Entscheidungsstichwort (Thema)
Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein. Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers. Nichtanwendbarkeit der Ausschlussfrist des § 326 Abs 1 SGB 3. Gesamtabrechnung. Maßnahmeträger. Leistungsempfänger
Leitsatz (amtlich)
Die Ausschlussfrist des § 326 Abs 1 SGB III ist auf den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein im Sinne des § 45 Abs 1 S 1 Nr 3, Abs 4 S 3 Nr 2 und S 3 sowie Abs 6 SGB III nicht anzuwenden. Diese gilt nur für Maßnahmeträger, die selbst Leistungsempfänger sind.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 27. März 2014 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 1.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Zahlung der Vergütung aus einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein für den Beigeladenen, hier die Gewährung der ersten Rate in Höhe von 1.000,00 EUR.
Die Klägerin betreibt die private Arbeitsvermittlung V… Personal- und Bildungsberatung. Das Unternehmen wurde am 3. September 2002 von der Zertifizierungsstelle der Bundesagentur für Arbeit als Träger nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Fachbereich Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung zugelassen.
Am 13. April 2012 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein über 2.000,00 EUR gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 7 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III), gültig vom 13. April 2012 bis 12. Juli 2012 für die Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Bundesgebiet.
Der Gutschein enthält unter anderem folgenden mit "Nebenbestimmungen" überschriebenen Hinweis:
"… Ausschlussfrist
Die Zahlung der Vermittlungsvergütung (Einlösung des Aktivierungs- und Vermittlungs-gutscheins) ist durch den Träger (private Arbeitsvermittlung) nach erstmaligem Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen zu beantragen. Innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten (§ 326 SGB III) sind die Unterlagen, die für die abschließende Entscheidung über den Umfang der zu erbringenden Leistung notwendig sind, einzureichen. Die Frist beginnt jeweils mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die für die Zahlung geforderte Beschäftigungsdauer erfüllt ist…".
Am 16. April 2012 schloss der Beigeladene mit der Klägerin einen Vermittlungsvertrag.
Am 5. Juni 2012 bestätigte die I.K. H… GmbH Niederlassung L…, dass sie auf Vermittlung der Klägerin mit dem Beigeladenen am 24. April 2012 für die Zeit vom 24. April 2012 bis 24. Juli 2012 einen Arbeitsvertrag geschlossen hat.
Am 30. Mai 2013 beantragte die Klägerin die Zahlung einer Vergütung in Höhe von zunächst 1.000,00 EUR für die Vermittlung des Beigeladenen.
Am 17. Juni 2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab.
Mit Schreiben vom 2. Juli 2013 legte die Klägerin Widerspruch ein, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 14. August 2013 als unzulässig verworfen wurde. Der Widerspruch sei unzulässig, da er sich nicht gegen einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X richte. Die Unterstützung einer beruflichen Eingliederung durch die Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung sei eine Förderleistung an Arbeitnehmer. Die Förderzusicherung bestehe nur gegenüber dem Arbeitnehmer. Die Bundesagentur stehe in keiner Beziehung zum Träger der privaten Arbeitsvermittlung. Die Entscheidung über die Zahlung bzw. Nichtzahlung der in Rechnung gestellten Vermittlungsvergütung stelle somit keinen Verwaltungsakt gegenüber dem Träger der privaten Arbeitsvermittlung dar.
Am 11. September 2013 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. Ihr stünde die erste Rate aus dem Vermittlungsgutschein zu.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27. März 2014 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2013 verurteilt, der Klägerin die erste Rate aus dem Vermittlungsgutschein in Höhe von 1.000,00 EUR zu zahlen. Entgegen der Ansicht der Beklagten handele es sich bei dem Schreiben, mit denen die Anträge auf Auszahlung eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines abgelehnt worden sei, um einen Verwaltungsakt. Denn es handele sich gemäß § 31 Satz 1 SGB X um eine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, welche unmittelbare Auswirkung nach außen habe. Obwohl § 45 Abs. 6 SGB III keine unmittelbare Zahlung an den privaten Vermittler mehr vorsehe, müsse der Arbeitsvermittler weiterhin einen eigenen durchsetzbaren öffentlich-rechtlichen Anspruch gegen die Beklagte haben. Die Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung habe ergeben, dass der Beigeladene durch die Klägerin vermittelt worden sei. Des Weiteren sei die Vermittlung durch die Klägerin ...