Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermittlung durch Dritte. Vermittlungsgutschein. Anspruch auf Vermittlungsvergütung. Vermittlungsvertrag. Vermittlungstätigkeit gem Vermittlungsbegriff. unechte Verflechtung zwischen Vermittler und Arbeitgeber

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anspruch auf Auszahlung aus einem Vermittlungsgutschein setzt unter anderem voraus, dass in dem schriftlichen Vermittlungsvertrag i.S.v. § 296 Abs. 1 Satz 1 SGB III dem Grunde nach ein Anspruch auf Maklerlohn des Vermittlers gegen den Arbeitsuchenden vereinbart ist.

2. Zur Frage, ob noch eine Vermittlung im Sinne des SGB III gegeben ist, wenn der Vermittler quasi als outgesourcte Personalabteilung des Arbeitgebers fungiert, d.h. der Schwerpunkt der Tätigkeit des Vermittlers nicht in der Zusammenführung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sondern in der fast vollständigen Übernahme von Aufgaben, die üblicherweise von der Personalabteilung eines Unternehmens wahrgenommen werden, liegt.

3. Ein institutionalisierter Interessenkonflikt, der zu einer unechten Verflechtung zwischen Vermittler und Arbeitgeber führt, liegt unter anderem vor, wenn der Vermittler für Tätigkeiten vom Arbeitgeber gemäß vertraglicher Regelungen honoriert wird, die - jedenfalls in gewissem Umfang - Teil der Vermittlungstätigkeit sind.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 19. September 2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten - auch der Berufungsinstanz - sind nicht zu erstatten.

III. Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Auszahlung eines Vermittlungsgutscheins für die Vermittlung des Beigeladenen in ein Arbeitsverhältnis bei der D. H. L. GmbH.

Die Klägerin ist als Personalvermittlerin tätig. Nachdem die Klägerin bereits vor dem 1. August 2005 im Rahmen der Gewinnung von Arbeitskräften für das erste Gateway-Projekt der D. H. L. GmbH tätig gewesen ist und Leistungen ohne Entgelt und ohne vertragliche Grundlage erbracht hatte, schlossen die Klägerin und die D. P. AG als Mutterkonzern der D. H. L. GmbH einen “Vertrag über Personalentwicklungsleistungen„, der am 17. Oktober 2005 unterzeichnet wurde. Der Vertrag trat zum 1. August 2005 in Kraft und sollte spätestens am 31. Juli 2006 enden. Es wurde ausdrücklich geregelt, dass Gegenstand des Vertrages eine in Anlage 2 zum Vertrag beigefügte “Leistungsbeschreibung„ sein solle. In der Leistungsbeschreibung wird ausgeführt, dass es Aufgabe der Klägerin sei, regionale Unternehmen mithilfe eines leistungsfähigen Instrumentariums bei der Auswahl geeigneter Bewerber zu unterstützen. Dabei sollten die Vorteile des Internets als Anbahnungsplattform genutzt werden. Im klägereigenen Bewerberportal werde die Unternehmensdarstellung der D. H. L. GmbH mit entsprechenden Stellenausschreibungen platziert und die Onlinebewerbungen der Bewerber würden gestartet. Dafür stelle die Klägerin das Bewerberportal www......de zur Verfügung. Neben diesem E-Recruiting über das mitteldeutsche Bewerberportal www....de gehörten auch eine Bewerberhotline und eine Mailbearbeitung zu den Leistungen der Klägerin. Schriftlich eingegangene Bewerbungen würden in der Bewerberdatenbank erfasst und die Bewerbungsunterlagen eingescannt. Danach erfolge der Versand einer Eingangsbestätigung bzw. die Aufforderung zur Onlinebewerbung mit Versand der Originalunterlagen. Ferner übernehme die Klägerin die Durchführung computerbasierter Tests in ihren Räumen unter Bereitstellung ihrer Technik. Schließlich würden auch Präsenztests in Veranstaltungen mit maximal 20 Bewerbern durchgeführt. Daneben könnten auch weitere Leistungen zur Unterstützung des Auswahlprozesses, wie die Entwicklung, Durchführung und Begleitung von weiteren Auswahlbausteinen (Assessment-Center, Bewerberinterviews etc.), die Nutzung der Räumlichkeiten für Auswahlveranstaltungen sowie sonstige administrative Tätigkeiten durchgeführt werden.

In einer als Anlage 1 zum Vertrag beigefügten Preisvereinbarung wurden folgende Honorare zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer aufgeführt:

- Nutzung der Bewerberdatenbank inklusiv zusätzlicher Leistungen : 24.600,00 EUR pro Jahr,

- Altdatenübernahme: einmalig 3.600,00 EUR,

- Nutzung der Bewerberdatenbank vom 1. August 2005 bis längstens zum 30. September 2005: 3.465,00 EUR pro Monat,

- Bewerberhotline: 29.520,00 EUR pro Jahr,

- Bearbeitung schriftlicher Bewerbungen: pro Stück 6,70 EUR,

- Begleitung computerbasierter Eignungstests (Onlinetests): pro Teilnehmer 2,05 EUR,

- Begleitung computerbasierter Eignungstests (Präsenztest) : pro eingeladenem Teilnehmer 11,60 EUR, Mindestsatz bei weniger als 15 Teilnehmern 150,00 EUR,

- Einladungsmanagement: pro Teilnehmer 2,58 EUR,

- Nutzung von Seminarräumen pro Tag/nach Aufwand: 100,00 EUR.

Weitere Leistungen würden zusätzlich nach Bedarf abgerufen und zu folgenden Honoraren pro Stunde vergütet:

Administration und Datenmanagement

17,90 EUR,

Zuarbeiter

15,64 EUR,

Sachbearbeiter

20,67 EUR,

Profiler/Recruiter

28,57 EUR,

Pr...

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