Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonderversorgung der Angehörigen der Zollverwaltung. ehemalige DDR. Berücksichtigung von Verpflegungsgeld, Reinigungszuschuss und Schichtzuschlag als Arbeitsentgelt. Gegenleistung für erbrachte Dienste. Leistung im betriebsfunktionalen Zusammenhang. Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Zollverwaltung. Lohnsteuerfreier laufender Zuschlag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das den Angehörigen der Zollverwaltung der DDR gezahlte Verpflegungsgeld ist kein Arbeitsentgelt iSd § 14 Abs 1 S 1 SGB IV.

2. Der den Angehörigen der Zollverwaltung der DDR gezahlte Reinigungszuschlag bzw Reinigungszuschuss ist kein Arbeitsentgelt iSd § 14 Abs 1 S 1 SGB IV.

3. Die den Angehörigen der Zollverwaltung der DDR gezahlten Schichtzuschläge sind zwar Arbeitsentgelt iSd § 14 Abs 1 S 1 SGB IV, aber nach Maßgabe des am 1.8.1991 geltenden bundesrepublikanischen Steuerrechts lohnsteuerfreie laufende Zuschläge, sodass eine Berücksichtigung nach § 6 Abs 1 S 1 AAÜG nicht in Betracht kommt.

 

Orientierungssatz

1. Die inhaltliche Bedeutung des Begriffs "Arbeitsentgelt" iSd § 6 Abs 1 S 1 AAÜG bestimmt sich nach dem bundesdeutschen Arbeitsentgeltbegriff nach § 14 SGB 4. Dabei ist ausschließlich die Rechtslage maßgeblich, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 1.8.1991 bestand (vgl BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 4/06 R = SozR 4-8570 § 6 Nr 4, RdNr 35 sowie vom 30.10.2014 - B 5 RS 1/13 R = SozR 4-8570 § 6 Nr 6, RdNr 15 und B 5 RS 3/14 R = juris RdNr 16).

2. Zum betriebsfunktionalen Zweck des den Angehörigen der Zollverwaltung der DDR gezahlten Verpflegungsgeldes.

3. Zum betriebsfunktionalen Zweck des den Angehörigen der Zollverwaltung der DDR gezahlten Reinigungszuschlages bzw -zuschusses.

4. Zum Entgeltcharakter der den Angehörigen der Zollverwaltung der DDR gezahlten Schichtzuschläge.

5. Zur Lohnsteuerfreiheit der den Angehörigen der Zollverwaltung der DDR gezahlten Schichtzuschläge nach Maßgabe des am 1.8.1991 geltenden bundesrepublikanischen Steuerrechts.

 

Normenkette

SGB IV § 14 Abs. 1 S. 1, § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; ArEV § 1; EStG § 3b Abs. 1; AAÜG § 6 Abs. 1, § 8 Abs. 1; SGB X § 44 Abs. 1 S. 1, Abs. 2

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 30. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur Sonderversorgung der Angehörigen der Zollverwaltung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) im Zeitraum vom 1. Februar 1962 bis 31. Dezember 1990 in Form der Einbeziehung gezahlter Verpflegungsgelder bzw. des Sachbezugs kostenfreier Verpflegung, gezahlter Reinigungszuschläge bzw. Reinigungszuschüsse sowie als bezogen behaupteter Schichtzuschläge festzustellen.

Der 1934 geborene Kläger stand im Zeitraum vom 1. Februar 1962 bis 31. Dezember 1991 in einem Dienstverhältnis zum Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs der DDR und später zur Zollverwaltung der DDR; ab 1. Juli 1990 bei der Oberfinanzdirektion C…. In diesem Zeitraum erhielt er neben seiner Besoldung teilweise weitere Zulagen und Zuschläge; unter anderem in Form von Verpflegungsgeld in unterschiedlichen Höhen im Zeitraum vom 1. Februar 1962 bis 31. Dezember 1990, in Form von Reinigungszuschlägen bzw. Reinigungszuschüssen in Höhe von 3,50 Mark monatlich im Zeitraum vom 1. Januar 1969 bis 31. Dezember 1990.

Mit Überführungsbescheid vom 22. April 1997 stellte die Beklagte die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Februar 1962 bis 31. Dezember 1991 als nachgewiesene Zeiten der Zugehörigkeit zur Sonderversorgung der Angehörigen der Zollverwaltung der DDR sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Jahresbruttoarbeitsentgelte (inklusive Wohnungsgeld und Grenzzuschlag) fest, ohne Verpflegungsgeld, Reinigungszuschläge bzw. Reinigungszuschüsse oder Schichtzuschläge zu berücksichtigen. Mit Änderungsbescheid vom 12. Dezember 2001 ergänzte die Beklagte den Bescheid vom 22. April 1997 um einen Zeitraum des Bezugs einer Dienstbeschädigungsteilrente (im Zeitraum vom 1. Juni 1976 bis 31. Dezember 1977), ohne dass sich eines Änderung der festgestellten Jahresbruttoarbeitsentgelte ergab.

Am 31. Januar 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten die rückwirkende Neufeststellung der Sonderversorgungszeiten unter Einbeziehung des Verpflegungsgeldes und der Reinigungszuschläge bzw. Reinigungszuschüsse. Mit Bescheid vom 24. September 2008 lehnte dies die Beklagte mit der Begründung ab, die Zahlungen seien kein rentenversicherungspflichtiges Entgelt. Den Widerspruch des Klägers vom 9. Oktober 2008, mit dem dieser zusätzlich auch die Einbeziehung von Schichtzuschlägen geltend machte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2009 als unbegründet zurück: Die Zahlung von Schichtzuschlägen sei nicht nachgewiesen; aus den Besoldungsunterlagen ergäben sich keine Zahlungshinweise. Die in den Bes...

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