Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Vergütung. Erstreckungskasse. Festlegung von zwei Kopfpauschalen getrennt nach Rechtskreis Ost und West. Zahlung von Kopfpauschale auf der Grundlage des Ausgangsbetrages nach Rechtskreis West an Kassenärztliche Vereinigung im Rechtskreis Ost
Orientierungssatz
1. Die Festlegung zweier Kopfpauschalen, die abhängig von dem Rechtskreis (Ost oder West) zu zahlen sind, für den die Mitglieder der Erstreckungskassen gemeldet werden, verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
2. Es verstößt nicht gegen das Gesetz zur Einführung des Wohnortprinzips bei Honorarvereinbarungen für Ärzte und Zahnärzte, wenn nach einer Gesamtvergütungsvereinbarung Erstreckungskassen für Mitglieder, die für den Rechtskreis West gemeldet sind, eine Kopfpauschale an eine Kassenärztliche Vereinigung in den neuen Bundesländern zu zahlen haben, die auf der Grundlage des Ausgangsbetrags für den Rechtskreis West berechnet ist.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Rückzahlung von Teilen der Gesamtvergütung für das Quartal I/2002.
Nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) und dem beigeladenen Landesverband der Betriebskrankenkassen (BKKn) setzte das Landesschiedsamt mit Schiedsspruch vom 08.04.2003 den Inhalt der Vereinbarung über die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen für das Jahr 2002 (im Folgenden: Gesamtvergütungsvereinbarung 2002) fest. Danach war die Gesamtvergütung - mit Ausnahme näher aufgeführter Erstattungen - nach einer Kopfpauschale je Mitglied und Quartal zu entrichten (budgetierte Gesamtvergütung - § 1 Abs. 1 Satz 2 Gesamtvergütungsvereinbarung 2002). Grundlage für die Berechnung der budgetierten Gesamtvergütung waren die gemäß Art. 2 § 1 des Gesetzes zur Einführung des Wohnortprinzips bei Honorarvereinbarungen für Ärzte und Zahnärzte (WOrtPrG) vom 11.12.2001 (BGBl. I S. 3526) in Anlage 14 § 3 des Bundesmantelvertrags-Ärzte (BMV-Ä) festgestellten Ausgangsbeträge (§ 1 Abs. 2 Gesamtvergütungsvereinbarung 2002). Diese Ausgangsbeträge waren für den Rechtskreis Ost um 1,87 % und für den Rechtskreis West um 1,84 % zu erhöhen; die so erhöhten Ausgangsbeträge ergaben die Kopfpauschalen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 Gesamtvergütungsvereinbarung 2002). Sollte jedoch bei BKKn, für die die Ausgangsbeträge nach Art. 2 § 1 Abs. 2 WOrtPrG gebildet wurden, die Kopfpauschale die Durchschnittsbeträge gemäß Art. 2 § 2 Abs. 2 WOrtPrG unterschreiten, sollte die Kopfpauschale auf den jeweiligen Durchschnittsbetrag angehoben werden (§ 2 Abs. 1 Satz 4 bis 6 Gesamtvergütungsvereinbarung 2002).
Für das Quartal I/2002 belief sich für die Klägerin der um 1,84 % erhöhte Ausgangsbetrag für den Rechtskreis West auf 121,98 €, der um 1,87 % erhöhte Ausgangsbetrag für den Rechtskreis Ost auf 69,04 € und der Durchschnittsbetrag auf 82,35 € (zu letzterem siehe Anhang 1 der Vereinbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Festsetzung des Durchschnittsbetrags gemäß Art. 2 § 2 Abs. 2 WOrtPrG ).
Die klagende BKK war im Anhang 1 zur Anlage 14 BMV-Ä unter den KV-Abrechnungsnummern 99.401 (Rechtskreis Ost) und 40.401 (Rechtskreis West) geführt. Die beklagte KÄV forderte bei ihr für das Quartal I/2002 unter der KV-Abrechnungsnummer 99.401 für 57.822 Mitglieder eine Kopfpauschale von 82,35 € (insgesamt: 4.761.641,70 €) und unter der KV-Abrechnungsnummer 40.401 für 1.416 Mitglieder, die ebenfalls ihren Wohnsitz in Sachsen haben, eine Kopfpauschale von 121,98 € (insgesamt: 172.723,68 €) an. Die Klägerin zahlte zunächst unter Vorbehalt und forderte später einen Teil der für die 1.416 Mitglieder gezahlten Gesamtvergütung zurück.
Nachdem die Beklagte nicht geleistet hatte, hat die Klägerin am 13.02.2004 beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage auf Rückzahlung von 56.116,08 € erhoben. Die Beklagte habe zu Unrecht für 1.416 Mitglieder die Kopfpauschale West von 121,98 € statt der Kopfpauschale Ost von 82,63 € gefordert. § 85 Abs. 2 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) lasse die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten nicht zu. Auch kenne das Gesetz im Verhältnis der Krankenkasse zur KÄV nur eine Gesamtvergütung. Zwar seien nach Art. 2 § 1 Abs. 2 WOrtPrG für Krankenkassen mit Sitz in den alten Bundesländern, die sich auf die neuen Bundesländer erstreckten, zwei getrennte Ausgangsbeträge zu ermitteln. Doch gelte der Ausgangsbetrag West im Gebiet der alten Bundesländer und der Ausgangsbetrag Ost bzw. der gemäß Art. 2 § 2 WOrtPrG auf den Durchschnittsbetrag angehobene Ausgangsbetrag im Gebiet der neuen Bundesländer. Ferner sei in der gesetzlichen Krankenversicherung die Trennung der Rechtskreise durch Art. 21a des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKVRefG 2000) vom 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626) zum 01.01.2001 aufgehoben worden.
Die Beklagte hat erwidert, sie habe die Höhe der Gesam...