Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hörgeräteversorgung. keine Kostenerstattung für Hörgeräte über den Festbetrag hinaus bei nur einer Verbesserung des Komforts
Leitsatz (amtlich)
1. Es besteht keine Leistungspflicht für eine Hörgeräteversorgung, die nicht die Funktionalität betrifft, sondern den Komfort bei der Nutzung des Geräts.
2. Die GKV ist nicht zur Kostenübernahme einer höherwertigen Hörmittelversorgung gegenüber der Festbetragsalternative verpflichtet, wenn hierdurch keine Verbesserung bei der Versicherten erzielt wird.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 10. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme für eine beidseitige Hörgeräteversorgung streitig.
Die 1953 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie leidet an einer beidseitigen an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Dr. med. Y.... verordnete der Klägerin neu am 28.01.2013 beidseitig Hörgeräte, nachdem sie bereits seit 2002 Hörgeräte-Verordnungen erhält. Die Klägerin bezieht seit dem 01.07.2017 Regelaltersrente. Bis zum Renteneintritt war die Klägerin vollschichtig erwerbstätig.
Mit Schreiben vom 01.02.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die vertraglich vereinbarten Kosten für beide Hörgeräte in Höhe von 1.942,49 Euro übernehme. Für diesen Betrag sei der Akustiker verpflichtet, ihr ein geeignetes Hörgerät entsprechend ihrer Schwerhörigkeit eigenanteilsfrei anzubieten. Sollte die Klägerin ein höherwertiges Gerät auswählen, könne sich die Beklagte an den Mehrkosten oder späteren Reparaturen nicht beteiligen. In dem Betrag sei eine Reparaturpauschale von 180 Euro je Hörgerät enthalten.
Gleichzeitig übersandte die Klägerin an X.... Hörsysteme eine Genehmigung für Hilfsmittel "Secret Ear" in der genannten Höhe.
Die Klägerin hatte bei X.... Hörsysteme in A.... eine Hörgeräteanpassung vornehmen lassen. Zum Vergleich wurden die Hörgeräte der Marken W.... S IX UP, V.... 6 HP - digitales HdO-Gerät-, U.... 360e, T.... 2 HP, sowie S.... und R.... angepasst. Ausweislich der Dokumentation zur Hörgeräteanpassung erzielte die Klägerin im Freiburger Test nach DIN 45621 mit dem Gerät W.... S IX UP ein Sprachverstehen von 100 %, mit den übrigen Geräten eine solches von je 90 %. Bei den Geräten U.... 360e, S...., R...., V.... 6 HP und T.... 2 HP handelte es sich um eigenanteilsfreie Geräte. Allerdings stellte die Beklagte fest, dass die Geräte T.... 2 HP und S...., welche von der Festbetragsregelung gedeckt wären, die Standards für die Versorgung Versicherter mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit nicht erfüllten.
Die Klägerin beantragte bei der Beklagten die Versorgung mit den Geräten W.... S IX UP zum Preis von 5.477,00 EUR. Keines der getesteten zuzahlungsfreien Geräte habe ein ausreichendes Sprachverstehen in Gruppen und größeren Räumen ermöglicht.
Eine erneute Hörgeräteanpassung am 13.06.2013, nunmehr mit den Geräten W.... S IX UP, R...., U.... 360+ und V.... 4 HP, ergab ein Sprachverständnis von 100 % beim Gerät W.... S IX UP, von je 90 % bei den Geräten R.... und U.... 360+ sowie von 80 % beim Gerät V.... 4 HP. Alle diese Geräte erfüllen die Vorgaben der WHO zur Versorgung Versicherter mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit. Die Kosten der Geräte R...., U.... 360+ und V.... 4 HP werden vom Festbetrag gedeckt.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen in Sachsen e. V. (MDK) vom 27.06.2013 ein, welcher auf die Möglichkeit der Versorgung mit dem Gerät R.... verwies, und bezogen auf das beantragte Gerät ausführte, dass dieses Gerät eine über das medizinisch notwendige hinausgehende Ausstattung besitze wie beispielsweise 20 Kanäle, Sound Relax, Flex Control.
Mit Bescheid vom 03.07.2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Mehrkosten gegenüber dem Festbetrag von 1.942,49 EUR ab. Das getestete eigenanteilsfreie Gerät R.... mit einem Sprachverstehen von 90 % sei als geeignet anzusehen.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Am 23.08.2013 erwarb die Klägerin die Hörgeräte W.... S IX UP, für welche sie unter Anrechnung eines Zuschusses der Beklagten in Höhe von 1.940,61 EUR und einer Eigenleistung von 20,00 EUR 3.069,20 EUR zahlen musste. Am 28.08.2013 beantragte die Klägerin die Erstattung dieser Kosten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies die Beklagte auf § 12 i.V.m. § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. der Hilfsmittelrichtlinie. Unter Berücksichtigung des Urteils des BSG vom 17.12.2009 - B 3 KR 20/08 R - hätten die Ersatzkassen dem Personenkreis der an Taubheit grenzenden Schwerhörigen Rechnung getragen und sowohl neue Festbeträge als auch eine neue vertragliche Vereinbarung mit der Bundesinnung...