Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes
Orientierungssatz
1. Eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes pauschal um 10 % wegen eines einmalig gezahlten Arbeitsentgeltes nach § 434c Abs. 1 SGB 3 setzt voraus, dass vor Entstehung des Arbeitslosengeldanspruchs zuletzt Arbeitslosengeld und nicht Arbeitslosenhilfe gezahlt wurde.
2. Der Gesetzgeber wollte lediglich bei den beitragsfinanzierten Entgeltersatzleistungen, deren Höhe sich nach dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt bemisst, die Berücksichtigung von Einmalzahlungen sicherstellen, nicht aber bei der steuerfinanzierten Arbeitslosenhilfe.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 05.10.2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe von Arbeitslosengeld.
Die 1942 geborene Klägerin bezog bis zur Erschöpfung ihres Anspruchs am 19. Februar 2000 Arbeitslosengeld und anschließend ab dem 20. Februar 2000 Anschlussarbeitslosenhilfe, jeweils nach einem gerundeten Bemessungsentgelt von 810,00 DM. Vom 15. Mai 2000 bis zum 14. Mai 2002 war sie in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme tätig. Im Zeitraum vom 15. Mai 2001 bis zum 14. Mai 2002 erhielt die Klägerin ein Bruttoarbeitsentgelt einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld in Höhe von 24.615,28 DM (bis zum 31. Dezember 2001) und 7.051,96 € (ab dem 1. Januar 2002), insgesamt 19.637,55 €.
Am 15. Mai 2002 meldete sich die Klägerin arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.
Ab dem 15. Mai 2002 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 3. Juni 2002 für 420 Kalendertage Arbeitslosengeld nach dem Bemessungsentgelt für die zuletzt bezogene Arbeitslosenhilfe (entspricht gerundet 415,00 €) in Höhe von 23,11 € täglich (Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz).
In ihrem Widerspruch monierte die Klägerin u. a., dass bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes die Einmalzahlungen nicht berücksichtigt worden seien.
Durch Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das im Bemessungszeitraum vom 15. Mai 2001 bis zum 14. Mai 2002 bezogene Arbeitsentgelt einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld ergebe lediglich ein Regelbemessungsentgelt von 377,64 €. Da das für die zuletzt bezogene Arbeitslosenhilfe maßgebliche Bemessungsentgelt höher gewesen sei, werde es der Bemessung des Arbeitslosengelds nach § 133 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zu Grunde gelegt.
Hiergegen richtet sich die am 18. Juli 2002 unter Verweis auf § 434c SGB III erhobene Klage. Danach sei das Bemessungsentgelt pauschal um 10 % zu erhöhen. Die Klägerin habe im 3-Jahres-Zeitraum des § 133 SGB III vor dem 15. Mai 2002 nicht nur Arbeitslosenhilfe, sondern auch Arbeitslosengeld bezogen, bei dessen Bemessung Einmalzahlungen hätten berücksichtigt werden müssen.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 5. Oktober 2006 den Bescheid vom 3. Juni 2002 dahingehend abgeändert, dass das Bemessungsentgelt pauschal um 10 % erhöht werde. Die Erhöhung ergebe sich aus § 434c Abs. 1 SGB III und der Auslegung dieser Vorschrift durch das Bundessozialgericht in dessen Urteil vom 21. Juli 2005 (B 11a/11 AL 37/04 R). Die Klägerin habe nach einer bis zum 30. April 1997 absolvierten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ab dem 1. Mai 1997 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt, dessen zu Grunde liegendes Bemessungsentgelt nach § 434c Abs. 1 Satz 1 SGB III um 10 % zu erhöhen sei. Nach Sinn und Zweck des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes, auf das § 434c SGB III zurückgehe, sei jedes Bemessungsentgelt, das aus einer Zeit stamme, in der Einmalzahlungen noch nicht berücksichtigt worden seien, spätestens ab dem 22. Juni 2000 pauschal um 10 % zu erhöhen. Es entspräche der Konzeption des Gesetzgebers, die leistungsrechtliche Berücksichtigung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt beim Arbeitslosengeld ohne Ausnahme in pauschalierter Form sicherzustellen. Dies geschehe, indem das über § 133 SGB III heranzuziehende “alte„ Bemessungsentgelt für den ab dem 1. Mai 1997 entstandenen Arbeitslosengeldanspruch um 10 % erhöht werde.
Die Beklagte hat gegen das Urteil am 20. März 2007 Berufung eingelegt. Der vom Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 21. Juli 2005 entschiedene Fall sei mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar, da die dortige Klägerin vor der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme Arbeitslosengeld bezogen habe. Soweit das Bundessozialgericht in einem anderen Urteil vom 30. April 2003 (B 11 AL 45/02 R) in Bezug auf die Bemessung von Unterhaltsgeld nach Maßgabe des § 434c Abs. 3 Satz 3 SGB III entschieden habe, dass das dem beitragsfinanzierten Unterhaltsgeld zu Grunde liegende Bemessungsentgelt auch im Falle des Vorbezugs von Arbeitslosenhilfe pauschal um 10 % zu erhöhen sei, könne dem nicht gefolgt werden. Eine Differenzierung danach, ob ein Vorbezug von Arbeitslosenhilfe oder von Arbeitslosengeld vorliege, sei sach...