Entscheidungsstichwort (Thema)

Angelegenheiten nach dem SGB II

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn während eines Klageverfahrens, das gegen eine vorläufige Leistungsbewilligung gerichtet ist, eine endgültige Leistungsbewilligung ergeht, hat sich das auf die vorläufige Leistungsbewilligung bezogene Gerichtsverfahren gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. Gegenstand des Verfahrens ist nunmehr die endgültige Leistungsbewilligung, die gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist (Anschluss an BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 139/10 R - ).

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 27. März 2014 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Leipzig zurückverwiesen.

II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung des Sozialgerichts Leipzig vorbehalten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen Gerichtsbescheid, mit der ihre Klage gegen eine vorläufige Leistungsbewilligung nach dem Erlass der endgültigen Bewilligung wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen worden ist.

Die ARGE L… (im Folgenden: ARGE) bewilligte der Klägerin, die eine selbständige Tätigkeit ausübte, und ihrer minderjährigen Tochter mit Bescheid vom 17. September 2009 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis zum 31. März 2010 in Höhe von monatlich zusammen 40,18 EUR.

Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az. S 19 AS 3327/09 ER) schlossen die Beteiligten einen Vergleich mit dem Inhalt, dass die ARGE den Antragstellerinnen, das heißt der Klägerin und ihrer Tochter, im streitbefangenen Zeitraum monatlich 700,00 EUR zahlt. Daraufhin wies die ARGE den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. September 2010 zurück. Der Prüfungsumfang im Widerspruchsverfahren bezüglich einer vorläufigen Bewilligung erschöpfe sich regelmäßig in der Prüfung, ob bei der vorläufigen Festsetzung der Leistungen Ermessensfehler geschehen seien. Diese Prüfung habe sich durch den gerichtlichen Vergleich erledigt. Nachdem die abschließenden Unterlagen zum erzielten Einkommen eingereicht worden seien, sei nunmehr eine endgültige Festsetzung vorzunehmen.

Die Klägerin hat hiergegen am 3. November 2010 die diesem Berufungsverfahren vorangegangene Klage erhoben (Az. S 19 AS 4235/10), mit der sie höhere Leistungen begehrt hat.

Das nunmehr zuständige Jobcenter L…, der Beklagte, hat mit Bescheid vom 13. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2012 die Leistungen für den streitbefangenen Zeitraum endgültig festgesetzt. Hiergegen hat die Klägerin am 23. Juli 2012 Klage erhoben (Az. S 19 AS 2449/12).

Das Sozialgericht hat die gegen den Bescheid vom 17. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2010 gerichtete Klage (Az. S 19 AS 4235/10) mit Gerichtsbescheid vom 27. März 2014 wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen. Zwar sei die isolierte Anfechtungsklage grundsätzlich statthaft. Die vorläufige Leistungsbewilligung habe sich aber durch die endgültige Bewilligung auf andere Weise erledigt. In Bezug auf den ursprünglichen Streitgegenstand, die Entscheidung über die Vorläufigkeit, sei die Klägerin klaglos gestellt. Nachdem der endgültige Festsetzungsbescheid nunmehr Gegenstand des Klageverfahrens Az. S 19 AS 2449/12 sei, habe die ältere Klage nicht mehr umgestellt werden können.

Die Klägerin hat gegen den ihr am 8. April 2014 zugestellten Gerichtsbescheid am 8. Mai 2014 Berufung eingelegt, jedoch keinen Antrag gestellt und keine Begründung eingereicht.

Die Beteiligten sind zu einer beabsichtigten Zurückverweisung des Rechtsstreits angehört worden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten verhandeln und entscheiden, weil sie hierauf in der Ladung hingewiesen worden sind (vgl. § 153 Abs. 1 i. V. m. § 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Gerichtsbescheides vom 27. März 2014 und der Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht die Klage vom 3. November 2010 wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen, ohne in der Sache selbst zu entscheiden.

Nach § 159 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden.

1. Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 27. März 2014 die Klage vom 3. November 2010 abgewiesen, ohne in der Sache selbst zu entscheiden. Diese Entscheidung ist fehlerhaft. Denn das Sozialgericht hat...

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