Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Zahnersatz. Regelversorgung. Suprakonstruktion. keine Verwendung von Festzuschüssen für implantologische Vorleistungen. Bewilligung des Festzuschusses gem § 87 Abs 1a S 6 SGB 5 umfasst auch Entscheidung der Krankenkasse über Heil- und Kontenplan. keine unmittelbare Rechtswirkung gegenüber Kassenzahnärztlicher Vereinigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Regelung über die Erstversorgung mit Suprakonstruktionen in der Festzuschuss Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (juris: FZRL) vom 3.11.2004 und in der Zahnersatz Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (juris: ZErsRL) vom 8.12.2004 ist mit höherrangigem Recht nicht vereinbar.

2. Das Gesetz lässt es nicht zu, einen zahnmedizinischen Befund zwar der Regelversorgung zuzuordnen, für diese Regelversorgung aber keinen eigenen Festzuschuss vorzusehen, sondern den Festzuschuss für eine andere Regelversorgung heranzuziehen.

3. Festzuschüsse dürfen nur für zahnärztliche oder zahntechnische Leistungen verwendet werden, die im Rechtssinne Zahnersatz ist. Dazu gehört zwar die Suprakonstruktion. Nicht dazu gehören aber die für die Suprakonstruktion notwendigen implantologischen Vorleistungen wie Implantate, Implantataufbauten, implantatbedingte Verbindungselemente.

 

Orientierungssatz

1. Anders als im früheren Recht (§ 30 Abs 4 S 3 SGB 5 in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung) ist die Genehmigung eines Heil- und Kontenplans (HKP) nicht mehr ausdrücklich vorgeschrieben. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass die Bewilligung des Festzuschusses gem § 87 Abs 1a S 6 SGB 5 auch die Genehmigung des HKP mit umfasst (vgl BSG vom 7.5.2013 - B 1 KR 5/12 R = SozR 4-2500 § 55 Nr 2, RdNr 11ff).

2. Die rechtliche Qualifikation der vom Vertragszahnarzt nach dem HKP beabsichtigten Versorgung als Regelversorgung, gleichartige Versorgung oder andersartige Versorgung ist dagegen nicht Gegenstand der Entscheidung der Krankenkasse nach § 87 Abs 1a S 6 SGB 5. Zudem entfaltet diese Entscheidung nur gegenüber dem Versicherten unmittelbare Rechtswirkung. Nicht dagegen wird mit ihr auch die vertragszahnärztliche Erbringbarkeit und Abrechenbarkeit der genehmigten Versorgung mit Wirkung für die Kassenzahnärztliche Vereinigung festgelegt; denn dafür fehlt der Krankenkasse die Regelungsbefugnis (vgl BSG vom 3.12.1997 - 6 RKa 40/96 = SozR 3-5555 § 12 Nr 5, juris RdNr 27).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.05.2017; Aktenzeichen B 6 KA 9/16 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 19. Januar 2011 aufgehoben, der Bescheid der Beklagten vom 14. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2008 abgeändert und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin weitere 473,97 EUR zu erstatten.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 473,97 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Abrechnung von implantatgestütztem Zahnersatz um implantologische (Vor-)Leistungen.

Die beigeladene Vertragszahnärztin gliederte am 09.11.2006 einem bei der klagenden Krankenkasse Versicherten gemäß Heil- und Kostenplan (HKP) vom 18.09.2006 eine vollkeramische Krone als Suprakonstruktion auf einem Implantat im Bereich des Zahns 12 ein. Als Regelversorgung hatte sie im HKP eine dreigliedrige Brücke im Bereich der Zähne 11 bis 13 eingetragen. Die Klägerin hatte unter dem 18.10.2006 einen Ausnahmefall gemäß Nr. 36 (Buchst. a) der Zahnersatz-Richtlinie (vom 08.12.2004 in der ab 01.04.2006 geltenden Fassung) sowie einen Härtefall gemäß § 55 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) anerkannt und doppelte Festzuschüsse gemäß Befund B Nr. 2.1 der Festzuschuss-Richtlinie vom 03.11.2004 (in der ab 01.04.2006 geltenden Fassung) für den Zahn 12 sowie gemäß Befund B Nr. 2.7 Festzuschuss-Richtlinie für die Zähne 11, 12 und 13 (insgesamt 801,62 EUR) bewilligt. Die Beigeladene rechnete gegenüber der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung am 09.11.2006 wie folgt ab:

(Zeile 1) 

ZA-Honorar BEMA

13,75 EUR

(Zeile 3)

ZA-Honorar GOZ

164,49 EUR

(Zeile 4)

Mat.- und Lab.-Kosten Gewerbl.

595,04 EUR

(Zeile 5)

Mat.- und Lab.-Kosten Praxis

15,49 EUR

(Zeile 7)

Gesamtsumme

788,77 EUR

Die beigefügte Rechnung des zahntechnischen Labors wies folgende Positionen auf:

Nr. 0221 (Hilfsteil in Abdruck)

2,89 EUR

Nr. 0223 (Zahnfleischmaske)

14,69 EUR

Nr. 0002 (Modell aus Superhartgips)

9,56 EUR

Nr. 0402 (Modellmontage)

7,01 EUR

Nr. 2031 (Individualisierung Implantataufbau)

43,92 EUR

Nr. 2971 (Aufwand auf Implantat bei Suprakonstruktion)

20,59 EUR

Nr. 2028 (Rocera Scannen)

12,46 EUR

Nr. 2612 (Mehrflächige Verblendung aus Keramik)

78,50 EUR

Nr. 0701 (Versand)

13,80 EUR

Nr. 9810 (Camlog Abdruckpfosten)

44,94 EUR

Nr. 9811 (Camlog Laborimplantat)

18,19 EUR

Nr. 9682 (Camlog Keramikabutment)

222,56 EUR

Nr. 8401 (Procera Käppchen)

67,00 EUR

Gesam...

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