Verfahrensgang
SG Dresden (Gerichtsbescheid vom 06.07.1998; Aktenzeichen S 5 U 355/97) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 06. Juli 1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Sturzes von einem Hochsitz als Arbeitsunfall.
Der am … geborene Kläger, seinerzeit beschäftigt als Technischer Angestellter bei einer Wohnungsbaugesellschaft, war ein Freizeitjäger. Am 20.10.1991 wurde ihm vom Staatlichen Forstamt … eine Jagderlaubnis erteilt. Diese beinhaltete die Gestattung, die Jagd im Staatlichen Verwaltungsjagdbezirk (Revier Commerau/Klix) ohne Begleitung eines Jagdleiters oder Jagdführers selbstständig auszuüben (Bl. 9, 24R Unfall-Akte). In dem ihm zugewiesenen Waldstück war der Kläger auch für die Hege und Pflege des Wald- und Wildbestandes verantwortlich. Der Kläger war jedoch nicht Pächter dieses Geländes, sondern betrieb dort aufgrund der oben genannten Erlaubnis die Jagd als Freizeitvergnügen gegen Entgelt (Bl. 121 Unfall-Akte).
Am 11.11.1991 richteten der Kläger und andere Freizeitjäger in dem genannten Pirschbezirk zusammen mit dem Revierförster (…) unter dessen Anleitung einen Leiterhochsitz auf und befestigten diesen. Nachdem die Standsicherheit hergestellt war, wollte der Kläger, auf einer Stufe in ca. 3 Meter Höhe stehend, dem R. ein Stück Holz für die Gewehrauflage hinaufreichen. Dabei verlor er das Gleichgewicht und stürzte rücklings auf den Waldboden (Bl. 34, 42 Unfall-Akte), wobei er sich insbesondere einen instabilen Bruch des 12. Brustwirbelkörpers zuzog (Bl. 9 Unfall-Akte). An den Folgen dieses Unfalles leidet er noch heute (Bl. 39 LSG-Akte).
Die ihr am 19.12.1991 zugegangene Unfallanzeige vom 13.12.1991 (Bl. 3 Unfall-Akte) leitete die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft Dresden im Januar 1992 an den Sächsischen Gemeindeunfallversicherungsverband (ab 01.01.1989 Unfallkasse Sachsen – Bl. 158 Unfall-Akte), die Beklagte, weiter.
Diese lehnte mit Bescheid vom 13.05.1997 die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Unfalls vom 11.11.1991 mit der Begründung ab, selbst wenn man unterstellte, der Kläger sei tatsächlich im Auftrag des Forstamtes Neschwitz zum Unfallzeitpunkt tätig geworden, komme gesetzlicher Unfallversicherungsschutz allenfalls nach § 539 Abs. 2 i.V.m. § 539 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Betracht. Diese Vorschriften seien jedoch im „Beitrittsgebiet” erst ab dem 01.01.1992 in Kraft getreten, so dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalles jedenfalls noch nicht von diesem Schutz erfasst gewesen sei. Auch nach dem Recht der DDR ergebe sich kein Anspruch, da es sich bei der vom Kläger zum Unfallzeitpunkt verrichteten Tätigkeit weder um eine solche im Zusammenhang mit dem Arbeitsprozess gehandelt habe noch diese dem Anwendungsbereich der Verordnung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes bei Unfällen in Ausübung gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Tätigkeiten vom 11. April 1973 unterfalle, welche bis zum 31.12.1991 mit einschränkenden Maßgaben in Kraft geblieben sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 22.05.1997 Widerspruch. Da er als Jagdgast eine Tätigkeit ausgeübt habe, die nicht mehr zur eigentlichen, typischen Jagdausübung gehört und eine im Interesse des Jagdherren liegende Dienstleistung dargestellt habe, sei er zum Unfallzeitpunkt sehr wohl versichert gewesen (Hinweis auf einen Aufsatz in der Zeitschrift „DJZ” vom September 1991 – Bl. 150, 152 Unfall-Akte).
Mit Bescheid vom 27.10.1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wiederholte sie im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem Ausgangsbescheid und betonte insbesondere erneut, dass auf den vorliegenden Fall nicht die Vorschriften der RVO, sondern das Recht der DDR anzuwenden sei.
Die dagegen am 25.11.1997 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden (SG) mit Gerichtsbescheid vom 06. Juli 1998, den Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 14.09.1998, abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, da er bei dem Unfall vom 11.11.1991 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe. Aufgrund des in den §§ 1148 ff. RVO normierten Versicherungsfallprinzips sei die Prüfung, ob ein bis zum 31.12.1991 im „Beitrittsgebiet” eingetretenes Ereignis einen Arbeitsunfall dargestellt habe, anhand der aufgrund des Einigungsvertrages bis zum 31.12.1991 in Kraft gebliebenen Vorschriften des Rechts der DDR zu beurteilen. Die Anerkennung eines Arbeitsunfalles nach § 220 Abs. 1 des Arbeitsgesetzbuchs (AGB) der DDR komme nicht in Betracht, da der Kläger in keinem Arbeitsverhältnis zur Forstverwaltung gestanden habe. Aber auch aus § 220 Abs. 3 AGB der DDR in Verbindung mit der Verordnung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes bei Unfällen in Ausübung g...