Verfahrensgang
SG Chemnitz (Urteil vom 28.09.1993; Aktenzeichen S 7 Kn 21/93) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28.09.1993 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berechnung der Höhe der Altersrente unter Berücksichtigung des Fremdenrentengesetzes (FRG).
Die im Januar 1911 in Baku, Aserbaidshan, geborene Klägerin bezog bis zu ihrer Aussiedlung in die damalige DDR im April 1975 eine Rente nach dem Recht der UdSSR. Mit Bescheid des FDGB Stadtvorstandes Dresden vom 16.06.1975 erhielt sie ab 01.05.1975 eine Bergmannsaltersrente in Höhe von 270,60 Mark der DDR. Aufgrund des ab 01.01.1992 geltenden neuen Rentenrechts wurde ihre Rente in eine Regelaltersrente in Höhe von 953,43 DM umgewertet und angepaßt (Bescheid vom 27.11.1991). Die Klägerin widersprach mit der Begründung, ihre Rente solle nach dem Fremdrentengesetz neu berechnet werden. Dies wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.1993 (zugestellt am 23.02.1993) zurück.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.09.1993 wies das Sozialgericht Dresden die am 23.03.1993 erhobene Klage ab. Die Bergmannsaltersrente der Klägerin sei nach den gesetzlichen Vorschriften der DDR gewährt worden, somit sei sie nach § 307 a Sechstes Buch – Sozialgesetzbuch – (SGB VI) in eine Regelaltersrente umzuwerten und anzugleichen gewesen. Ohne Bedeutung sei, daß die Klägerin Vertriebene im Sinne des Vertriebenengesetzes sei, denn Fremdrentengesetz sowie Fremdrenten- und Auslandsrentenneuregelungsgesetz (FRG; FANG) seien durch den Einigungsvertrag vom Inkrafttreten im Beitrittsgebiet ausgenommen gewesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 29.10.1993 eingelegte Berufung.
Die Klägerin trägt vor, es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn das Fremdrentengesetz für Vertriebene in den neuen Bundesländern keine Anwendung finde. Es sei willkürlich, wenn der Gesetzgeber – bei gleichem Vertreibungsschicksal – danach differenziere, ob der Vertriebene in die ehemalige DDR oder die alte Bundesrepublik eingewandert sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 28.09.1993 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.11.1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.1993 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine höhere Altersrente ab 01.01.1992 unter Beachtung der Vorschriften des Fremdrentengesetzes zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt. Dem Senat liegen die Prozeßakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten vor.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat die Beklagte bei der Umwertung und Anpassung der ehemaligen Bergmannsaltersrente der Klägerin zum 01.01.1992 in eine Regelaltersrente allein die §§ 302, 307 a SGB VI herangezogen.
Nach § 307 a Abs. 1 SGB VI werden für den Monatsbetrag der Rente persönliche Entgeltpunkte (Ost) ermittelt, wenn am 31.12.1991 Anspruch auf eine nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets berechnete Rente bestand. Das Sozialgericht Dresden hat in seinem Gerichtsbescheid ausführlich dargelegt, daß und wie die Rente ab 01.05.1975 nach DDR-Recht gewährt und berechnet wurde. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen § 153 Abs. 2 SGG. Die Rente war somit nach § 307 a SGB VI zum 01.01.1992 neu zu berechnen.
Die Regelungen des Fremdrentengesetzes sind nicht anzuwenden. Nach Anlage I zum Einigungsvertrag Kap. VIII, Sachgeb. H, Abschn. I Nr. 17 und Nr. 19 traten das Fremdrentengesetz (i.d.F. v. 18.12.1989 – BGBl. I S. 2261; 1990 S. 1337) und das FANG (i.d.F. v. 18.05.1990, BGBl. I S. 986) im Beitrittsgebiet nicht in Kraft.
Diese Vorschrift wurde Bundesgesetz (Art. 45 EV) und ist nicht verfassungswidrig. Es liegt inbesondere keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung i.S.v. Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz vor. Das Gebot, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln sind, ist vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 55, 72 [88]; 68, 287 [301]; 70, 230 [239]; 71, 146 [154]; 74, 9 [24]; 75, 348 [357]; 82, 126 [156]; 84, 348 [359]). Der Gesetzgeber durfte zwischen Vertriebenen, die in die ehemalige Deutsche Demokratische Republik aussiedelten, und solchen Vertriebenen, die in die Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vor dem 03. Oktober 1990 aussiedelten, rentenrechtlich in dem dargelegten Umfang differenzieren. Zwischen beiden Personengruppen liegen, obgleich es sich jeweils um Vertriebene handelt, wegen des unte...