Rz. 53
Abs. 6 definiert, in welchen Fällen ein witterungsbedingter Arbeitsausfall vorliegt. Dies ist nach Abs. 6 Satz 1 dann der Fall, wenn
- dieser ausschließlich durch zwingende Witterungsgründe verursacht ist und
- an einem Arbeitstag mindestens einer Stunde der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit ausfällt (Ausfalltag).
Der Ausfalltag kann auch die Zusammenrechnung mehrerer kürzerer Ausfallzeiten erreicht werden (Krodel, in: Niesel, SGB III, § 101 Rz. 39). Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeitsausfall in der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit liegt. Ausfallzeiten, die einen Mehrarbeitszeitraum umfassen, werden nicht berücksichtigt. Regelmäßige betriebliche Arbeitszeit ist die Arbeitszeit, die nach der Übung im Betrieb die Gruppe zu leisten hat, der der betroffenen Arbeitnehmer angehört (Krodel, a. a. O.). Bei Arbeitszeitschwankungen, die aus betrieblichen flexiblen Arbeitszeitmodellen resultieren, sind grundsätzlich alle Stunden als betriebliche Arbeitszeit anzusehen (Mutschler, in: NK-SGB III, § 101 Rz. 90).
Rz. 54
Zwingende Witterungsgründe liegen nur vor, wenn atmosphärische Einwirkungen (insbesondere Regen, Schnee, Frost) oder deren Folgewirkungen die Fortführung der Arbeiten technisch unmöglich, wirtschaftlich unvertretbar oder für die Arbeitnehmer unzumutbar machen. Auch die Gefahr von Witterungseinwirkungen genügt, wenn mit hinreichender Sicherheit, z. B. auf Basis von Wettervorhersagen, die Arbeiten nicht fortgeführt werden können oder der Erfolg der Arbeit wahrscheinlich vereitelt werden würde (Bieback, in: BeckOK SGB III, § 101 Rz. 25). Zwingende Witterungsgründe müssen die alleinige Ursache des Arbeitsausfalls sein und sich unmittelbar auf die Arbeiten auf der Baustelle auswirken. Wenn Vorarbeiten witterungsbedingt verspätet fertig gestellt werden, ist der Ausfall der nachfolgenden Arbeiten nicht unmittelbar witterungsbedingt (Krodel, in: Niesel, SGB III, § 175 Rz. 34). Ein ausschließlich auf zwingenden Witterungsgründen beruhender Arbeitsausfall kann nur dann angenommen werden, wenn vom Betrieb die besonderen Arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen an witterungsabhängige Arbeitsplätze nach Abs. 6 Satz 3 getroffen wurde.
Rz. 55
Der Arbeitsausfall ist nur dann ausschließlich durch zwingende witterungsbedingte Gründe verursacht, wenn die Tätigkeit an dem jeweiligen Arbeitsplatz unmittelbar von entsprechenden Einwirkungen betroffen ist und die Fortführung der auf einer konkreten Baustelle begonnenen Arbeiten unmöglich oder unzumutbar ist. Voraussetzung ist dabei, dass die Bauarbeiten auf einer konkreten Baustelle bereits begonnen wurden und nicht im Planungsstadium steckengeblieben sind (vgl. Bieback, in: BeckOK SGB III, § 101 Rz. 24 m. w. N.). Notwendig ist dazu, dass die Baustelle schon weitgehend eingerichtet und alle sonstigen technischen und organisatorischen Vorkehrungen für die Aufnahme der Arbeit abgeschlossen waren (vgl. Bieback, a. a. O., m. w. N.). Allein die Prüfung, ob die Witterung in Zukunft das Bauen zulässt, stellt noch keinen Baubeginn dar (BSG, SozR 3-4100 § 84 Rz. 2). In folgenden Fällen liegt nach der Praxis der Bundesagentur für Arbeit kein witterungsbedingter Arbeitsausfall vor:
- Arbeitsausfall, der nur mittelbar durch Witterungsgründe verursacht wird,
- Ausbleiben von Materiallieferungen für eine Baustelle,
- Arbeitsausfall bei Zuliefer-Betriebsteilen,
- Bauherr untersagt, die Arbeiten auf der Baustelle fortzuführen.
Rz. 56
Folgewirkungen ungünstiger Witterungsverhältnisse stehen den unmittelbaren atmosphärischen Einwirkungen gleich. Diese liegen auch vor, wenn die atmosphärischen Einwirkungen, durch die sie entstanden sind, im Baustellenbereich nicht aufgetreten waren.
Rz. 57
Die Fortführung der Arbeiten muss nach Abs. 6 Satz 2 technisch unmöglich, wirtschaftlich unvertretbar oder für die Arbeitnehmer unzumutbar sein. Technisch unmöglich ist die Fortsetzung der Arbeiten, wenn der Betrieb mit den ihm zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmitteln außerstande ist, die begonnenen Arbeiten fortzuführen (Krodel, in: Niesel, SGB III, § 101 Rz. 35; Bieback, in: BeckOK SGB III, § 101 Rz. 31). Technisch unmöglich ist die Fortführung der Arbeiten auch dann, wenn die Arbeiten zwar durchgeführt werden könnten, ihr Erfolg jedoch durch unmittelbar bevorstehende Witterungseinflüsse offenbar nicht erreicht werden kann (Krodel, a. a. O.).
Rz. 58
Wirtschaftlich vertretbar ist eine Maßnahme, wenn die Arbeit durch einfache Schutzvorkehrungen (z. B. durch Abdeckung von Baumaterialien oder das Tragen von Schutzkleidung) fortgeführt werden kann. Maßnahmen sind aber dann nicht wirtschaftlich unzumutbar, wenn mit ihnen zwar kein zusätzlich Gewinn erzielt wird, jedoch über die variablen und zusätzlichen Kosten des Winterbaus hinaus auch ein Anteil an den Fixkosten erwirtschaftet wird.
Rz. 59
Für die Arbeitnehmer unzumutbar ist die Fortführung der Arbeiten dann, wenn diese trotz des Einhaltens der geforderten Arbeitsschutzvorschriften zu hohe Sicherheitsrisiken eingehen müssten oder eine zu hohe Ar...