Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Fiktion der persönlichen Arbeitslosmeldung duch sozialrechtlichen Herstellungsanspruch
Leitsatz (redaktionell)
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen sind. Die Frist ist eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Der zum Fristablauf noch bestehende Anspruch ist mit Fristablauf untergegangen.
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch erfasst nicht Tatbestände, die nach materiellem Recht für das Entstehen des Sozialrechtsanspruchs erforderlich sind. Die persönliche Arbeitslosmeldung ist eine Tatsachen- und keine Willenserklärung. Deshalb kann sie durch den Herstellungsanspruch nicht fingiert werden.
Die Anwartschaftszeit für den Bezug von Arbeitslosengeld erfüllt, wer in der Rahenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Pflegeleistungen, die nicht im Rahmen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses erbracht werden, begründen kein Versicherungspflichtverhältnis.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 16. März 2001 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 01. August 1999 bzw. 15. November 1999 zusteht.
Die am ... geborene, verheiratete Klägerin beantragte am 10. Juli 1995 ab dem 01. August 1995 Alg.
Zuvor war sie in der Zeit vom 01. Januar 1983 bis 31. Juli 1995 als Filialleiterin bei der K... D... e.G. beschäftigt gewesen. Ihr monatliches Entgelt betrug im Zeitraum vom 01. Februar 1995 bis 30. April 1995 jeweils 2.718,00 DM monatlich sowie in der Zeit vom 01. Mai 1995 bis 31. Juli 1995 2.808,00 DM monatlich.
Mit Bescheid vom 28. Juli 1995 bewilligte die Beklagte der Klägerin, ausgehend von einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt (BE) von 640,00 DM, ab dem 01. August 1995 Alg in Höhe von 349,00 DM wöchentlich für 572 Leistungstage (Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz).
Mit Veränderungsmitteilung vom 23. Juli 1996 teilte die Klägerin der Beklagten mit, ab dem 01. August 1996 die Pflege ihrer Schwiegermutter, die pflegebedürftig nach Pflegestufe III war, aufzunehmen.
Entsprechend hob die Beklagte am 31. Juli 1996 die Bewilligung von Alg auf. Am 01. August 1996 bestand noch Anspruch für 258 Leistungstage.
Beratungsvermerke sind in den Karteien der Beklagten erst für die Zeit ab dem 15. November 1999 enthalten.
Am 15. November 1999 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte Alg. Bis zum 14. November 1999 - dem Tod ihrer Schwiegermutter - hatte sie diese gepflegt.
Mit dem Bescheid vom 03. Dezember 1999 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da weder ein neuer Anspruch auf Alg noch ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) entstanden sei und auch aus der früheren Anwartschaft kein Restanspruch mehr bestehe.
Am 06. Dezember 1999 legte die Klägerin zur Niederschrift der Beklagten Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid ein. Sie trug vor, am 13. Juli 1999 bei der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau M., vorgesprochen und nachgefragt zu haben, ob auch im Fall der Pflege von Angehörigen der Anspruch auf Alg nach Ablauf von 4 Jahren erlösche. Dies sei von Frau M. eindeutig verneint worden. Wenn Frau M. eine ordnungsgemäße Auskunft gegeben hätte, wäre vor Ablauf der 4 Jahre ein Pflegedienst zur Pflege der Schwiegermutter beauftragt worden, so dass der Alg-Restanspruch auch weiter hätte bewilligt werden können. Durch die Falschberatung dürfe keine Benachteiligung eintreten. Die Vorsprache im Juli 1999 solle als Antragstellung gelten. Sie verweise auf die Hinweise im Merkblatt zur Verlängerung der Rahmen- bzw. Vorfrist bei Pflegetätigkeiten. Dies müsse auch für sie zutreffen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Anspruch auf Alg sei zum 01. August 1995 entstanden gewesen. Die 4-Jahres-Frist des§ 147 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei daher zum 01. August 1999 verstrichen. Erst am 15. November 1999 habe sich die Klägerin wieder beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und die Bewilligung von Alg beantragt.
Auch ein neuer Anspruch sei nicht entstanden, da die dreijährige Rahmenfrist sich zwar wegen der Nichteinbeziehung der Pfle
gezeiten in die Rahmenfristberechnung vom 01. August 1995 bis 14. November 1999 erstrecke, innerhalb dieses Zeitraumes jedoch kein Versicherungspflichtverhältnis von insgesamt 12 Monaten vorgelegen habe. Die Rahmenfrist reiche gemäߧ 124 Abs. 2 SGB III nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt habe.
Hiergegen hat die Klägerin am 02. Februar 2000 Klage beim Sozialgericht Dresden (SG) erhoben und vorgetragen, bereits am 13. Juli 1999 über die weitere Verfahrensweise mit der zuständigen Mitarbeiterin der Beklagten, Frau M. (Zeugin M.), gesprochen zu haben. Sie...