Entscheidungsstichwort (Thema)

Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein. Vergütungsanspruch eines privaten Arbeitsvermittlers. Rechtmäßigkeit von regionalen Beschränkungen. Vermittlungserfolg. Beschäftigungsaufnahme während des Gültigkeitszeitraums des Gutscheins

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit einer regionalen Beschränkung in einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein in Bezug auf die zur Auswahl stehenden privaten Arbeitsvermittler.

2. Für den Vermittlungserfolg eines privaten Arbeitsvermittlers kommt es grundsätzlich nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages, sondern auf den der Beschäftigungsaufnahme an (Fortführung der Senatsrechtsprechung, vgl zB LSG Chemnitz vom 19.10.2018 - L 3 AL 35/16 - juris Rdnr 45 ff).

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 21. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen hat.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, ein privates Arbeitsvermittlungsunternehmen, begehrt vom Beklagten die Zahlung einer Vermittlungsvergütung in Höhe von 1.000,00 EUR.

Die Beklagte stellte der 1981 geborenen, vom Sozialgericht mit Beschluss vom 17. Juli 2013 Beigeladene am 7. Juni 2012 einen bis zum 6. September 2012 gültigen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein zur Auswahl eines zugelassenen Trägers (private Arbeitsvermittlung) "im Bundesgebiet" aus für die Arbeitsvermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in "C... + 25 km Umkreis". Der Gutschein enthielt unter der Überschrift "Nebenbestimmungen" unter anderem folgende Passagen:

"Zeitliche Befristung der Zusicherung (Gültigkeitsdauer)

Der festgelegte Zeitraum ist maßgeblich für folgende Aktivitäten:

- Auswahl eines zugelassenen Trägers

- Arbeitsvermittlung durch den ausgewählten Träger

- Aufnahme dieser versicherungspflichtigen Beschäftigung

Die Befristung (Gültigkeitsdauer) endet bei folgenden Ereignissen:

1. Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung

2. Ende des Anspruchs auf Arbeitslosengeld

3. Ende der Arbeitslosigkeit oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung (z.B. Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit über 15 Stunden wöchentlich, Bezug von Krankengeld, Bezug einer Rente Mutterschutz usw.)

4. Ende der Arbeitsuche (z.B. wenn an der Aufnahme einer zumutbaren Beschäftigung kein Interesse mehr besteht oder eine solche nicht mehr ausgeübt werden kann)

5. Die Betreuung durch die Agentur für Arbeit beendet ist

6. Wohnortwechsel in den Bezirk einer anderen Agentur für Arbeit. Ist die Vermittlung vor dem Wohnortwechsel erfolgt und wird diese Beschäftigung innerhalb der zeitlichen Befristung aufgenommen, kann bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen die Vermittlungsvergütung gezahlt werden.

In den vorgenannten Fällen besteht keine Bindung mehr an die Zusicherung der Förderung."

"Vermittlungsvergütung

Die Vermittlungsvergütung wird unter Einhaltung der regionalen Beschränkungen und unter folgenden Voraussetzungen an den Träger (private Arbeitsvermittlung) gezahlt:

- Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung bzw. in eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum innerhalb der Gültigkeitsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins

- Aufnahme der vermittelten Beschäftigung innerhalb der Gültigkeitsdauer

- mindestens sechswöchige Dauer der vermittelten Beschäftigung

- Nachweis durch die Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung

- Einlösung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines mit dem erforderlichen Nachweis innerhalb der Ausschlussfrist"

Die Klägerin, die in der Gewerbeummeldung vom 8. September 2011 "Personalvermittlung" als Tätigkeit angegeben hatte, und die Beigeladene schlossen am 11. Juni 2012 eine schriftliche Vermittlungsvereinbarung.

Die X... Personalservice GmbH in C... (im Folgenden: Fa. X...) gab in der Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung vom 16. November 2012 an, dass sie mit der Beigeladenen am 4. September 2012 einen Arbeitsvertrag geschlossen habe. Das Beschäftigungsverhältnis bestehe ununterbrochen seit dem 1. Oktober 2012. Die Beigeladene sei durch die Klägerin vermittelt worden.

Den Antrag der Klägerin vom 16. November 2012 auf Auszahlung einer Vermittlungsvergütung in Höhe einer ersten Rate von 1.000,00 EUR lehnte die Beklagte mit - dem äußeren Erscheinungsbild nach - Schreiben vom 14. Dezember 2012 ab. Im Betreff war "Zahlung der Vermittlungsvergütung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 6 SGB III" und "Ihr Antrag (Rechnung) vom 16.12.2012 [...]" angegeben. Ihre Entscheidung begründete die Beklagte zum einen damit, dass die regionale Beschränkung zur Auswahl eines zugelassenen Trägers nicht eingehalten worden sei. Zum anderen s...

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