Verfahrensgang
SG Leipzig (Urteil vom 28.09.2001; Aktenzeichen S 13 RA 599/00) |
Nachgehend
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 28. September 2001 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine Halbwaisenrente für die Dauer ihres Promotionsstudiums.
Die am … geborene Klägerin nahm im Jahr 1993 an der Universität L. ein Studium der Politikwissenschaften auf, das sie im Februar 2000 mit der Magisterprüfung abschloss (Urkunde vom 22.2.2000). Im April 2000 begann sie ein Promotionsstudium. Nach dem Tod ihrer Mutter am 10.7.1995 gewährte ihr die Beklagte eine Halbwaisenrente. Nach Ablegung der Magisterprüfung hob die Beklagte die Rentenbewilligung auf (Bescheid vom 16.2.2000). Am 7.3.2000 sprach die Klägerin bei der Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten in Leipzig vor und bat um Prüfung, ob die Promotion als Ausbildungszeit anerkannt werden könne, damit ein weiterer Anspruch auf Halbwaisenrente bestehe. Mit Schreiben vom 21.3.2000 teilte die Beklagte mit, dass kein Anspruch auf Halbwaisenrente bestehe. Etwas anderes gelte nur, wenn vor einer Promotion im gleichen Studiengang noch keine Prüfung abgelegt sei. Am 13.4.2000 stellte die Klägerin einen Antrag zur Nachprüfung der weiteren Waisenrentenberechtigung. Sie verwies darauf, dass nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9.6.1999 (VI R 92/98) die Vorbereitung auf die Promotion Berufsausbildung sei.
Nachdem die Universität L. bestätigte, dass die Klägerin am 1.4.2000 ein Studium als Doktorandin aufgenommen hatte, wies die Beklagte den Fortzahlungsantrag mit Bescheid vom 12.5.2000 zurück. Für die Dauer der Promotion liege keine Schul- oder Berufsausbildung vor. Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 9.6.2000 Widerspruch ein und verwies nochmals auf das Urteil des BFH. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 3.11.2000 zurück. Für die Dauer der Promotion liege nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts keine Schul- oder Berufsausbildung vor (Urteile des BSG vom 27.9.1994 – 10 RKg 21/92, 10 RKg 1/93 und 10 RKg 3/94). Etwas anderes gelte nur, wenn vor der Promotion im gleichen Studiengang noch keine andere Prüfung abgelegt sei. Die Klägerin habe aber mit der abgelegten Magisterprüfung bereits einen akademischen Grad erlangt.
Hiergegen richtet sich die am 16.11.2000 beim Sozialgericht Leipzig (SG) erhobene Klage, zu deren Begründung sich die Klägerin auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren bezog. Mit Urteil vom 28.9.2001 verurteilte das SG die Beklagte, der Klägerin weiterhin Halbwaisenrente zu bezahlen. Das aufgenommene Promotionsstudium sei als Berufsausbildung zu werten. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei es nicht erforderlich, dass die Promotion wie bei einer Anrechnungszeit in der Studienordnung als alleiniger Abschluss des Studiums vorgesehen sei. Anrechnungszeiten sollten Beiträge ersetzen; bei der Waisenrente gehe es um den Ersatz eines Unterhaltsbedarfs. Weder dem Wortlaut noch dem Sinn des § 48 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei zu entnehmen, dass Waisenrente nach dem vollendeten 18. Lebensjahr nur für das erste Ausbildungsverhältnis zu gewähren sei. Nach der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung des BFH gehörte zu Berufsausbildung auch die Vorbereitung zu einer Promotion. Die Waisenrente diene nicht dem Familienlastenausgleich wie das Kindergeld, sondern ersetze einen durch Tod eines Elternteils entfallenden Unterhalt. Die Rechtsprechung sei aber trotzdem einschlägig.
Gegen das am 9.11.2001 zugestellte Urteil legte die Beklagte am 6.12.2001 Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht (LSG) ein. Die Entscheidung des BFH, dass eine Promotion zur Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a Einkommensteuergesetz gehöre, könne nicht für die Auslegung des Begriffs „Schul- und Berufsausbildung” bei Gewährung einer Waisenrente herangezogen werden. Wie der BFH selbst ausgeführt habe, diene das Kindergeld seit der Neuregelung zum 1.1.1996 vorrangig der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums des Kindes bei den Eltern. Aus diesen Ausführungen ergebe sich, dass die bisherige Rechtsprechung der Sozialgerichte und damit des BSG für die Rentenfrage weiterhin anwendbar sei, damit die Promotionsvorbereitung in diesem Fall nicht zur Ausbildung gezählt werden könne.
Die Beklagte beantragt
die Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Leipzig vom 28.9.2001 und die Abweisung der Klage.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf das erstinstanzliche Urteil. Sie hat in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die Promotionsordnung angegeben, dass eine Ausbildung im üblichen Sinne nicht erfolge. Bei Vorbereitung der Promotion stünde ihr ein Berater zur Seite. Ausbildung durch Lehrveranstaltungen gebe es nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren ...