Verfahrensgang
SG Chemnitz (Gerichtsbescheid vom 28.08.1997; Aktenzeichen S 15 Kn 293/97.P) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. August 1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Einbehaltung und Abführung von Beträgen zur sozialen Pflegeversicherung.
Der am … geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.04.1979 gegen Arbeitsentgelt beschäftigt und bei der beigeladenen Pflegekasse pflichtversichert. Die Beklagte führte ab 01.01.1995 den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an ihre Einzugsstelle ab. Dabei belastete sie den Kläger mit den Beiträgen zur sozialen Pflegeversicherung bis zum 30.06.1996 in voller Höhe. Die Beitragsleistungen zur sozialen Pflegeversicherung betrugen im Zeitraum vom 01.01.1995 bis 31.12.1995 monatlich 48,00 DM und im Zeitraum vom 01.01.1996 bis 30.06.1996 monatlich 51,00 DM. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zum Inkraftsetzen der 2. Stufe der Pflegeversicherung vom 31.05.1996 (BGBl. I S. 718) behielt die Beklagte vom Arbeitsentgelt 1,35 v.H. der seit diesem Zeitpunkt auf insgesamt 1,7 v.H. des Bruttoarbeitsentgeltes bemessenen Pflegeversicherungsbeiträge ein und führte die Beiträge weiterhin an ihre Einzugsstelle ab. Im Zeitraum vom 01.07.1996 bis 31.12.1996 betrugen der Arbeitnehmeranteil 68,85 DM monatlich und der Arbeitgeberanteil monatlich 17,85 DM. Seit dem 01.01.1997 belaufen sich der Arbeitnehmeranteil auf monatlich 71,88 DM und der Arbeitgeberanteil auf monatlich 18,64 DM.
Unter dem 26.07.1995 forderte der Kläger die Beklagte auf, beim Einzug der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung sowohl ihn als auch die Beklagte jeweils hälftig zu belasten und von einer ausschließlich bei ihm liegenden Beitragslast abzusehen. Zwar habe der Freistaat Sachsen beschlossen, keinen gesetzlichen Feiertag abzuschaffen, so daß die Beitragslast in voller Höhe dem Arbeitnehmer obliege. Dies widerspreche jedoch dem Sozial-Staatsprinzip und laufe überdies dem im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz zuwider. Die Beklagte möge daher den Einzug berichtigen oder ihm jedenfalls einen rechtsmittelfähigen Bescheid erteilen.
Nachdem die Beklagte abgelehnt hatte, bei Beschäftigten mit Beschäftigungsort in Sachsen auf die Einbehaltung des vollen Pflegeversicherungsbeitrages zu verzichten (Schreiben vom 14.03.1996), hat der Kläger am 31.05.1996 beim Sozialgericht Klage sinngemäß mit dem Ziel erhoben, festzustellen, daß die Einbehaltung von Beiträgen des Klägers zur sozialen Pflegeversicherung durch den Beklagten rechtswidrig ist, soweit danach die Beitragslast mehr als 50 v.H. beträgt.
Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 28.08.1997 abgewiesen. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sei gegeben. Die zulässige Feststellungsklage sei jedoch unbegründet. Der von der Beklagten vorgenommene Beitragsabzug sei nicht zu beanstanden. Gemäß § 58 Abs. 1 SGB XI trügen die nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI versicherungspflichtig Beschäftigten und ihre Arbeitgeber die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessenden Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung jeweils hälftig. § 58 Abs. 2 SGB XI lege hierzu fest, daß die Länder zum Ausgleich der mit den Arbeitgeberbeiträgen verbundenen Belastungen der Wirtschaft einen gesetzlichen landesweiten Feiertag, der stets auf einen Werktag falle, aufheben würden. Allerdings obliege den Beschäftigten gem. § 58 Abs. 3 SGB XI die ausschließliche Beitragslast, wenn der Beschäftigungsort in einem Land liege, in welchem die am 31.12.1993 bestehende Anzahl der gesetzlichen landesweiten Feiertage nicht um einen Feiertag, der auf einen Werktag falle, vermindert worden sei. So liege es aber hier.
§ 58 Abs. 1 bis Abs. 3 SGB XI sei nicht verfassungswidrig. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes beruhe auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Art. 3 Abs. 1 GG, der hier als alleiniger Prüfungsmaßstab heranzuziehen sei, sei nicht verletzt. Zwar würden die in Sachsen beschäftigten, der sozialen Pflegeversicherung unterworfenen Arbeitnehmer gegenüber in anderen Bundesländern Beschäftigten ungleich behandelt, weil diese wegen der Streichung eines Feiertages i.S.d. § 58 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XI nur hälftig Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung zu tragen hätten. Allerdings habe der Gesetzgeber im Hinblick auf die Schaffung verschiedener sog. „Kompensationsmodelle”, die er zur Finanzierung der Pflegeversicherung als erforderlich erachtet habe, die Grenzen des ihm zukommenden weiten Gestaltungsraumes nicht überschritten.
Gegen den am 08.09.1997 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 01.10.1997 eingelegte Berufung.
Der Kläger ist der Ansicht, die in § 58 Abs. 2 SGB XI vorgesehene Regelungsmaterie stehe nicht in der Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Jedenfalls werde hierdurch auf die Landesgesetzgeber ein nicht unerheblicher Druck ausgeübt, der gerad...