Verfahrensgang

SG Leipzig (Urteil vom 23.08.2000; Aktenzeichen S 13 RA 449/99)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.04.2002; Aktenzeichen B 4 RA 32/01 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. August 2000 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beklagte nach § 8 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) als Versorgungsträger auch diejenigen Zeiten als Zugehörigkeitszeiten zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz und die während dieser Zeit erzielten Entgelte festzustellen hat, in denen der Kläger als Diplom-Chemiker, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Abteilungsleiter beschäftigt war, ihm eine Urkunde auf die Zusage einer zusätzlichen Altersversorgung aber nicht erteilt worden war.

Der am … 1939 geborene Kläger erhielt am 06.03.1963 nach einem Studium an der Friedrich-Schiller-Universität J. den akademischen Grad „Diplom-Chemiker” verliehen. Vom 01.04.1963 bis 30.10.1964 war er beim VEB Farbenfabrik W. als Forschungschemiker beschäftigt und nahm am 01.11.1964 eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Universität (TU) D. auf, welche am 31.03.1969 endete. Mit Urkunde vom 09.03.1966 erfolgte die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (AVI) rückwirkend ab 01.11.1965. Die staatliche Versicherung der DDR teilte dem Kläger mit Schreiben vom 17.04.1969 mit, dass die zusätzliche Altersversorgung mit Ausscheiden aus der Tätigkeit an der Universität ungültig werde und bat um Rücksendung der Urkunde vom 09.03.1966. In der Folge war der Kläger vom 01.04.1969 bis 06.03.1977 beim VEB Filmfabrik W. als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Abteilungsleiter beschäftigt und war anschließend bis 30.06.1990 beim VEB Kombinat Kunstleder und Pelzverarbeitung L. als Abteilungsleiter Produktion tätig.

Mit Entgeltbescheid vom 05.03.1998 stellte die Beklagte für die Zeit vom 01.11.1965 bis 31.03.1969 nachgewiesene Arbeitsentgelte während der Zeit der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der AVI fest.

Am 08.03.1999 beantragte der Kläger bei der BfA als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme die Feststellung und Anerkennung von zusätzlichen Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der wissenschaftlichen und technischen Intelligenz nach dem AAÜG. Unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) wäre zusätzlich zur erteilten Versorgungszusage ab 01.11.1965 die Zeit seit Beginn der Tätigkeit als Diplom-Chemiker bis zum 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit anzuerkennen.

Mit Feststellungsbescheid vom 26.04.1999 stellte die Beklagte zusätzlich für die Zeit vom 01.11.1964 bis 30.10.1965 die nachgewiesenen Arbeitsentgelte während der Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem fest. Ein weiterer Versorgungsanspruch bestehe nicht, da die Anspruchsvoraussetzungen für die Einbeziehung in das System 1 nicht erfüllt seien.

Den Widerspruch des Klägers vom 20.05.1999 wies die Beklagte mit Bescheid vom 08.07.1999 zurück. Nach der Rechtsprechung des BSG komme es auf die Art der ausgeübten Tätigkeit, die erforderliche Qualifikation (Berufsabschluss) und den zutreffenden Beschäftigungsbereich an. Der Kläger gehöre nicht zum Personenkreis der Angehörigen der technischen Intelligenz im Sinne des § 1 der Verordnung vom 17.08.1950 (GBl. I S. 844) über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (ZAVO technInt) in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben. Die Qualifikation als Diplom-Chemiker entspräche nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers. Die tatsächliche Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit sei insoweit unbeachtlich. Die in der Zeit ab 01.04.1969 bis 30.06.1990 ausgeübten Tätigkeiten als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Abteilungsleiter sei den sogenannten Ermessensfällen zuzurechnen. Anders als bei den ohne Einschränkung Einzubeziehenden sei hier ausdrücklich eine Ermessensentscheidung vorgesehen gewesen. Ohne erteilte Versorgungszusage (Einbeziehung) habe von dem Personenkreis niemand darauf vertrauen können, ihm werde eine Versorgungsrente im Leistungsfall bewilligt. Eine einer „Versorgungsanwartschaft” gleichstehende Rechtsposition sei bis zum 30.06.1990 nicht entstanden. Eine bis zur Schließung der Versorgungssysteme am 30.06.1990 nicht getroffene Ermessensentscheidung der damals dazu berufenen Stellen könne durch eine Ermessensentscheidung des bundesdeutschen Versorgungsträgers nicht nachgeholt oder ersetzt werden.

Hiergegen richtete sich die am 20.07.1999 zum Sozialgericht (SG) Leipzig erhobene Klage, mit welcher der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Die Auslegung des Begriffes „Ingenieure und Techniker” im Sinne der 2. Durchführungsbestimmung (DB) vom 24.05.1951 sei im Hinblick auf die Einbeziehung der in d...

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