Entscheidungsstichwort (Thema)
Angelegenheiten nach dem SGB II
Leitsatz (amtlich)
1. Die zu § 1567 Abs. 1 BGB ergangene Rechtsprechung kann für eine behauptete Trennung in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft herangezogen werden.
2. Das Getrenntleben besteht aus drei Elementen: eine häusliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten darf nicht bestehen; ein Ehegatte (oder beide) will die häusliche Gemeinschaft nicht mehr herstellen; ein Ehegatte (oder beide) will die häusliche Gemeinschaft deshalb nicht mehr herstellen, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt.
3. Die Beendigung der häuslichen Gemeinschaft mündet zwar zumeist in den Auszug des einen Ehegatten aus der bisherigen gemeinsamen Wohnung. Eine Trennung ist aber, wie sich aus § 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt, auch in der ehelichen Wohnung möglich.
4. Im Falle einer Trennung im Sinne von § 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB darf kein gemeinsamer Haushalt geführt werden und es dürfen keine wesentlichen persönlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten bestehen. Ein gelegentliches Zusammentreffen als bloß räumliches Nebeneinander ist unerheblich. Ein Getrenntleben innerhalb der Ehewohnung wird verneint, wenn die Ehefrau dem Ehemann unverändert Versorgungsleistungen in erheblichem Umfang erbringt und dieser seinerseits seiner Verpflichtung zum Familienunterhalt kontinuierlich nachkommt. Gelegentliche Handreichungen stehen der Annahme des Getrenntlebens ebenso wenig entgegen wie die gemeinsame Benutzung der für die Versorgung und Hygiene dienenden Räume.
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 18. September 2009 wird zurückgewiesen.
II. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis zum 31. März 2007.
Der 1958 geborene, erwerbsfähige Kläger und die 1950 geborene, geschiedene Zeugin P… lernten sich Anfang der 1980er Jahre kennen. Aus der Beziehung ging der gemeinsame Sohn A… hervor, der 1983 geboren wurde. Im Jahr 1984 bezogen die drei Personen eine gemeinsame Wohnung in der F…-F…-S… C…. Der Kläger und die Zeugin tragen übereinstimmend vor, dass es im Zeitraum 1999/2000 zur Trennung gekommen sei. Die bisherige Wohnung wurde allerdings weiterhin beibehalten. Anlässlich des bevorstehenden Abrisses des bisherigen Wohnhauses zogen der Kläger und die Zeugin zusammen im Herbst 2003 in die neue Wohnung in der W… in C… um. Der zu diesem Zeitpunkt bereits volljährige Sohn bezog im selben Haus eine andere Wohnung. Die Gründe für den gemeinsamen Umzug und die Umstände des weiteren Zusammenwohnens sind streitig.
Der Kläger beantragte erstmals am 3. Dezember 2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Mit grünem Stift ist zur Frage, ob weitere Angehörige im gemeinsamen Haushalt leben, das Feld “nein„ angekreuzt. Mit Zusatzschreiben vom 1. Dezember 2004 erklärte der Kläger, dass er mit der Zeugin P… nicht in einer Bedarfsgemeinschaft lebe, weil sie getrennte Konten hätten und finanziell nicht füreinander einstünden. Eine entsprechende Erklärung gab die Zeugin unter dem 3. Dezember 2004 ab. Mit dem Antrag legte der Kläger unter anderem einen Mietvertrag für eine 88,34 m² große Wohnung in der W… in C… vor. Das Mietverhältnis begann am 1. November 2003. Mieter sind der Kläger und die Zeugin P…. Außerdem legte er einen Versicherungsschein für den auf ihn zugelassenen Renault Laguna Grandtour (Erstzulassung: 30. Dezember 1998) vor. Danach wurde das Fahrzeug ausschließlich von ihm und der Zeugin P… gefahren.
Am 24. Februar 2005 fand ein unangemeldeter Hausbesuch von zwei Ermittlerinnen des Sozialamtes des Stadt C… statt, die im Auftrag der ARGE C… tätig wurden. Diesbezüglich wird auf den Vermerk der Zeugin M… (Ermittlerin) vom 2. März 2005 verwiesen. Die Ermittlerinnen gingen von einer gemeinsamen Lebensführung des Klägers und der Zeugin P… aus. Daraufhin wurde der Kläger mit Schreiben vom 2. März 2005 aufgefordert, zum Weiterbewilligungsantrag die Einkommensverhältnisse und die persönlichen Angaben der Zeugin P… mitzusenden.
Am 15. März 2005 stellte der Kläger einen Fortzahlungsantrag, in dem er angab, dass keine Änderungen eingetreten seien. Aus dem Gesprächsvermerk vom 21. März 2005 ergibt sich, dass der Kläger darauf bestand, dass keine eheähnliche Gemeinschaft vorliege.
In der Dienstaufsichtsbeschwerde vom 24. März 2005 wandte sich der Kläger unter anderem gegen die Art und Weise des Hausbesuches sowie die Feststellungen der Ermittlerinnen.
In den Fortzahlungsanträgen vom 18. August 2005, vom 21. Februar 2006 und vom 19. August 2006 gab der Kläger erneut an, dass keine Änderungen eingetreten seien.
Mit Schreiben vom 1. September 2006 forderte die ARGE C… den Kläger auf, Unterlagen über seine Partnerin, die Zeugin P…, nachzureiche...