Entscheidungsstichwort (Thema)
Integrationshelfer. Eingliederungshilfe. Schulpflicht. Schule in private Trägerschaft. Grundschule. Förderschule. Eingliederungshilfe für Kosten eines Integrationshelfers
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Sozialhilfeträger braucht die Kosten eines Integrationshelfers, die einem behinderten Schüler durch den Besuch einer Privatschule entstehen, im Rahmen des Mehrkostenvorbehalts nach § 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG grundsätzlich nicht zu tragen.
2. Eine Ausnahme zu diesem Grundsatz kommt nur dann in Betracht, wenn der Besuch einer öffentlichen Schule aus objektiven Gründen oder aus schwerwiegenden persönlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist.
Normenkette
BSHG § 3 Abs. 2 S. 3, § 39 Abs. 1, § 40 Abs. 1 Nr. 4; EingliederungsVO § 12; SchulG § 30 Abs. 1-2; GG Anl 3 Abs. 3 S. 2; GG Anl 6 Abs. 2; GG Anl 7 Abs. 2
Verfahrensgang
VG Chemnitz (Urteil vom 21.08.2003; Aktenzeichen 5 K 1641/01) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 21. August 2003 – 5 K 1641/01 – geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte wendet sich gegen ein Urteil, durch das sie verpflichtet wurde, die Kosten eines Integrationshelfers für den Besuch einer privaten Montessori-Grundschule durch den Kläger im Rahmen der Eingliederungshilfe zu tragen.
Der … geborene Kläger ist geistig behindert. Vom Frühjahr 1998 bis August 2001 besuchte er eine integrative Kindertagesstätte in C.. Während dieser Zeit erhielt er Eingliederungshilfe (§§ 39, 40 BSHG) zur Einzelintegration.
Nachdem die Eltern des von der Einschulung zunächst zurückgestellten Klägers mehrfach den Wunsch geäußert hatten, ihr Kind integrativ zu beschulen, was sowohl der Leiter der örtlichen Grundschule G. als auch das Regionalschulamt C. u.a. unter Hinweis auf organisatorische Schwierigkeiten ablehnten, beantragten die Eltern im April 2001 beim Sozialamt der Beklagten die Stellung eines Integrationshelfers für den Besuch der Montessori-Grundschule (nebst Hort) als Eingliederungshilfe.
Zuvor waren mehrere Schuluntersuchungen des Klägers vorgenommen worden; auch hatten die Eltern des Klägers im März 2001 die Förderschule für geistig Behinderte „J. K.” besichtigt und sich über den Lehrplan dieser Schule erkundigt.
Anfang Mai 2001 befürwortete das Gesundheitsamt der Beklagten nach einer Untersuchung des Klägers eine „zusätzliche personelle Betreuung zur Integration des Kindes in (die) Montessori-Schule während des Frontalunterrichts – z.Zt. 10h/Woche”. Der Kläger weise eine geistige Behinderung auf und gehöre zum Personenkreis des § 39 BSHG.
Mit Bescheid vom 14.5.2001 stellte das Regionalschulamt C. fest, dass der Kläger einen erhöhten sonderpädagogischen Förderschulbedarf habe und an der Förderschule für geistig Behinderte zu beschulen sei.
Einen gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch nahmen die Eltern des Klägers nach einem telefonischen Hinweis des Regionalschulamts – es handele sich nicht um einen Schulzuweisungsbescheid, sondern nur um die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs – zurück.
Durch Bescheid vom 31.5.2001 (ausgehändigt am 7.6.2001 an die Mutter des Klägers) lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für einen Integrationshelfer zum Besuch der 1. Klasse der Montessori-Grundschule ab. Zur Begründung verwies sie auf die Verpflichtung des Klägers, die Förderschule zu besuchen, den Nachrang der Sozialhilfegewährung (§ 2 Abs. 1 BSHG) sowie auf den Mehrkostenvorbehalt des § 3 Abs. 2 BSHG. Den dagegen am 2.7.2001 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.8.2001 (zugestellt am 15.8.2001) zurück; die Kosten für einen Integrationshelfer gehörten nicht zum sozialhilferechtlichen Bedarf, weil der Kläger zum Besuch der Förderschule verpflichtet sei.
Bereits am 22.6.2001 schlossen die Eltern des Klägers mit dem Montessori-Verein C. e.V. einen Schulvertrag, der u.a. ein monatliches Schulgeld in Höhe von 97,00 DM vorsah. Eine Regelung über die Stellung eines Integrationshelfers enthält der Schulvertrag nicht.
Unter dem 23.11.2001 erließ das Regionalschulamt einen „klarstellenden” Bescheid des Inhalts, dass der Kläger sonderpädagogischen Förderbedarf für den Besuch einer Förderschule für geistig Behinderte aufweise. Eine Schulzuweisung sei durch den Bescheid vom 14.5.2001 nicht erfolgt. Der genannte Bescheid stehe einer integrativen Beschulung nicht entgegen, sondern sei Voraussetzung einer solchen Beschulung. Eine abschließende Entscheidung habe noch nicht ergehen können, weil die Montessori-Grundschule nicht über das notwendige Personal verfüge und über die Gewährung von Eingliederungshilfe bislang nicht entschieden worden sei.
Mit Datum vom 13.12.2001 erließ das Regionalschulamt einen Bescheid, nach dem der Kläger „im Schuljahr 2001/2002 integrativ an der Montessori-Schule C. in der Klassenstufe 1 unter folgend...