gemäß § 13 Abs. 5 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -(SGB X) als Bevollmächtigter, der geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten besorge, zurückzuweisen. Ermessen bestehe insofern nicht. Der Kläger erhalte die Möglichkeit, zur beabsichtigten Zurückweisung Stellung zu nehmen. Der Widerspruch gelte auch im Falle der Zurückweisung als rechtmäßig erhoben. Die Y.... GmbH werde entsprechend informiert.
Mit Schreiben vom 8. April 2016 wies der Kläger darauf hin, dass eine Zurückweisung nach § 13 Abs. 6 Satz 2 SGB X in Verbindung mit § 73 Abs. 2 Nr. 4 des Sozialgerichtsges...