Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Chemnitz vom 10.3.2016 - L 3 AL 58/14, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 27. März 2014 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Der Streitwert wird auf 1.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Zahlung der Vergütung aus einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein für die Beigeladene, hier die Gewährung der ersten Rate in Höhe von 1.000,00 EUR.
Die Klägerin betreibt die private Arbeitsvermittlung V… Personal- und Bildungsberatung. Das Unternehmen wurde am 3. September 2002 von der Zertifizierungsstelle der Bundesagentur für Arbeit als Träger nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Fachbereich Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung zugelassen.
Am 30. August 2012 erteilte die Beklagte der Beigeladenen einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein über 2.000,00 EUR gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 7 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III), gültig vom 30. August 2012 bis 30. Oktober 2012 für die Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Raum L….
Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein enthält unter anderem folgenden mit "Nebenbestimmungen" überschriebenen Hinweis:
"… Ausschlussfrist
Die Zahlung der Vermittlungsvergütung (Einlösung des Aktivierungs- und Vermittlungs-gutscheins) ist durch den Träger (private Arbeitsvermittlung) nach erstmaligem Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen zu beantragen. Innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten (§ 326 SGB III) sind die Unterlagen, die für die abschließende Entscheidung über den Umfang der zu erbringenden Leistung notwendig sind, einzureichen. Die Frist beginnt jeweils mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die für die Zahlung geforderte Beschäftigungsdauer erfüllt ist…".
Am 4. September 2012 schloss die Beigeladene mit der Klägerin einen Vermittlungsvertrag.
Am 27. November 2012 bestätigte die b… L… GmbH, dass sie auf Vermittlung der Klägerin mit der Beigeladenen am 15. Oktober 2012 für die Zeit vom 15. Oktober 2012 bis 31. Oktober 2012 einen Arbeitsvertrag geschlossen hat.
Am 15. August 2013 beantragte die Klägerin die Zahlung einer Vergütung in Höhe von zunächst 1.000,00 EUR für die Vermittlung des Beigeladenen.
Am 9. Oktober 2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab.
Mit Schreiben vom 11. Oktober 2013 legte die Klägerin Widerspruch ein, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2013 als unzulässig verworfen wurde. Der Widerspruch sei unzulässig, da er sich nicht gegen einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X richte. Die Unterstützung einer beruflichen Eingliederung durch die Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung sei eine Förderleistung an Arbeitnehmer. Die Förderzusicherung bestehe nur gegenüber dem Arbeitnehmer. Die Bundesagentur stehe in keiner Beziehung zum Träger der privaten Arbeitsvermittlung. Die Entscheidung über die Zahlung bzw. Nichtzahlung der in Rechnung gestellten Vermittlungsvergütung stelle somit keinen Verwaltungsakt gegenüber dem Träger der privaten Arbeitsvermittlung dar.
Am 25. Oktober 2013 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. Ihr stünde die erste Rate aus dem Vermittlungsgutschein zu.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27. März 2014 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2013 verurteilt, der Klägerin die erste Rate aus dem Vermittlungsgutschein in Höhe von 1.000,00 EUR zu zahlen. Entgegen der Ansicht der Beklagten handele es sich bei dem Schreiben, mit denen die Anträge auf Auszahlung eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines abgelehnt worden sei, um einen Verwaltungsakt. Denn es handele sich gemäß § 31 Satz 1 SGB X um eine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, welche unmittelbare Auswirkung nach außen habe. Obwohl § 45 Abs. 6 SGB III keine unmittelbare Zahlung an den privaten Vermittler mehr vorsehe, müsse der Arbeitsvermittler weiterhin einen eigenen durchsetzbaren öffentlich-rechtlichen Anspruch gegen die Beklagte haben. Die Klägerin habe somit einen Anspruch auf Vergütung der ersten Rate in Höhe von 1.000,00 EUR. Da die Beklagte die Antragsunterlagen der Klägerin hinsichtlich des Beigeladen angenommen und geprüft habe, könne sie sich nicht im Nachhinein auf die Ausschlussfrist des § 326 SGB III berufen. Nach § 326 Abs. 1 SGB III habe der Träger der Maßnahme (hier die Klägerin als private Arbeitsvermittlerin) der Beklagten innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten die Unterlagen, die für die abschließende Entscheidung über den Umfang der zu erbringenden Leistungen erforderlich seien (Gesamtabrechnung) vor...