Verfahrensgang
SG Leipzig (Urteil vom 25.02.2000; Aktenzeichen S 10 RA 896/97) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25.02.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die beklagte Bundesrepublik Deutschland berechtigt war, dem Kläger das Recht auf Entschädigungsrente mit Wirkung ab April 1998 abzuerkennen.
Der am … geborene Kläger war in der ehemaligen DDR vom 27.08.1953 bis 08.03.1986 hauptamtlich beim ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit (MfS) tätig, zuletzt in der Bezirksverwaltung der Staatssicherheit … in der Funktion des Offiziers für Sonderaufgaben im Range eines Oberstleutnants. Nach der Auskunft des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) war er von 1953 bis 1960 als operativer Mitarbeiter, von 1960 bis 1962 als Arbeitsgruppenleiter, von 1962 bis 1966 als Referatsleiter, von 1967 bis 1981 als stellvertretender Kreisdienststellenleiter (L. Stadt) und in der Zeit von 1981 bis 28.02.1985 als Leiter der Abteilung 26 (Telefonüberwachung) in der Bezirksverwaltung L. (BV) sowie danach als Offizier für Sonderaufgaben tätig. Ab 01.08.1985 bezieht der Kläger Altersvorsorge auf der Grundlage der Versorgungsordnung (VO) des MfS.
Auf Grund der Anordnung über Ehrenpensionen für Kämpfer gegen den Faschismus und für Verfolgte des Faschismus sowie für deren Hinterbliebene (EhPensAO) vom 20.09.1976 (vertrauliche Dienstsache – VD 26/19/76) erhielt er eine Ehrenpension. Diese wurde ab Juli 1990 in DM umgewertet und durch die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Beigeladene zu 2.) bis April 1992 zu Lasten der Beklagten weitergezahlt. Die BfA zahlte ab 01.05.1992 nach dem Gesetz über Entschädigung für Opfer des Nationalsozialismus im Beitrittsgebiet (Entschädigungsrentengesetz – EntschRG) vom 22.04.1992 (BGBl. I 906) Entschädigungsrente in Höhe von 1.400,00 DM monatlich.
Nach Beziehung der Unterlagen der Gauck-Behörde hörte die Kommission zum Versorgungsruhens- und Entschädigungsrentengesetz (Beigeladene zu 1.) den Kläger zur beabsichtigten Kürzung oder Aberkennung der Entschädigungsrente nach § 5 EntschRG an, worauf der Kläger über den Prozessbevollmächtigten Akteneinsicht und die Anhörung des Direktoriums des Zentralrates der Juden in Deutschland als Verfolgtenorganisation gem. § 3 Abs. 2 Satz 4 EntschRG beantragte.
Die Beigeladene zu 1. schlug der Beklagten mit Beschluss vom 24.03.1997 i.d.F. des Beschlusses vom 19.06.1997 vor, die Entschädigungsrente vorläufig abzuerkennen (§ 5 Abs. 1 EntschRG).
Mit Bescheid vom 01.10.1997 erkannte die Beklagte das gegen die BfA gerichtete Recht des Klägers auf Entschädigungsrente mit sofortiger Wirkung vorläufig ab. In der Beurteilung vom 30.09.1966 sei dem Kläger bescheinigt worden, als stellvertretender Leiter der Kreisdienststelle L. auf Grund ausreichender Erfahrungen und Kenntnisse in der Lage gewesen zu sein, den Anforderungen der Anleitung, Kontrolle und Organisierung der politisch-operativen Arbeit gerecht zu werden. Der Prämierungsvorschlag vom 10.11.1966 sei damit begründet worden, dass die vom Kläger eingeleiteten Maßnahmen zur „Klärung und Verhinderung der geplanten Provokationen durch negative jugendliche Gruppierungen” beigetragen hätten. Die Abschlussbeurteilung des MfS vom 18.06.1985 bescheinige für die gesamte Dienstzeit und alle übertragenen Aufgaben eine vorbildliche und aktive politisch-operative Arbeit. Gem. § 5 Abs. 1 EntschRG sei die Entschädigungsrente abzuerkennen, da der Kläger gegen die Grundsätze der Rechtstaatlichkeit und Menschlichkeit verstoßen habe. Der Tatbestand des § 5 Abs. 1 EntschRG sei erfüllt, wenn der Inhaber eines Rechts auf Entschädigungsrente durch sein Verhalten (Handeln oder Unterlassen) in Ausübung ihm übertragener oder eingeräumter Gewalt den Unrechtserfolg des Verstoßes gegen die Grundsätze der Rechtstaatlichkeit und Menschlichkeit herbeigeführt oder einen nicht unerheblichen Beitrag geleistet habe, dass andere diesen Erfolg herbei führten. Es reiche, wenn er durch Rat oder Tat oder durch Organisations- oder Schulungsmaßnahmen im Rahmen der ihm eingeräumten Gewalt den Verstoß gefördert habe. Dies sei insbesondere dann zuzurechnen, wenn er den Befehl hierzu gegeben oder einen ihm erteilten Befehl näher ausgeformt oder wenn er Anordnungen zu Verstößen gegen die Grundsätze mitbeschlossen und öffentlich unterstützt habe. Der Kläger sei nahezu 20 Jahre im nachgeordneten Bereich des MfS in Führungspositionen aktiv gewesen. Als stellvertretender Kreisdienststellenleiter hätte ihm gemäß der Anlage zur Dienstanweisung Nr. 4/65 vom 31.12.1964 zur Organisation der fachlichen Arbeit im Verantwortungsbereich, die Durchsetzung der Befehle und Weisungen, die selbständige Anleitung der unmittelbar unterstellten Hauptsachbearbeiter, der Leiter von Arbeits- und Operativgruppen sowie der Sa...