Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Vergütung für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung. Nichtvorliegen einer Notwendigkeit. ambulante Krankenbehandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Wurde ein Versicherter in einem Krankenhaus stationär behandelt, obwohl dies nicht im Sinne des § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich war, weil eine ambulante Krankenbehandlung ausgereicht hätte, steht dem Krankenhausträger weder ein Vergütungsanspruch nach dem DRG-Fallpauschalensystem noch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch zu; dies gilt auch dann, wenn die ambulante Behandlung für die Krankenkasse höhere Kosten als die stationäre Krankenhausbehandlung verursacht hätte.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.06.2018; Aktenzeichen B 1 KR 59/17 B)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 30. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.169,21 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer im Krankenhaus der Klägerin im Jahr 2014 durchgeführten vollstationären Krankenhausbehandlung.

Bei der 1957 geborenen und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten S. (nachfolgend: Versicherte) wurde im Januar 2013 ein Bronchialkarzinom rechts (Adenotypus , Stadium IV) mit Pleuritis carcinomatosa und malignem Pleuraerguss sowie Verdacht auf Nebennierenmetastasen diagnostiziert, das in dem gemäß § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Krankenhaus der Klägerin behandelt wurde. Am 9. Januar 2013 wurde aufgrund des Pleuraergusses eine Talkumpleurodese durchgeführt. Ferner erhielt die Versicherte vom 14. Februar 2013 bis 19. April 2013 vier Zyklen einer palliativen (Erstlinien-) Induktionstherapie mittels Cisplatin und Pemetrexed (Handelsname: Alimta® ), die komplikationslos und nebenwirkungsfrei verabreicht wurden. Im Zeitraum vom 16. Mai 2013 bis 19. Dezember 2013 erhielt die Versicherte elf Zyklen einer (Zweitlinien-) Erhaltungstherapie, bei der einzig Pemetrexed zum Einsatz kam; auch dabei zeigten sich keine Komplikationen.

Am 8. Januar 2014 verordnete die Hausärztin der Versicherten Dipl.-Med. Z. eine weitere Krankenhausbehandlung aufgrund der Tumorerkrankung. Die Versicherte wurde daraufhin im Zeitraum vom 8. Januar 2014 bis 9. Januar 2014 zwecks Durchführung des zwölften Zyklus der Erhaltungstherapie vollstationär im Krankenhaus der Klägerin behandelt. Nach Aufnahme wurden eine ärztliche Anamnese und Untersuchung durchgeführt, ferner eine Röntgenaufnahme (Thorax, rechtsseitig anliegend, zwei Ebenen), ein EKG, ein Lungenfunktionstest, eine Blutgasanalyse und eine Blutentnahme zur Laboruntersuchung. Im ärztlichen Untersuchungsbogen war vermerkt, dass die Versicherte in gutem Allgemeinzustand unter Angabe von Atemnot bei Belastung erschienen sei. Die Versicherte erhielt sodann 1.000 mg Pemetrexed in Form einer parenteralen Zubereitung (zehnminütige Infusion) sowie als Begleitmedikation u.a. Dexamethason (hier: Fortecortin® ). Im Pendelbogen für den Hausarzt waren als Nebendiagnosen eine arterielle Hypertonie, ein Diabetes mellitus Typ II, ein Zustand nach Appendektomie und Tonsillektomie, eine Psoriasis und eine Tierhaarallergie angegeben; die Chemotherapie sei wiederum komplikationslos verabreicht worden.

Die Klägerin stellte der Beklagten für diese Behandlung unter dem 17. Januar 2014 4.169,21 EUR in Rechnung, wobei sie ausgehend von der Hauptdiagnose C34.9 (nach ICD 10-GM, Version 2014: Bösartige Neubildung der Bronchien und der Lunge, nicht näher bezeichnet) die DRG-Fallpauschale E71B (Neubildungen der Atmungsorgane, ein Belegungstag oder ohne äußerst schwere CC, ohne starre Bronchoskopie oder ohne komplexe Biopsie der Lunge) sowie das Zusatzentgelt ZE53.05 (Gabe von Pemetrexed , parenteral; 1.000 mg bis unter 1.100 mg; fester Betrag in Höhe von 3.326,45 EUR) zugrunde legte.

Die Beklagte bezahlte diese Rechnung unter Vorbehalt und veranlasste eine der Klägerin zuvor angezeigte Fehlbelegungsprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung im Freistaat Sachsen (MDK).

Der MDK führte im Gutachten vom 24. April 2014 aus, dass im betreffenden Fall eine Fehlbelegung vorliege, da die wiederholte Pemetrexed -Infusion aus medizinischer Sicht auch ambulant hätte durchgeführt werden können.

Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 30. April 2014 unter Verweis auf das Gutachten des MDK mit, dass die Rechnung zu beanstanden sei, und verrechnete den gezahlten Betrag mit anderen unstreitigen Forderungen der Klägerin.

Die Klägerin widersprach der Einschätzung des MDK mit Schreiben vom 12. September 2014. Eine stationäre Behandlung der Versicherten sei notwendig gewesen, da Begleiterkrankungen vorgelegen hätten und neben der Chemotherapie klinische Untersuchungen (Röntgen, Lungenfunktionstest usw.) hätten durchgeführt werden müssen.

Am 31. August 2015 hat die Klägerin K...

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