Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenbehandlung. ambulante PET/CT zum Primärstaging bei Prostatakarzinom. Leistungsausschluss. kein Systemversagen. keine lebensbedrohliche Erkrankung bei bloßem Risiko einer Metastasierung
Leitsatz (amtlich)
1. Die ambulante Positronenemissionstomographie/Computertomographie (PET/CT) zum Primärstaging bei Prostatakarzinom war 2015 nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen und konnte auch nicht wegen Systemversagens beansprucht werden.
2. Am Ausschluss der ambulanten PET/CT zum Primärstaging bei Prostatakarzinom aus der vertragsärztlichen Versorgung hat sich durch den Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 21.12.2017 zur Richtlinie ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV-RL; juris: ASVRL) nichts geändert.
3. Das bloße Risiko einer Metastasierung reicht nicht aus, um von einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Sinne des § 2 Abs 1a SGB V ausgehen zu können.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 10. August 2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Erstattung der Kosten einer ambulanten Positronen-emissionstomographie/Computertomographie (PET/CT).
Der 1940 geborene und bei der Beklagten versicherte Kläger befand sich seit längerem in urologischer Verlaufskontrolle mit regelmäßigen Bestimmungen des Werts des prostataspezifischen Antigens (PSA), Nachdem bei ihm im Januar 2015 ein auffälliger PSA-Wert (18,4 ng/ml) erhoben worden war, wurde bei ihm im Februar 2015 mittels Stanzbiopsie ein Prostatakarzinom histologisch gesichert (Befund vom 19.02.2015: mäßig differenziertes azinäres Adenokarzinom G2 mit Gleason-Score von 4+3=7 und klinischem Stadium T1c).
Am 05.03.2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine ambulante PET/CT-Untersuchung.
Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) von Dr. X.... vom 09.03.2015 ein, wonach die ambulante PET bei Prostatakarzinom mangels positiver Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung sei. Zum Primärstaging sei neben der klinischen Untersuchung die Bestimmung des PSA-Werts, die Magnetresonanztomographie (MRT) des Beckens sowie - bei PSA-Werten von mehr als 10 ng/ml - die Skelettszintigraphie angezeigt. Auch in den aktuellen S3-Leitlinien des Prostatakarzinoms finde die PET/CT für die konkrete Situation mangels gesicherten Zusatznutzens keinen Stellenwert. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.03.2015 die Kostenübernahme ab.
Eine am 10.03.2015 zu Lasten der Beklagten beim Kläger durchgeführte Ganzkörperskelettszintigraphie ergab keinen Nachweis von Knochenmetastasen.
Gegen den die ambulante PET/CT-Untersuchung ablehnenden Bescheid vom 12.03.2015 legte der Kläger am 14.03.2015 Widerspruch ein und ließ am 16.03.2015 im Universitätsklinikum A.... diese Untersuchung durchführen, die Hinweise auf einen metastasensuspekten Lymphknoten erbrachte und für die ihm am 30.03.2015 vom Krankenhaus 1.405,60 € in Rechnung gestellt wurden.
Während eines vom 28.04. bis 06.05.2015 dauernden stationären Krankenhausaufenthaltes im Universitätsklinikum A.... unterzog sich der Kläger am 29.04.2015 einer Operation des Prostatakarzinoms (laparoskopische radikale Prostatovesikulektomie und pelvine Lymphadenektomie).
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein Gutachten des MDK von Dr. W.... vom 07.05.2015 ein. Entsprechend der verfügbaren vertraglichen Diagnostik bzw. deren Ergebnissen (Stanzbiopsie mit Histologie, Knochenszintigraphie und PSA-Verlauf) sei ein Adenokarzinom der Prostata bereits gesichert gewesen. Vor Entscheidung zur primären Therapie wäre eine Stadiendiagnostik mittels MRT geeignet gewesen, den lokalen Befund im Bereich des betroffenen Organs näher zu untersuchen. Eine Ausnahmeindikation zur Veranlassung einer außervertraglichen PET/CT-Untersuchung könne nicht gesehen werden. Das Prostatakarzinom des Klägers sei primär operabel, könne aber auch primär durch eine perkutane Strahlentherapie kurativ behandelt werden. Diese Entscheidung wäre anhand vertraglicher Diagnostik ableitbar gewesen.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.2015 zurück. Eine Kostenerstattung sei nicht möglich. Die PET/CT sei eine neue Untersuchungsmethode, die bei den durch den GBA bestimmten Indikationen zulässig sei, von denen keine vorliege.
Dagegen hat der Kläger am 03.09.2015 Klage beim Sozialgericht (SG) Leipzig erhoben. Das SG hat Befundberichte eingeholt bei dem Urologen Dr. V...., dem Allgemeinmediziner Dr. U.... und dem Urologen Dr. D.....
Der Kläger hat sich zur Klagebegründung auf Atteste des Urologen Dr. D.... vom 12.05.2015 und der Nuklearmedizinerin Prof. Dr. T.... vom 01.06.2015 bezogen. Diese kämen zu dem Ergebn...