Rz. 24
Abs. 4 ändert zunächst nichts daran, dass Leistungsansprüche nach Abs. 1 kraft Gesetzes übergehen. Die Vorschrift räumt dem nach dem SGB II zuständigen Jobcenter aber die Möglichkeit ein, den übergegangenen Anspruch mit dessen Einverständnis auf den Leistungsberechtigten zurückzuübertragen. Die Rückübertragung steht im Ermessen der Jobcenter. Sie ist davon abhängig, dass der Anspruch durch den Berechtigten selbst gerichtlich geltend gemacht wird. Ein anderer Zweck ist für eine Rückübertragung nicht zulässig. Zugleich kann sich das Jobcenter den Anspruch abtreten lassen. Auch dies liegt in seinem Ermessen. Der Rückübertragung mit Abtretung liegt ein Auftragsverhältnis nach § 662 BGB zugrunde. Der Leistungsberechtigte wird durch die Rückübertragung wieder vollständiger Inhaber seines Anspruchs.
Wenn die Übertragung der Aktivlegitimation i. S. v. Abs. 4 Satz 1 durch die Bundesagentur für Arbeit eine gewillkürte Prozessstandschaft nach einer Einziehungsermächtigung darstellen soll, scheidet grundsätzlich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus, denn § 114 ZPO soll die Durchsetzung eigener Rechtspositionen ermöglichen, aber nicht fremdnützige Prozesse finanzieren (LSG Nürnberg, Beschluss v. 16.2.2021, 3 Ta 8/21).
Rz. 25
Die Ermessensentscheidung nach Abs. 4 ist zweckmäßigerweise als eine gemeinsame Entscheidung zu treffen, durch die über die Rückübertragung und die Abtretung in einer Gesamtschau entschieden wird. Ermessenserwägungen sind öffentlich-rechtliche Grundsätze wie der Nachrang der Leistungen nach dem SGB II und die Beachtung des Grundsatzes von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Diese Erwägungen sind auf den Erfolg einer Verfolgung des Anspruchs durch den Leistungsempfänger nach dem SGB II selbst ausgerichtet. Daneben sind Erwägungen anzustellen, die das Interesse aller beteiligten Stellen betreffen, z. B. das Interesse der Jugendämter, die ggf. bei der Geltendmachung behilflich sind und Unterhaltsvorschüsse gezahlt haben. Dies wirkt sich ggf. auf den Umfang der Abtretung von Ansprüchen aus. Herausragender Gesichtspunkt ist aber die Erhaltung des Familienfriedens, wenn Unterhaltsansprüche betroffen sind. Dabei hat sich die Grundsicherungsstelle an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu halten; nicht selten wird sich die Verfolgung des Anspruchs durch den Berechtigten selbst als das mildere Mittel prognostizieren lassen. Weiterhin ist zu erwägen, ob und ggf. inwieweit der Berechtigte weitere Ansprüche verfolgen will. Die Rückübertragung kann widerrufen werden, wenn der Leistungsberechtigte seinen Verpflichtungen aus der Rückübertragung nicht nachkommt. Das Jobcenter darf im Übrigen den Abschluss des gerichtlichen Verfahrens nicht von seiner Zustimmung abhängig machen.
Rz. 26
Abs. 4 Satz 2 verpflichtet Jobcenter bzw. zugelassenen kommunalen Träger zur Übernahme der Kosten einer gerichtlichen Geltendmachung. Hiervon werden alle Kosten erfasst, die nach der Rückübertragung mit dem Ziel der gerichtlichen Geltendmachung anfallen, auch wenn es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung nicht mehr kommt. Auf einen Erfolg der Klage kommt es nicht an. Das Jobcenter muss auch keine gesonderte Kostenübernahmeerklärung abgeben. Der Leistungsberechtigte ist von allen Kosten freizustellen, die den rückübertragenen Anspruch betreffen. In der Literatur ist überwiegend anerkannt und durch die Rechtsprechung entschieden, dass Betroffenen ein Prozesskostenvorschuss zusteht (vgl. dazu auch BGH, Urteil v. 2.4.2008, XII ZB 266/03). Die gesetzliche Kostenübernahmeverpflichtung ist demnach gleichzeitig als Vorschusspflicht i. S. v. § 669 BGB zu verstehen.
Rz. 27
Abs. 4 Satz 3 ist eine Folgeregelung des Umstands, dass bürgerlich-rechtliche Unterhaltsansprüche zivilgerichtlich geltend zu machen sind. Die Zivilgerichte haben ohnehin zu prüfen, ob Ansprüche nach § 33 übergegangen sind. Abs. 4 Satz 3 schließt den unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch ein.