Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistungen. Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein. Vergütungsanspruch eines privaten Arbeitsvermittlers. Vermittlungserfolg. Zeitpunkt der Beschäftigungsaufnahme. Befristung des Gutscheines. Treu und Glauben
Leitsatz (amtlich)
1. Für den Vermittlungserfolg eines privaten Arbeitsvermittlers kommt es grundsätzlich nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages, sondern auf den der Beschäftigungsaufnahme an (Fortführung der ständigen Senatsrechtsprechung).
2. Ein privater Arbeitsvermittler kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass sich der Beklagte auf Grund von Treu und Glauben im Abrechnungsverfahren auf die Befristung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines nicht berufen dürfe, weil er gehalten gewesen wäre, den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein im Rahmen von § 44 SGB X zu ändern oder einen neuen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein auszustellen.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 13. Oktober 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zahlung einer Vergütung aus einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein in Höhe von 1.000,00 EUR.
Die Klägerin wurde mit Zertifikat vom 21. Februar 2014 bis zum 7. Februar 2018 von einer anerkannten Zertifizierungsstelle als Trägerin nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Fachbereich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung nach § 45 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) zugelassen.
Der vom Sozialgericht mit Beschluss vom 4. Mai 2016 zum Verfahren beigeladene Arbeitslose schloss am 23. Juni 2015 mit der Klägerin einen Vermittlungsvertrag.
Der Beklagte erteilte dem Beigeladenen am 24. Juni 2015 den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein Nr. 221D090996-4 gemäß § 16 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III, gültig vom 26. Juni 2015 bis zum 25. Juli 2015 für die Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Bundesgebiet. Der Gutschein enthielt unter der Überschrift "Was sie bei der Einlösung des Gutscheins weiter beachten müssen:" die folgende Passage:
"Der Gutschein berechtigt Sie zur Auswahl eines zugelassenen Trägers der privaten Arbeitsvermittlung. Die Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung sowie die Beschäftigungsaufnahme hat innerhalb der Gültigkeit des Gutscheins zu erfolgen.
Der Gutschein verfällt bei
- Ablauf der Gültigkeit des Gutscheins
- [...]
[...]
Für die Zahlung der Vermittlungsvergütung an die private Arbeitsvermittlung müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- [...]
- Aufnahme der vermittelten Beschäftigung innerhalb der Gültigkeitsdauer
- [...]"
Der Beigeladene schloss auf Vermittlung der Klägerin mit der Firma R. Deutschland am 21. Juli 2015 einen Arbeitsvertrag mit einer zum 3. August 2015 beabsichtigte Arbeitsaufnahme ab.
Der Beigeladene beantragte am 23. Juli 2015 beim Beklagten unter Hinweis auf die erst nach Ablauf der Gültigkeit des Vermittlungsgutscheins zum 3. August 2015 beabsichtigte Arbeitsaufnahme die Erteilung eines weiteren bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Arbeitsaufnahme gültigen Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines. Mit Schreiben vom 24. Juli 2015 lehnte der Beklagte dies unter Hinweis auf den noch nicht eingelösten und noch bis zum 25. Juli 2015 gültigen Gutschein ab.
Die Firma R. Deutschland - Hannover - bestätigte mit Schreiben vom 25. September 2015 nach sechswöchiger Dauer der Beschäftigung, dass sie auf Vermittlung der Klägerin mit dem Beigeladenen am 21. Juli 2015 einen Arbeitsvertrag abgeschlossen habe und das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis seit dem 3. August 2015 ununterbrochen bestehe.
Am 2. Oktober 2015 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Auszahlung einer Vergütung in Höhe von zunächst 1.000,00 EUR für die Vermittlung des Beigeladenen.
Der Beklagte lehnte die Zahlung mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2016 ab, da der Beigeladene die vermittelte Beschäftigung nicht innerhalb der Gültigkeitsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines aufgenommen habe.
Die Klägerin hat am 1. März 2016 Klage erhoben. Eine erfolgreiche Vermittlung des Beigeladenen sei durch den Abschluss des Arbeitsvertrages innerhalb der Gültigkeitsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines erfolgt. Zudem habe der Beklagte den Anspruch der Klägerin vereitelt, indem er sich geweigert habe, einen neuen Gutschein auszustellen. Sie, die Klägerin, sei daher im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stell...