Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Urlaubsabgeltung. Absetzung von Freibeträgen bei Erwerbstätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die Urlaubsabgeltung ist kein Einkommen, von dem Freibeträge bei Erwerbstätigkeit abzusetzen sind.
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 2. November 2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen für den Rechtsstreit zu 1/20 zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten für September 2016 bis Januar 2017 um Absetzbeträge von einer Urlaubsabgeltung. Für Oktober 2016 bis Januar 2017 haben sie sich dem Ausgang dieses Rechtsstreits unterworfen.
Die 1968 geborene Klägerin zu 1. war vom 01.08.2014 bis 31.07.2016 beim Verkehrszentrum X.... e.V. (VSL) beschäftigt (Arbeitsvertrag v. 01.08.2014, Änderungsvertrag v. 01.08.2015). Sie hatte Anspruch auf zwei Tage Erholungsurlaub pro Monat (§ 5 Arbeitsvertrag). Ab dem 02.11.2015 war sie arbeitsunfähig und bezog ab dem 14.12.2015 von der AOK PLUS (AOK) Krankengeld (Krg). Vom 28.06. bis 19.07.2016 nahm die Klägerin zu 1. an einer stationären Reha-Maßnahme teil. Am 02.08.2016 überwies ihr der VSL insgesamt 1.218,38 € als „Urlaubsabgeltung 2015“ (443,04 €) und „Urlaubsabgeltung 2016“ (775,32 €), jeweils ohne Abzüge von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen (undatierte Entgeltbescheinigung).
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bewilligte der Klägerin zu 1. auf Antrag vom 01.08.2016 vom 01.08.2016 bis 29.08.2017 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von 20,86 € kalendertäglich, welches für die Zeit vom 01. bis 30.08.2016 aufgrund der Urlaubsabgeltung nicht ausgezahlt, vom 31.08. bis 31.10.2016 einbehalten und ab dem 01.11.2016 an sie ausgezahlt wurde (BA, Schreiben v. 22.09.2016). Am 17.11.2016 erhielt die Klägerin zu 1. für 01. bis 08.11.2016 Alg in Höhe von 166,88 € überwiesen. Für September und Oktober 2016 machte der Beklagte einen Erstattungsanspruch von insgesamt 1.251,60 € (monatlich 625,80 €) geltend (Schreiben v. 26.09.2016), den die BA anerkannte (Schreiben v. 07.10.2016). Ab dem 09.11.2016 hob die BA die Bewilligung des Alg auf (Bescheid v. 11.11.2016), da die Klägerin zu 1. - nach einem weiteren stationären Aufenthalt ab dem 03.11.2016 - vom 09.11.2016 bis 27.06.2017 erneut Krg von 20,86 € kalendertäglich bezog, im November 2016 in Höhe von 208,60 €, im Dezember 2016 insgesamt 584,08 € (2 x 292,04 €) und im Januar 2017 insgesamt 396,34 € (250,32 € + 146,02 €). Der Beklagte machte gegen die AOK dem Grunde nach Erstattungsansprüche, auch ab dem 09.11.2016, geltend, die die AOK anerkannte und der Beklagte für Zeiten vom 06. bis 27.01.2017 auf 458,92 € und vom 28.01. bis 10.02.2017 auf 271,18 € bezifferte. Ab dem 28.06.2017 bezog die Klägerin zu 1. erneut Alg, da der Rentenversicherungsträger noch nicht über ihre Erwerbsminderung entschieden hatte. Ab dem 07.09.2017 befand sie sich in einer (weiteren) stationären Reha-Maßnahme.
Für die Haftpflicht ihres Kraftfahrzeugs (Kfz; amtliches Kennzeichen: .....) zahlte die Klägerin zu 1. vierteljährlich 47,04 € bis Dezember 2016 und 48,98 € ab Januar 2017 (W..... Versicherung, Beitragsrechnungen ab 01.01.2016 / 01.01.2017). Die im Januar 2005 geborene Klägerin zu 2., eine Tochter der Klägerin zu 1., bezog Kindergeld.
Die Klägerin zu 1. war Mieterin einer Wohnung in V..... (Mietvertrag v. 01.04.2008), für die ab August 2015 weiterhin insgesamt 322,87 € (247,80 € Grundmiete + 75,07 € Nebenkostenvorauszahlung) monatlich Miete zu zahlen waren (Schreiben des Vermieters v. 13.07.2015 über die unveränderte Höhe der Vorauszahlungen trotz Betriebskostenabrechnung v. 07.07.2015). Für den Bezug von Gas zahlte die Klägerin zu 1. ab September 2016 monatlich 76,- € (U..... GmbH, Abrechnung v. 15.08.2016).
Auf Fortzahlungsantrag der Klägerin zu 1. vom 22.06.2016 (Schreiben v. 21.06.2016 unter Mitteilung des endenden Arbeitsvertrags und der voraussichtlichen Reha-Maßnahme) bewilligte der Beklagte den Klägerinnen für August 2016 bis Januar 2017 vorläufig insgesamt 855,35 € (1.045,35 € Gesamtbedarf ohne Bedarf für Heizung - 190,- € Kindergeld) monatlich (Bescheid v. 11.07.2016). Nach Vorlage von weiteren Unterlagen - u.a. zur Urlaubsabgeltung - durch die Klägerin zu 1. (Schreiben v. 24.07.2016) änderte der Beklagte die vorläufige Bewilligung für September 2016 bis Januar 2017 auf insgesamt 659,90 € (Bescheid v. 27.07.2016), da die Urlaubsabgeltung als einmalige Einnahme (bei einmaligen Absetzbeträgen) von 195,45 € monatlich (1.218,36 € - 30,- € Versicherungspauschale - 15,68 € Kfz-Versicherungsbeitrag = 1.172,68 € / 6 Monate) zu berücksichtigen sei. Nach Vorlage einer Gasabrechnung (Schreiben der Klägerin zu 1. v. 23.08.2016) änderte der Beklagte die vorläufige Bewilligung u.a. für September 2016 bis Januar 2017 auf 735,90 € (zztl. 65,31 € Bedarf für Heizung) monatlich (Bescheid v. 25.08.2016). Widerspruch gegen die vorgenannten B...