2.1 Fiktion der Anspruchsvoraussetzungen nach Abs. 1
Rz. 3
§ 137 kennzeichnet das Alg als Entgeltersatzleistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Die weitere Differenzierung unterscheidet lediglich nach dem Anlass, aus dem das Alg gewährt wird. Es wird Alg nach § 144 gewährt, obwohl die Anspruchsvoraussetzungen für die Versicherungsleistung nicht vollständig erfüllt sind und gerade auch wegen der beruflichen Weiterbildung nicht vollständig erfüllt werden können. Den Grundsatz dafür stellt Abs. 1 auf. Eine gesonderte Leistung zum Lebensunterhalt während der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme wird nach dem Wegfall des früheren Unterhaltsgeldes nicht mehr erbracht. Das vereinfacht die Leistungserbringung erheblich.
Rz. 4
Die Anspruchsvoraussetzungen werden nach Abs. 1 nur insoweit fingiert, als sie nur deshalb nicht vorliegen, weil der Arbeitnehmer an einer nach § 81 geförderten Maßnahme teilnimmt. Der Anspruch auf Alg entsteht also nicht wegen der Teilnahme an der Maßnahme. Vielmehr müssen zunächst die teilnahmeunabhängigen Voraussetzungen vorliegen, damit die übrigen fingiert werden können. Dies geschieht, soweit ein kausaler Zusammenhang mit der Weiterbildungsmaßnahme vorliegt. Die Vorschrift kann auch auf das Teil-Alg angewendet werden. Die Anwendung des Abs. 1 ist ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen des § 81 nicht vorliegen. Das ist meist bei nebenberuflicher Weiterbildung der Fall. Nur bei einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung, die ursächlich dafür ist, dass die Anspruchsvoraussetzungen für das Alg bei Arbeitslosigkeit entfallen, kommt Alg wegen beruflicher Weiterbildung nach Abs. 1 in Betracht. Dafür reicht ein ausgestellter und eingelöster Bildungsgutschein ggf. allein nicht aus. Der Arbeitnehmer muss die Weiterbildungsmaßnahme auch tatsächlich durchführen und konkret eine Förderung aufgrund des § 81 erhalten (im Normalfall vom ersten bis zum letzten Tag mit Unterrichtsveranstaltungen). Alg bei beruflicher Weiterbildung wird also nicht bei jeder beruflichen Weiterbildungsmaßnahme gewährt, sondern nur dann, wenn die dafür in § 81 Abs. 1 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Die berufliche Weiterbildung muss demnach insbesondere notwendig sein, es bedarf einer Beratung durch die Agentur für Arbeit und sowohl der Träger als auch die Maßnahme selbst muss für die berufliche Weiterbildung zugelassen sein. Ein Anspruch auf Alg nach § 144 entsteht aber auch dann nicht, wenn die nach § 81 geförderte Maßnahme berufsbegleitend ausgestaltet ist. Um eine berufsbegleitende Maßnahme handelt es sich z. B. bei einer Teilnahme am Fernunterricht mit einer durchschnittlichen Unterrichtszeit von 8 Stunden pro Woche. In der Regel werden dann die Voraussetzungen für das Alg bei Arbeitslosigkeit weiterhin erfüllt. Schränkt sich der Arbeitslose in zulässiger Weise auf zukünftige Teilzeitarbeit ein, die der Verfügbarkeit nicht entgegensteht, kommt ein Anspruch auf Alg bei beruflicher Weiterbildung nicht in Betracht, es besteht Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit (vgl. LSG Hamburg, Urteil v. 8.2.2017, L 2 AL 77/16).
Rz. 5
Abs. 1 geht von dem Regelfall aus, dass der Arbeitnehmer arbeitslos ist und Alg bei Arbeitslosigkeit bezieht. Tritt er nunmehr in eine berufliche Weiterbildungsmaßnahme ein, die nach § 81 gefördert wird, können die dadurch entfallenden Anspruchsvoraussetzungen fingiert werden. Einer erneuten persönlichen Arbeitslosmeldung bedarf es in diesen Fällen nicht. Der Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit setzt diese ja bereits voraus. Die Tatsache der Arbeitslosigkeit ändert sich durch den Eintritt in die Maßnahme nicht. Die Fiktion des § 16 Abs. 2 (Teilnehmer an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik gelten nicht als arbeitslos) spielt dabei keine Rolle. Ebenso ist eine gesonderte Antragstellung für die Zeit ab dem Beginn der Weiterbildungsmaßnahme nicht erforderlich, weil weiterhin Alg begehrt wird. Über die Bewilligung von Alg wird einheitlich entschieden, gleich, ob es sich um Alg bei Arbeitslosigkeit oder bei beruflicher Weiterbildung handelt. Im Regelfall ist auch die Anwartschaftszeit erfüllt, weil der Leistungsberechtigte nur deshalb bis zum Eintritt in die Maßnahme Alg erhalten konnte. Das wäre nur dann nicht der Fall, wenn am Tage des Eintritts in die Maßnahme der Alg-Anspruch erschöpft wäre; in diesem besonderen Fall besteht kein Anspruch auf Alg bei beruflicher Weiterbildung, weil eine erneute Anwartschaftszeit nicht fingiert wird.
Rz. 6
Die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit reicht über die in der persönlichen Arbeitslosmeldung enthaltenen Aussage über Beschäftigungslosigkeit hinaus. Diese wird grundsätzlich nur dann nicht angenommen werden können, wenn der Maßnahmeteilnehmer neben der Weiterbildung eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausübt, die Beschäftigungslosigkeit unabhängig von der Weiterbildung ausschließt. Der Teilnehmer steht aber regelmäßig der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, weil neben der Teilnahme an der (nicht nur berufsbeglei...