Leitsatz

  • Anbringung einer Parabolantenne auf dem Dach oder im Garten als nachteilige bauliche Veränderung

    Verwalterzustimmung zu baulicher Veränderung (ersetzende Beschlussfassung)

 

Normenkette

§ 14 Nr. 1 WEG, § 16 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG

 

Kommentar

Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat entschieden:

1. Bei der Anbringung einer Parabolantenne auf dem Dach oder im Garten einer Wohnanlage handelt es sich um eine bauliche Veränderung, die gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 WEG der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer bedarf (da sie weder der Instandhaltung noch der Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums dient).

Die Anbringung der Satellitenantenne bedeute im vorliegenden Fall eine nicht nur ganz unerhebliche Beeinträchtigung oder Gefährdung der Rechte anderer Eigentümer i. S. des § 14 Nr. 1 WEG. Ein Nachteil läge in der ästhetischen Beeinträchtigung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage (h. M.).

Diese Beeinträchtigung sei ohne Rechtsverstoß von den Vorinstanzen aufgrund Augenscheinseinnahme der Örtlichkeit bejaht worden. Im vorliegenden Fall seien die drei Parabolspiegel deutlich sichtbar gewesen, sodass die Veränderung schon begrifflich nicht als ganz geringfügig eingestuft werden könne. Darüber hinaus sei zu bedenken, dass im Zuge der Gleichbehandlung der übrigen Eigentümer gleiche oder ähnliche Anlagen zugelassen werden müssten; spätestens dann aber wäre das Erscheinungsbild der Wohnanlage ganz erheblich beeinträchtigt.

Heute gehöre auch der Satellitenempfang noch nicht zum allgemein üblichen Wohnkomfort mit entsprechenden Duldungspflichten der anderen Eigentümer; zum üblichen Standard gehöre nach wie vor nur der Empfang der gängigen Rundfunk- und Fernsehprogramme mittels herkömmlicher Antennen (ARD und ZDF). Überdies könne der Empfang der Privatsender RTL und SAT 1 ohne nennenswerten Aufwand durch die Anbringung weiterer Teile an die vorhandene Gemeinschaftsantenne ermöglicht werden.

Ebensowenig gebiete das in Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG verankerte Recht auf Informationsfreiheit, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten, dass die Beeinträchtigung durch die Parabolantennen hingenommen werden müsste (vgl. auch BayObLG Z 1991, 296). Auch ein Recht ausländischer Mitbürger, sich durch Sender ihres Heimatlandes oder solcher, die Programme ihres Sprach- und Kulturkreises ausstrahlten, zu informieren, finde dort seine Grenze, wo dies nur durch Maßnahmen ermöglicht werden könnte, durch die die Rechte anderer beeinträchtigt würden.

Mithin sei die Gestattung der Anbringung von Parabolantennen einem Mehrheitsbeschluss entzogen; der dennoch gefasste Mehrheitsbeschluss sei auf die rechtzeitig erklärte Anfechtung hin für ungültig zu erklären.

2. Bestimmt die Gemeinschaftsordnung, dass bauliche Veränderungen nur mit schriftlicher Einwilligung des Verwalters vorgenommen werden dürften, stelle eine solche Vereinbarung keine Erleichterung gegenüber § 22 Abs. 1 WEG dar, sondern eine Erschwerung. Die Zulässigkeit baulicher Veränderungen werde hier nicht nur von der Zustimmung der beeinträchtigten anderen Wohnungseigentümer, sondern zusätzlich von der schriftlichen Zustimmung des Verwalters abhängig gemacht. Mit einer solchen Entscheidung sollten die Interessen der anderen Wohnungseigentümer über das sonst gegebene Maß hinaus gegen Maßnahmen geschützt werden, die ein Wohnungseigentümer eigenmächtig unter Berufung darauf vornehme, andere Eigentümer würden nicht beeinträchtigt und müssten daher nicht einverstanden sein.

Sehe die Gemeinschaftsordnung zusätzlich vor, dass die Verweigerung der Verwaltereinwilligung durch einen Eigentümerbeschluss ersetzt werden könne, sei dem nicht zu entnehmen, dass die gesetzliche Regelung des § 22 Abs. 1 WEG zugunsten einer Mehrheitsentscheidung abbedungen sei; dies hätte vielmehr einer eindeutigen Regelung bedurft (ebenso KG Berlin, WE 1991, 328). Eine solche Vereinbarung lege keineswegs den Schluss zwingend nahe, dass ein Mehrheitsbeschluss ausreiche; im Gegenteil stütze diese Bestimmung die hier vertretene Ansicht. Die einschlägige Vereinbarung befasse sich allein in Abweichung von § 16 Abs. 3 WEG mit der Kostentragungspflicht für bauliche Veränderungen oder Verbesserungen des gemeinschaftlichen Eigentums, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung nicht hinausgingen. Solche Maßnahmen könne jedoch die Wohnungseigentümerversammlung ohnehin kraft Gesetzes mit bloßer Stimmenmehrheit beschließen.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Zweibrücken, Beschluss vom 29.06.1992, 3 W 30/92= ZMR 92, 458)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Beachte jedoch die nachfolgende modifizierende Rechtsprechung, insbesondere des BVerfG auch zum WE-Recht!

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