nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Chemnitz (Entscheidung vom 01.09.2000; Aktenzeichen S 15 P 115/99)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 01.09.2000 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 879,24 DM zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des gerichtlichen Mahnverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zahlung von Beiträgen zur privaten Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.12.1998 bis zum 30.11.1999.

Die im ... 1946 geborene Beklagte ist Amtsrätin und als solche beihilfeberechtigt. Seit 01.01.1995 war sie bei der Bayerischen Beamtenkrankenkasse gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert. Am 27. November 1998 stellte die Beklagte bei der Klägerin einen Antrag auf Krankenversicherung und Pflegepflichtversicherung für sich als Versicherungsnehmerin, ihren beihilfeberechtigten Ehemann E ... N ..., die Kinder F ... und A ... N ... sowie für das Pflegekind S ... P ... Die Klägerin nahm das Angebot der Beklagten an und sandte mit Schreiben vom 05.01.1999 einen entsprechenden Versicherungsschein an die Beklagte, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 47 ff. SG-Akte). Vertragsbeginn war der 01.12.1998. Der Monatsbeitrag für die Beklagte und ihren Ehemann betrug im Dezember 1998 je 35,70 DM und ab Januar 1999 je 36,72 DM. Inhalt des Versicherungsvertrages waren die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung (MB/PPV 1996). Zahlungen auf den Versicherungsvertrag hat die Beklagte nicht geleistet. Sie hat der Klägerin unter dem 06.11.1999 vielmehr mitgeteilt, sich selbst zum 01.12.1999 anderweitig versichert zu haben. Auf das Antwortschreiben der Klägerin vom 15.11.1999, das unter anderem den Hinweis auf § 13 Abs. 7 MB/KK enthält, wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Eine Kündigung des Versicherungsvertrages sowie die Kenntnisnahmeerklärungen der mitversicherten Personen sind bei der Klägerin nicht eingegangen. Auf die weiteren diesbezüglichen Schreiben der Klägerin vom 11.05.2000 und vom 04.08.2000 wird verwiesen (Bl. 74 f. SG-Akte).

Auf den Antrag der Klägerin vom 07.10.1999 erließ das Amtsgericht Hagen am selben Tag einen Mahnbescheid gegen die Beklagte in Höhe von 840,80 DM (ausstehende Beiträge zur privaten Pflegeversicherung vom 01.12.1998 bis 01.11.1999 in Höhe von 805,80 DM sowie Mahnkosten in Höhe von 35,00 DM). Nachdem die Beklagte gegen den ihr am 11.10.1999 zugestellten Mahnbescheid am 19.10.1999 Widerspruch erhoben hatte, hat das Amtsgericht Hagen das Verfahren an das Sozialgericht Chemnitz (SG) abgegeben.

Die Klägerin hat vor dem SG ihren Antrag insoweit erweitert, als sie von der Beklagten auch den Monatsbeitrag für die Eheleute Nöhring für den Monat November 1999 forderte.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 01.09.2000 die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Beiträge, weil die Rücktrittsfiktion des § 38 Abs. 1 Satz 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) mit der Folge greife, dass die Klägerin gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 VVG nur noch eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen könne. Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin am 08.09.2000 zugestellt.

Gegen die Nichtzulassung der Berufung legte die Klägerin am 18.09.2000 beim Landessozialgericht Beschwerde ein, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. Das SG habe unberücksichtigt gelassen, dass Kontrahierungszwang bestehe und somit die Frist nach § 38 Abs. 1 VVG entfalle. Eine Beendigung der privaten Pflegepflichtversicherung durch Kündigung oder Rücktritt seitens des Versicherers sei nicht möglich, so lange der Kontrahierungszwang gemäß § 110 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) bestehe. Dies ergebe sich auch aus § 14 Abs. 1 der dem Vertrag zu Grunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 06.11.1999 mitgeteilt, dass sie sich zum 01.12.1999 anderweitig kranken- und pflegepflichtversichert habe. Eine Beendigung ihres Versicherungsteiles sei daher erst zum "01.12.2000" möglich.

Das SG hat der Beschwerde abgeholfen und die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 01.09.2000 mit Beschluss vom 12.10.2000 zugelassen. Der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu. Das Verhältnis der Rücktrittsfiktion des § 38 Abs. 1 Satz 2 VVG zum Kontrahierungszwang des § 110 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 SGB XI sei in der obergerichtlichen Rechtsprechung bisher nicht geklärt. Gleiches gelte für das Verhältnis der Rücktrittsfiktion zu § 14 Abs. 1 Satz 1 der MB/PPV 1996. § 14 Abs. 1 Satz 1 MB/PPV 1996 schließe schon nach seinem Wortlaut die Rücktrittsfiktion des § 38 Abs. 1 Satz 2 VVG nicht aus. Denn nach § 38 Abs. 1 Satz 2 VVG gelte der Vertrag kraft gesetzlicher Fiktion als durch R...

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