Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Rückforderungsanspruch zu Unrecht erbrachter Leistungen gem § 96 Abs 4 SGB 7 aF. Rechtsweg. Erbe des Versicherten. Leistungsempfänger. Verfügender. Schriftform des Verwaltungsakts. Konkurrenzverhältnis. Erbenhaftung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird ein Anspruch aus § 96 SGB 7 in der bis zum 28.6.2002 geltenden Fassung (aF) geltend gemacht, ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben, weil ein Träger öffentlich-rechtlicher Verwaltung aufgrund einer speziell ihn berechtigenden Rechtsvorschrift beteiligt ist.

2. Der Anspruch aus § 96 Abs 4 S 1 SGB 7 aF setzt voraus, dass der in Anspruch genommene Erbe zugleich Empfänger bzw Verfügender iS des § 96 Abs 4 S 1 SGB 7 aF war.

3. Ein Anspruch gemäß § 96 Abs 4 S 3 SGB 7 aF iVm § 50 SGB 10 ist gem § 50 Abs 3 SGB 10 durch schriftlichen Verwaltungsakt geltend zu machen.

4. Neben dem Anspruch aus § 96 Abs 4 S 1 bzw 3 SGB 7 aF besteht keine Haftung der Erben gemäß § 96 Abs 4 S 1 SGB 7 aF iVm § 1967 BGB. Eine solche ist durch die Spezialregelung des § 96 Abs 4 S 3 SGB 7 ausgeschlossen.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 25.04.2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob der Beklagte der Klägerin im Wege der gesamtschuldnerischen Haftung einen Betrag in Höhe von 27.396,10 € zu erstatten hat.

Der am ... 1929 geborene A. (Versicherter) erlitt im Jahre 1980 in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit beim VEB M. E. einen Arbeitsunfall. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls wurde ihm eine Unfallrente nach einem Körperschaden von 30 v.H. gewährt. Der Versicherte verstarb am … 05.1985, ohne dass dies der leistungsgewährenden Stelle bekannt wurde. Die Verletztenrente wurde weiter auf das Konto 4... bei der Sparkasse M. geleistet und von R., der Witwe des Versicherten und Mutter des Beklagten, in Empfang genommen. Ab April 1991 übernahm die Klägerin die Zahlung der Rente. Auch anlässlich der Übernahme der Rentenleistung wurde nicht bekannt, dass der Versicherte bereits verstorben war. Die Zahlung der Verletztenrente erfolgte weiter auf das Konto des Versicherten. Inhaberin des Kontos war nach dem Tod des Versicherten dessen Witwe. Sie verstarb am 20.04.2000. Nach ihrem Ableben wurde der Klägerin bekannt, dass der Versicherte bereits im Jahre 1985 verstorben war. Erben der Witwe des Versicherten sind ihre Söhne A., S. und der Beklagte zu je einem Drittel.

Die Klägerin wandte sich mit gleichlautenden Schreiben vom 14.11.2000 an die Erben der Witwe des Versicherten und teilte ihnen mit, es sei beabsichtigt, die seit dem 01.04.1991 gezahlte Verletztenrente in Höhe von 53.582,12 DM zurückzufordern.

Die Klägerin forderte mit Bescheiden vom 28.12.2000 von den Erben der Witwe des Versicherten je ein Drittel des Betrages von 53.582,12 DM. Die Witwe habe Verletztenrente in dieser Gesamthöhe zu Unrecht von April 1991 bis April 2000 bezogen. Auf den Widerspruch der Erben nahm die Klägerin mit Abhilfebescheiden vom 14.06.2001 die Rückforderungsbescheide vom 28.12.2000 zurück. Weder die Witwe des Versicherten noch deren Erben seien Parteien eines sozialrechtlichen Leistungsverhältnisses mit der Klägerin. Daher scheide die Geltendmachung der Rückforderung mittels Verwaltungsakt aus. Ansprüche seien im Wege der Leistungsklage geltend zu machen.

Am 27.06.2001 hat die Klägerin Klage gegen den Beklagten vor dem Sozialgericht Dresden (SG) und gegen A. und S. vor dem Sozialgericht Chemnitz auf Rückzahlung der zu Unrecht gezahlten Verletztenrente erhoben. Die vor dem SG erhobene Klage ist auf § 96 Abs. 4 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) in der bis zum 28.06.2002 geltenden Fassung (alte Fassung - a.F.) i.V.m. den §§ 1922 Abs. 1, 1967 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gestützt. Ansprüche gemäß § 96 Abs. 4 SGB VII a.F. seien im Wege der Leistungsklage geltend zu machen, weil die dort genannten Forderungsgeber regelmäßig nicht Parteien des sozialrechtlichen Leistungsverhältnisses seien. Es bestehe eine Gesamtschuldnerschaft der drei Erben.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 25.04.2005 den Beklagten verurteilt, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 27.396,10 € zu erstatten. Er sei als Gesamtschuldner hierzu verpflichtet. Rechtsgrundlage für den besonderen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch sei § 96 Abs. 4 Satz 1 SGB VII a.F., der im Zeitpunkt der Entstehung und Geltendmachung des Erstattungsanspruchs der Klägerin gegolten habe. Nach dieser Norm seien, soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tode des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden seien, Personen, die die Geldleistungen in Empfang genommen oder über den entsprechenden Betrag verfügt hätten, so dass dieser nicht nach § 96 Abs. 3 SGB VII a.F. von dem Geldinstitut zurück überwiesen werden könne, dem Träger der Unfallversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet....

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