Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Honorarverteilungsregelung. fester Punktwert. Individualbudget. Verstoß gegen höherrangiges Recht. Bewertungsausschuss. Bewertungsansätze für neurologische Leistungen nach den Nrn 16310-16322 EBM-Ä 2005 rechtmäßig

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Honorarverteilungsregelung in einem ab 1.4.2005 geltenden Honorarverteilungsvertrag, die zwar feste Punktwerte, aber Individualbudgets vorsieht, entspricht weder den gesetzlichen Vorgaben über Regelleistungsvolumen (§ 85 Abs 4 S 7 und 8 SGB 5) noch den Anforderungen der vom Bewertungsausschuss in Teil III Nr 2.2 seines Beschlusses vom 29.10.2004 geschaffenen Öffnungsklausel.

2. Die Bewertung der nach dem Praxiskostenmodell Neurologie kalkulierten Gebührenordnungspositionen im Kap 16 des ab 1.4.2005 geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (dort Nrn 16310 bis 16322) war jedenfalls bis zum Quartal IV/2005 mit höherrangigem Recht vereinbar.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 09.05.2012; Aktenzeichen B 6 KA 24/11 R)

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des vertragsärztlichen Honorars im Quartal IV/2005.

Die Klägerin nimmt als Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie in Dresden an der vertragsärztlichen Versorgung teil.

Der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) sah ab dem Quartal III/1996 fachgruppenbezogene Teilbudgets vor (§ 2 Abs. 3 HVM vom 23.11.1996). Ab dem Quartal I/2000 wurde die Gesamtvergütung getrennt für den haus- und fachärztlichen Versorgungsbereich verteilt (§ 3 HVM vom 24.06.2000). Nach Auslaufen der Praxisbudgetierung durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) wurden ab dem Quartal III/2003 die Honoraranforderungen - mit Ausnahme einzelner Leistungen und Leistungserbringer (§ 7 Abs. 3 und 4 HVM vom 11.06.2003) - einer individuellen Begrenzung unterworfen. Dazu wurde jeder Praxis ein persönliches Punktmengenvolumen (PMV) zugewiesen (§ 7 Abs. 1 Unterabs. 1 HVM vom 11.06.2003), das auf der Grundlage der im Bemessungszeitraum (Quartale III/2001 bis II/2002) abgerechneten und anerkannten Punktmenge beruhte (§ 7 Abs. 1 Unterabs. 2 HVM vom 11.06.2003; siehe auch § 7 Abs. 1 Unterabs. 2 HVM vom 23.12.2004). Eine Sonderregelung erlaubte Jung- und Neuärzten bis zum Erreichen einer Niederlassungsdauer von 16 Quartalen eine Abrechnung bis zum durchschnittlichen PMV der Vergleichsgruppe und sah für sie im Anschluss daran sowie für Altärzte mit unterdurchschnittlichem PMV Zuwächse auf das durchschnittliche PMV der Vergleichsgruppe vor (§ 7 Abs. 5 HVM vom 11.06.2003, 26.11.2003 und 23.12.2004). Ab dem Quartal II/2005 wurden die PMV durch Regelleistungsvolumina (RLV) ersetzt (§ 7 HVM vom 14.04.2005). Grundlage für die Bestimmung der RLV bildeten grundsätzlich die zum 31.03.2005 gültigen PMV (§ 7 Abs. 2 Buchst. a HVM vom 14.04.2005). Auf diese - gegebenenfalls angepassten (§ 7 Abs. 2 Buchst. b bis d HVM vom 14.04.2005) - PMV waren die in Anlage 2 zum HVM vom 14.04.2005 ausgewiesenen Anpassungsfaktoren, die auf Grundlage der Anlage 4 zum HVM vom 14.04.2005 unter Berücksichtigung eines rechnerischen Sicherheitsabschlags von 5 % ermittelt wurden, anzuwenden und ergaben das neue RLV (§ 7 Abs. 3 HVM vom 14.04.2005). Die innerhalb des RLV geltend gemachte Punktmenge wurde mit einem einheitlichen Regelleistungspunktwert von 4,0 ct im hausärztlichen und von 3,75 ct im fachärztlichen Versorgungsbereich vergütet; die das RLV überschreitende Punktmenge wurde mit dem jeweiligen Restpunktwert vergütet (§ 7 Abs. 4 HVM vom 14.04.2005), der bei den Hausärzten und den fachärztlichen Honorargruppen 0,1 ct nicht übersteigen durfte (§ 4 Abs. 2 Buchst. c Unterabs. 2, § 5 Abs. 8 Buchst. c Unterabs. 2 HVM vom 14.04.2005); verbleibende Mittel sollten in Form eines Differenzpunktwerts ausbezahlt werden (§ 4 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 2 und Buchst. c Unterabs. 3, § 5 Abs. 8 Buchst. b Unterabs. 2 und Buchst. c Unterabs. 3 HVM vom 14.04.2005). Mit dem HVM vom 19.05.2006 wurden die RLV mit Wirkung vom Quartal II/2005 an die für das Jahr 2005 nachträglich abgeschlossenen Gesamtvergütungsvereinbarungen angepasst, aufgrund derer ab dem Quartal II/2005 ambulante Operationen und belegärztliche Leistungen außerbudgetär vergütet wurden (§ 1 Abs. 8 HVM vom 19.05.2006 mit Anlage 2a zu diesem HVM).

Der Klägerin war zum 31.03.2005 ein PMV von 1.245.200,9 Punkten zugewiesen. Hieraus ergab sich zunächst unter Zugrundelegung des Anpassungsfaktors für die Nervenärzte von 0,6871 (Anlage 2 zum HVM vom 14.04.2005) ab 01.04.2005 ein RLV von 855.577,5 Punkten. Dieses wurde unter Zugrundelegung des neuen Anpassungsfaktors von 0,7040 (Anlage 2a zum HVM vom 19.05.2006) auf 876.621,4 neu berechnet und später noch auf 963.279,0 Punkte erhöht.

Mit Honorarbescheid vom 25.04.2006 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal IV/2005 bei einer Gesamtfallzahl von 1.136 und einer Gesamtpunktzahl (kurativ) von 1.208.800,0 Punkten auf 34.079,62 € fest. Be...

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