Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Steuerrückerstattung. Zusammenveranlagung von Ehegatten. Zuordnung des Einkommens zu einem Ehegatten. Absetzung des Freibetrages bei Erwerbstätigkeit nur vom Erwerbseinkommen
Leitsatz (amtlich)
1. Werden die von einem Ehepartner auf das Einkommen entrichteten Steuern wieder zurückerstattet und lässt sich die Zuordnung auf einen der Ehepartner zweifelsfrei vornehmen, ist die Steuererstattung auch im Fall der Zusammenveranlagung nach § 26b EStG nur diesem Ehepartner als anrechenbares Einkommen iS von § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 zuzuordnen.
2. Der Erwerbstätigenfreibetrag wird nur für Erwerbseinkommen gewährt.
3. Der Begriff des Erwerbseinkommens ist enger als der Begriff des Einkommens nach § 11 Abs 1 S 1 SGB 2, der alle Arten von Einnahmen, gleich welcher Einkunftsart und aufgrund welcher Umstände, umfasst. Erwerbseinkommen sind nur Einnahmen aus nicht selbständiger und selbständiger Tätigkeit.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 16. Februar 2011 abgeändert und ein Tenor wie folgt gefasst:
Der Bescheid des Beklagten vom 21. November 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. September 2009 wird abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Dezember 2008 weitere Leistungen in Höhe von jeweils 0,28 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.
III. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherungsleistungen - (SGB II) für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Dezember 2008.
Die 1953 geborene Klägerin zu 1 und der 1950 geborene Kläger zu 2 beziehen seit dem Jahr 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie bewohnten im streitgegenständlichen Zeitraum eine 2-Zimmer-Wohnung mit einer Fläche von 52,50 m² in einem Wohnhaus mit insgesamt 485 m² Wohnraum, welches mit Fernwärme beheizt wurde. Der monatliche Mietzins betrug 419,22 EUR bestehend aus einer Grundmiete in Höhe von 275,75 EUR, Heiz- und Warmwasserkosten in Höhe von 81,68 EUR für die zentral mit Warmwasser versorgte Wohnung sowie sonstigen Betriebskosten in Höhe von 61,79 EUR.
Mit Bescheid vom 21. November 2008 bewilligte die Arbeitsgemeinschaft D… (im Folgenden: ARGE), Vorgängerin des Beklagten, den Klägern monatliche Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2009. Für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Januar 2009 gewährte sie hierbei Leistungen in Höhe von 98,09 EUR und für die Zeit vom 1. Februar 2009 bis zum 31. Mai 2009 solche in Höhe von 427,26 EUR. Nach Abzug einer Pauschale für die Warmwasseraufbereitung von 5,98 EUR pro Person von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung legte sie ihrer Leistungsberechnung anteilige Kosten in Höhe von 407,26 EUR zu Grunde.
Für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Januar 2009 rechnete die ARGE dem Kläger zu 2 als “sonstiges Einkommen„ einen Betrag in Höhe von 329,17 EUR unter Abzug einer Versicherungspauschale von 30,00 EUR an. Das Einkommen beruhte auf einer Einkommenssteuererstattung aus dem Jahr 2007. Das Finanzamt D… I hatte gegenüber den gemeinsam veranlagten Klägern mit Bescheid vom 11. Juli 2008 das zu versteuernde Einkommen ermittelt und festgesetzt, dass keine Steuer zu zahlen waren. Aufgrund des erfolgten Steuerabzugs vom Lohn in Höhe von 1.725,00 EUR für Einkommenssteuer, 94,81 EUR für Solidaritätszuschlag und 155,22 EUR für Kirchensteuer errechnete das Finanzamt ein Guthaben in Höhe von insgesamt 1.975,03 EUR, welches an die Kläger zu erstatten war. Das der Steuerfestsetzung zu Grunde liegende zu versteuernde Einkommen beruhte auf erzielten Einkünften des Klägers zu 2 aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger zu 2 befand sich in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 in der Steuerklasse IV. Ausweislich des Ausdrucks der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2007 wurden vom Arbeitgeber die genannten steuerlichen Beträge vom Bruttoarbeitslohn einbehalten. Die Klägerin zu 1 hatte im Jahr 2007 keine Einkünfte erzielt. Sie war bis zum 30. November 2008 ohne Beschäftigung. Nachdem die ARGE Kenntnis über die noch im Juli 2008 zugeflossene Steuererstattung erhalten hatte, verteilte sie diese als einmalige Einnahme des Klägers zu 2 auf sechs Monate und rechnete beginnend ab August 2008 einen Betrag von monatlich 329,17 EUR als "sonstiges Einkommen" an.
Im Monat Dezember 2008 erhielt der Kläger zu 2 zudem Arbeitslosengeld in Höhe von 642,00 EUR. Die Klägerin zu 1 begann zum 1. Dezember 2008 eine Beschäftigung im Rahmen e...