Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Anrechnung von Ehegatteneinkommen. Nettoeinkommen. Berücksichtigung. Steuerfreibetrag gemäß § 10e EStG. Steuernachzahlung
Orientierungssatz
1. Bei der Bedürftigkeitsprüfung gem § 138 AFG ist auf das im konkreten Zahlungszeitraum tatsächlich verfügbare Nettoeinkommen abzustellen und gewährte Steuerfreibeträge nach § 10e EStG sind grundsätzlich weder nach § 138 Abs 3 Nr 3 noch Nr 3a AFG zu berücksichtigen.
2. Kommt es zu tatsächlichen Steuernachzahlungen muss von einem entsprechend geminderten zur Verfügung stehenden Nettoentgelt ausgegangen werden. Die in einem Jahr fällig gewordenen Steuernachzahlungen sind anteilig auf das Jahr zu verteilen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 09. März 2000 wird zurückgewiesen, soweit Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 01.01.1997 bis 31.12.1997 begehrt wird.
Auf die Klage werden die Bescheide vom 26.08.2002 und vom 26.09.2002 abgeändert und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin Arbeitslosenhilfe ab dem 01.01.1999 bis 31.12.1999 unter Berücksichtigung eines um die im Jahre 1999 geleisteten Steuernachzahlungen (zu 1/12 monatlich) geminderten Einkommens des Ehemannes zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Verfahrensinstanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 01.01.1997.
Die ... 1949 geborene Klägerin war vom 18.07.1983 bis 31.10.1990 als Sachbearbeiterin Lagerwirtschaft versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 01.11.1990 bis 01.01.1991 bezog sie Arbeitslosengeld (Alg). Vom 02.01.1991 bis 31.07.1993 ging sie einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als Arzthelferin nach, bevor sie vom 02.08.1993 bis 03.12.1994 wiederum Alg bezog. Während der von der Beklagten bewilligten und vom 05.12.1994 bis 04.12.1995 dauernden beruflichen Bildungsmaßnahme "Fachkraft für Finanz- und Rechnungswesen" erhielt sie Unterhaltsgeld (Uhg), hiernach bis 27.11.1996 wiederum Alg, zuletzt unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe A, des allgemeinen Leistungssatzes und eines Bemessungsentgelts (BE) von 500,00 DM in Höhe von 216,60 DM wöchentlich. Vom 28.11.1996 bis 31.12.1996 arbeitete sie als Sachbearbeiterin.
Am 23.12.1996 meldete sie sich mit Wirkung zum 01.01.1997 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alhi. Auf ihrer Lohnsteuerkarte sei die Lohnsteuerklasse V, kein Kinderfreibetrag, eingetragen. Diese Steuerklasse sei für sie ab 01.01.1997 gültig. Bis dahin sei auf ihrer Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse IV vermerkt gewesen. Ihr Ehemann beziehe Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 1.078,58 DM/Monat. Er zahle Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 431,45 DM monatlich, zur Unfallversicherung in Höhe von 107,40 DM jährlich, zur Haftpflichtversicherung in Höhe von 555,80 DM/Jahr, zur Hausrat- und Gebäudeversicherung in Höhe von 474,00 DM jährlich. Er lege täglich einen Arbeitsweg von 32 Kilometern zurück.
Die BARMER-Ersatzkasse bescheinigte dem bei ihr beschäftigten Ehemann der Klägerin für Oktober 1996 bis Januar 1997 jeweils ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 5.045,00 DM/Monat. Es sei bei gleichbleibenden Bruttoentgelt ein Nettoentgelt für Oktober und November 1996 in Höhe von 3.180,37 DM, für Dezember 1996 in Höhe von 3.170,57 DM und für Januar 1997 in Höhe von 3.750,86 DM ausgezahlt worden. In den Folgemonaten blieb das Nettoentgelt unverändert.
Nach den eingereichten Unterlagen zahlte der Ehemann der Klägerin einen jährlichen Beitrag
- zur Kraftfahrzeug-Versicherung i.H. von 873,10 DM,
- zur Hausrat-Versicherung i.H. von 82,70 DM,
- zur Haftpflicht-Versicherung i.H. von 101,20 DM,
- zur Gebäude-Versicherung i.H. von 391,30 DM und
- zur Unfallversicherung i.H. von 107,40 DM + 83,40 DM.
Die monatlichen Aufwendungen für Versicherungen betrugen demnach 136,59 DM.
Die Beklagte legte ihrer Berechnung ein Gesamteinkommen des Ehemannes in Höhe von 3.367,27 DM/Monat (Durchschnitt der Nettoentgelte von November 1996 bis Januar 1997) abzüglich der Beiträge zu den Versicherungen in Höhe von 136,56 DM/Monat sowie von Fahrtkosten in Höhe von 320,00 DM monatlich zu Grunde.
Ausweislich der Einkommensteuerbescheide für 1996 und 1997 erzielte der Ehemann der Klägerin im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit jeweils negative Einkünfte. Für 1996 wurden 2.550,00 DM, für 1997 2.984,00 DM als Werbungskosten berücksichtigt.
Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 07.03.1997 wegen fehlender Bedürftigkeit ab. Die Klägerin beziehe Einkommen aus Zinsen in Höhe von 0,46 DM/wöchentlich.
Beim Ehemann der Klägerin seien Einkünfte aus Zinsen in Höhe von 0,46 DM/wöchentlich, aus Gewerbe in Höhe von 0,21 DM/Woche sowie Arbeitseinkommen in Höhe von 777,06 D...