Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung. Diabetes mellitus. Empfehlungen des Deutschen Vereins aus 2008. Orientierungshilfe. Rückwirkung. Einbeziehung eines nicht zustehenden Berechnungselementes. Zahlbetragsbesitzschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Die in den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zusammengefassten Erkenntnisse lagen bereits im Jahr 2004 vor. Ihnen kommt mindestens der Charakter einer Orientierungshilfe zu. Die Frage einer etwaigen Rückwirkung auf vor dem 1.10.2008 abgeschlossene Sachverhalte stellt sich nicht.
2. Aus der auf Grund der Einbeziehung eines nicht zustehenden Berechnungselementes überhöhten Leistungsbewilligung folgt lediglich ein Zahlbetragsbesitzschutz.
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 05.11.2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat den Klägern 7/8 der außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens und zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens zu erstatten. Für das Berufungsverfahren sind Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob den Klägern im Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.05.2005 höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) zustehen.
Der am … 1944 geborene Kläger zu 1) bewohnte im streitigen Zeitraum zusammen mit seiner Ehefrau, der am … 1952 geborenen Klägerin zu 2), eine ca. 49,5 m² große Wohnung. Die Grundmiete belief sich inklusive Modernisierungszuschlag auf 173,88 EUR monatlich. Hinzu kamen 52,54 EUR monatlich für Heizkosten und 70,66 EUR für sonstige Nebenkosten. Die Wohnung wird zentral mit Warmwasser versorgt.
Die Klägerin zu 2) bezog bis zum 07.10.2003 Arbeitslosengeld von der Bundesagentur für Arbeit (BA) i. H. v. 154,09 EUR wöchentlich = 22,14 EUR täglich. Wohngeld wurde nicht bezogen. Die Klägerin zu 2) ist gemäß Bescheid der BA vom 09.02.1994 bei einem Grad der Behinderung von weniger als 50 einem Schwerbehinderten gleichgestellt worden. Der Arbeitgeberin der Klägerin zu 2) wurde mit Bescheid der BA vom 05.01.2005 ein Eingliederungszuschuss für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen ab dem 20.12.2004 für die Dauer von 24 Monaten bewilligt. Der Kläger zu 1) leidet nach ärztlicher Bescheinigung vom 08.10.2004 an Diabetes mellitus Typ IIa und Ulcus duodeni, weshalb er dauernd Diabeteskost und Vollkost benötige. Er ist ohne Einkünfte.
Das Arbeitseinkommen aus einer abhängigen Beschäftigung der Klägerin zu 2) ist jeweils zum 10. des laufenden Monats fällig. Seit Januar 2005 betrug das Bruttoarbeitsentgelt 420,00 EUR monatlich. Nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen verblieben 394,27 EUR netto monatlich. Die Klägerin zu 2) hat hierfür Werbungskosten wie folgt geltend gemacht:
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- Monatskarte |
35,00 EUR |
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monatlich |
- Gewerkschaftsbeitrag |
1,53 EUR |
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- Arbeitslosenverband |
3.00 EUR |
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“„ |
- Kontoführungsgebühren Sparkasse |
6,00 EUR |
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“„ |
(Kl. zu 1) Volks-/Raiffeisenbank |
4,50 EUR |
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- Reinigung Arbeitskleidung |
30,00 EUR |
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Für angemessene private Versicherungen hat sie insgesamt 106,30 EUR monatlich geltend gemacht.
Die Kläger verfügen über Sparbuchguthaben von insgesamt 3.523,88 EUR, aus dem 2003 22,62 EUR Zinsen geflossen waren. Die Lebensversicherungsverträge weisen einen die eingezahlten Beiträge unterschreitenden Rückkaufswert aus.
Nachdem die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 14.12.2007 über den Antrag der Kläger vom 15.11.2004 dahin entschieden hatte, dass diesen im Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.05.2005 monatliche Leistungen i. H. v. 129,29 EUR (unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für behinderte Hilfebedürftige bei der Klägerin zu 2) und eines Mehrbedarfes für kostenaufwändige Ernährung i. H. v. 51,13 EUR bei dem Kläger zu 1) und unter Berücksichtigung von Erwerbseinkommen von 308,54 EUR sowie Krankenkassenleistungen von 670,20 EUR) an die Bedarfsgemeinschaft (BGem) zu zahlen seien, änderte die Beklagte diese Entscheidung mit Bescheid vom 17.12.2004 dahin ab, dass für den vorgenannten Zeitraum monatlich 662,32 EUR zu zahlen seien. Hierbei berücksichtigte sie als Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) unter Abzug einer Warmwasserbereitungspauschale von 11,76 EUR einen Betrag von 288,90 EUR monatlich sowie für jedes Mitglied der BGem eine Regelleistung von 298 EUR. Für den Kläger zu 1) setzte sie den Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung i. H. v. 51,13 EUR weiterhin an; den zuvor in die Berechnung einbezogenen Mehrbedarf der Klägerin berücksichtigte sie hingegen nicht mehr, da dieser einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen “G„ voraussetze. Als Einkommen berücksichtigte die Beklagte einen Betrag von 354,74 EUR, von dem sie einen Freibetrag von 51,03 EUR sowie eine Versicherungspauschale abzog (verbleibendes Einkommen: 273,71 EUR)
Mit dem hiergegen gerichteten Widerspruch vom 30.12.2004 trugen die Kläger vor, dass der Mehrbedarf für behinderte Menschen der Klägerin z...