Rz. 3
Ein Anspruchsübergang von Unterhaltsansprüchen oder anderen Rechtsansprüchen nach Abs. 1 bewirkt, dass der Anspruchsinhaber nicht mehr selbst verfügungsbefugt ist. Diese Befugnis geht kraft Gesetzes auf das Jobcenter der gemeinsamen Einrichtung bzw. des zugelassenen kommunalen Träger über, der/die Gläubiger/in des Anspruchs wird. Die Grundsicherungsstelle hat innerhalb des Abs. 1 keinerlei Entscheidungsgewalt. Sie ist vielmehr verpflichtet, übergegangene Ansprüche (ggf. nach Maßgabe des Abs. 3) zu verfolgen. Ein Anspruchsübergang muss dazu nicht durch Verwaltungsakt bewirkt werden (Bay. LSG, Urteil v. 14.5.2018, L 11 AS 160/17). Die Regelungen entsprechen weitgehend § 94 SGB XII zum Übergang von Unterhaltsansprüchen. Zum Übergang anderer Ansprüche per Überleitungsanzeige vgl. § 93 SGB XII.
Rz. 3a
Ein Anspruchsübergang nach Abs. 1 findet auch bei Mietminderungsberechtigung wegen eines Ausfalls der Gasversorgung statt, durch den in einer Wohnung weder Heizung und Warmwasser noch der Gaskochherd benutzt werden können. Überzahlter Mietzins geht als bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Erstattung des überzahlten Mietzinses auf das Jobcenter über (AG Nürnberg, Urteil v. 22.3.2017, 16 C 127/16, vgl. auch LG Hamburg, Urteil v. 31.5.2016, 316 S 81/15).
Rz. 4
Der Übergang eines Anspruchs des Leistungsberechtigten nach Abs. 1 setzt voraus, dass durch das Jobcenter selbst Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes erbracht worden sind. Das sind insbesondere das Alg II, das Sozialgeld und Leistungen nach den §§ 26 bis 28. Anders als bei den Ersatzansprüchen nach §§ 34 bis 34c kommt es für die Rechtmäßigkeit des Übergangs nicht darauf an, ob die Leistungen rechtmäßig erbracht worden sind oder nicht. Dies ist für den Fall einsichtig, in dem die Leistung des Dritten dazu geführt hätte, dass Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II nicht gewährt worden wären. Zu Lasten des Verpflichteten dürfte ein Übergang aber nicht stattfinden, wenn die Leistungen ohnehin auch aus anderen Gründen nicht hätten gezahlt werden dürfen. In diesen Fällen muss sich das Jobcenter an den Leistungsempfänger halten und die Rücknahme/Aufhebung nach den §§ 45 ff. SGB X sowie § 40 prüfen, die Ansprüche des Leistungsempfängers gegen Dritte bleiben unberührt.
Rz. 5
Abs. 1 unterscheidet nicht nach erwerbsfähigen und nicht erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Bedarfsgemeinschaft, sondern schließt alle Empfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ein. Das ist seit 1.1.2009 durch die Einfügung des Satzes 2 klargestellt, der den Umfang des übergegangenen Anspruchs präzisiert. Darüber hinaus wird durch Satz 2 klargestellt, dass auch Leistungen an Personen von dem Anspruchsübergang erfasst werden können, die mangels Hilfebedürftigkeit nicht zur Bedarfsgemeinschaft, aber zur Haushaltsgemeinschaft gehören. Unterhaltsansprüche gehen nach § 33 nicht bezüglich der Bedarfsgemeinschaft über, sondern bezüglich einzelner Leistungsberechtigter (Bay. LSG, Urteil v. 30.4.2015, L 7 AS 634/13).
Rz. 6
Während ein nach Aktenlage des Jobcenters möglicher Anspruch des Leistungsempfängers gegen einen Dritten für eine wirksame Überleitungsanzeige ausreicht, kommt es beim gesetzlichen Übergang darauf nicht an. Ist der Leistungsempfänger nicht mehr Anspruchsinhaber, weil er z. B. auf seinen Anspruch rechtswirksam verzichtet hat, kann der Anspruch nicht (mehr) übergehen.
Rz. 7
Anderer i. S. d. Abs. 1 ist jede natürliche oder juristische Person, die nicht selbst Leistungsträger gemäß § 12 SGB I ist. Rechtsgrund und Rechtsnatur des Anspruchs sind bedeutungslos.
Rz. 7a
Ist ein Anspruch übergegangen, gilt zugunsten von Trägern öffentlicher Sozialleistungen das Aufrechnungsverbot des § 394 BGB i. V. m. § 850b Abs. 1 Nr. 2 ZPO (BGH, Beschluss v. 8.5.2013, XII ZB 192/11).
Rz. 8
Abs. 1 setzt voraus, dass der übergegangene Anspruch auf den Zeitraum entfällt, für den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gezahlt worden sind, auch wenn die Zahlungen selbst außerhalb des betroffenen Zeitraumes erfolgt sind. Zumindest muss ein solch enger Zusammenhang bestehen, dass fehlende zeitliche Übereinstimmung allein auf Anrechnungsmodalitäten beruht. Es kann auch ein Anspruch auf eine einmalige Leistung übergehen, selbst wenn nur laufende Leistungen erbracht worden sind. Der Höhe nach sind die Ansprüche auf die Höhe der gezahlten Leistungen begrenzt.
Rz. 9
In der Literatur wird die Möglichkeit des Übergangs von Ansprüchen auf Rückforderung von Schenkungen (§ 528 BGB) bejaht. Die dafür geltenden Grenzen zur Sicherung des eigenen Lebensunterhaltes treten aufgrund des begrenzten Anspruches auf Grundsicherung nicht in Kollision zu Abs. 1. Für das Sozialhilferecht wurde im Zusammenhang mit der Überleitung eines Schenkungsrückforderungsanspruches entschieden, dass eine versäumte Anhörung des Gläubigers des übergeleiteten Anspruches nach § 24 SGB X nicht zur Rechtswidrigkeit der Überleitungsanzeige in Bezug auf den Schuldner des übergeleiteten Anspruchs führt (Bay. LSG, Ur...