Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Arbeitslosigkeitsbegriff. Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie. Verfügbarkeit. Beschäftigungslosigkeit. Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit. realisierbarer Anspruch. ruhender Arbeitslosengeldanspruch wegen Urlaubsabgeltung. kein Arbeitslosen- oder Krankengeldanspruch. Sicherungslücke
Leitsatz (amtlich)
1. Der Begriff der Arbeitslosigkeit und des Arbeitslosen in § 2 Abs 3 S 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (juris: AURL), aber auch in § 2 Abs 3 S 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie und § 2 Abs 5 S 4 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie ("Bei Arbeitslosen bezieht sich die Befragung [ ]") ist nicht im Sinne des Arbeitslosigkeitsbegriffes in § 137 Abs 1 Nr 1 SGB III, § 138 Abs 1 SGB III zu verstehen, sondern im Sinne der Beschäftigungslosigkeit nach § 138 Abs 1 Nr 1 SGB III.
2. Ein Anspruch auf Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit setzt einen realisierbarer Anspruch auf Zahlung für die Zeit vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit voraus. Ein realisierbarer Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld ist nicht gegeben, wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit wegen einer Urlaubsabgeltung ruht (Anschluss an BSG vom 20.2.2002 - B 11 AL 59/01 R = ZfS 2002, 238 = juris Rdnr 17).
3. Wenn im Einzelfall ein Leistungsanspruch weder nach den arbeitsförderungsrechtlichen noch nach den krankenversicherungsrechtlichen Regelungen besteht, ist eine Lösung für eine etwaige Sicherungslücke systemgerecht im Krankenversicherungssystem zu suchen.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 21. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Gerichtsbescheid, mit dem ihre Klage, gerichtet auf die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 4. Januar 2013, abgewiesen wurde.
Die 1962 geborene Klägerin war vom 4. Mai 2009 bis zum 31. Dezember 2010 versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 1. Januar 2011 bis zum 3. April 2011 bezog sie Arbeitslosengeld. Vom 4. April 2011 bis zum 31. Dezember 2011 stand die Klägerin in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Vom 1. Januar 2012 bis zum 14. März 2012 bezog sie Arbeitslosengeld, danach bis zum 12. April 2012 Übergangsgeld wegen einer Kur und sodann bis zum 31. Juli 2012 erneut Arbeitslosengeld.
Zum 1. August 2012 nahm sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf. Das Arbeitsverhältnis wurde arbeitgeberseitig zum 31. Dezember 2012 gekündigt. Nach der Arbeitsbescheinigung der Arbeitgeberin erhielt die Klägerin eine Urlaubsabgeltung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Urlaub hätte im Anschluss an das Arbeitsverhältnis bis einschließlich 3. Januar 2013 gedauert. Ausweislich der Verdienstabrechnung vom 10. Januar 2013 für Dezember 2012 erhielt die Klägerin eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 157,50 EUR bei einem Tagessatz von 52,50 EUR.
Die Klägerin meldete sich bei der Beklagten am 17. Dezember 2012 arbeitsuchend und ab 1. Januar 2013 arbeitslos. Im Antragsformular verneinte sie die Fragen (Nummern 2d und 2e), ob sie arbeitsunfähig krank geschrieben sei, und ob sie bestimmte Beschäftigungen nicht mehr ausüben könne oder sich zeitlich einschränken müsse.
Vom 17. Dezember 2012 bis zum 21. Dezember 2012 und vom 20. Dezember 2012 bis zum 31. Dezember 2012 war die Klägerin durch ihre Hausärztin Dr. Y.... (Fachärztin für Innere Medizin) arbeitsunfähig krank geschrieben. Als Diagnosen stellte die Ärztin fest: ICD10 I99 G [Sonstige und nicht näher bezeichnete Krankheiten des Kreislaufsystems], ICD10 I10.90 G [Essentielle Hypertonie, nicht näher bezeichnet], ICD10 R42 G [Schwindel und Taumel] und ICD10 F48.0 G [Neurasthenie].
Am 24. Dezember 2012 stellte sich die Klägerin wegen Husten mit eitrigem Auswurf beim ärztlichen Notdienst vor. Der sie untersuchende Arzt DM X.... (Facharzt für Allgemeinmedizin) diagnostizierte eine asthmoide Bronchitis und verordnete ihr Antibiotika sowie weitere Medikamente. In einem später erstellten Befundbericht vom 7. Januar 2014 gab er an: "Im Notdienst wurde keine au-Bescheinigung ausgestellt. Die Patientin war stark erkrankt, es wurden Antibiotika verordnet, Bettruhe empfohlen. Sie sollte sich dann bei der betreuenden Hausärztin vorstellen".
Der HNO-Arzt PD Dr. W.... (V.... ) bescheinigte der Klägerin am 2. Januar 2013 Arbeitsunfähigkeit zunächst vom 2. Januar 2013 bis zum 14. Januar 2013 auf Grund der Diagnosen ICD10 R05 G [Husten] und ICD10 J31.1 G [Chronische Pharyngitis].
Zunächst für die Zeit vom 15. Januar 2013 bis zum 31. Januar 2013 (Folgebescheinigung) stellte Dr. U.... (Facharzt für Allgemeinmedizin, T....), eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus auf Grund der Diagnosen ICD10 J04.1 G [Akute Tracheitis] und ICD10 F32.9 G [Depressive Episode, nicht näher bezeichnet]. Die weiteren Folgebescheinigungen umfassen den Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis zum...