Rz. 9
Abs. 1 Satz 3 und 4 suspendiert den Arbeitnehmer von der persönlichen Arbeitslosmeldung, wenn und solange ihm dies aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigung nicht möglich ist, z. B. wegen eines stationären Aufenthaltes im Krankenhaus. Die Agenturen für Arbeit unterstellen in solchen Fällen einen gewöhnlichen Aufenthaltsort im Krankenhaus. Der Vertreter wird der Agentur für Arbeit eine Vollmacht und eine ärztliche Bescheinigung vorlegen können und müssen, in besonderen Ausnahmefällen kann aber nach Sinn und Zweck der Vorschriften selbst darauf verzichtet werden, wenn der Arbeitslose zur Legitimation nicht in der Lage ist. Kann der Arbeitnehmer einen Vertreter nicht bevollmächtigen, was unter Umständen auch aufgrund seines Gesundheitszustandes unmöglich sein kann, darf die Agentur für Arbeit die Arbeitslosmeldung alternativ auch im Krankenhaus entgegennehmen. Der Arbeitslose muss aber quasi die Anwendung des § 145 geltend machen, selbst oder durch den Vertreter, weil außerhalb der Nahtlosigkeitsregelung ein Verzicht auf die persönliche Arbeitslosmeldung nicht in Betracht kommt. Die Arbeitslosmeldung durch einen Vertreter schließt die Antragstellung auf Alg ein. Sobald dem Arbeitnehmer das Aufsuchen der Agentur für Arbeit möglich ist, hat er sich ohne schuldhaftes Zögern persönlich zu melden. Die Agenturen für Arbeit sind nur allgemein angewiesen, in Ausnahmefällen Abs. 1 Satz 3 und 4 anzuwenden. Insoweit entscheiden sie selbst im Einzelfall.
Rz. 9a
Der Schutzzweck des Abs. 1 Satz 3, zu verhindern, dass ein Anspruch auf Alg wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen des Arbeitslosen nicht entstehen kann, und die mangelnden Möglichkeiten zur Verwirklichung der wesentlichen Gründe für die Notwendigkeit der persönlichen Arbeitslosmeldung, die Prüfung der Vermittlungsfähigkeit und der frühzeitige Beginn von Vermittlungsbemühungen, gegenüber dem Vertreter des Arbeitslosen, legen nach Auffassung des SG Hamburg nahe, die Anforderungen an die Arbeitslosmeldung durch den Vertreter des Arbeitslosen nach Abs. 1 Satz 3 nicht zu streng auszulegen. Nach Auffassung des Gerichts ist eine persönliche Arbeitslosmeldung nicht erforderlich (SG Hamburg, Urteil v. 14.9.2010, S 17 AL 418/07). Dies könne dem Wortlaut der Regelung nicht entnommen werden, auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift sei es ausreichend, dass eine schriftliche Arbeitslosmeldung durch den Vertreter vorliege. Dieser Auffassung des SG ist ungeachtet anderer Auffassung des BSG zuzustimmen. Es ist nicht ersichtlich, was mit einer persönlichen Arbeitslosmeldung durch den Vertreter für die Arbeitsverwaltung gegenüber einer schriftlichen Meldung, im entschiedenen Fall durch ein Fax, erreicht werden könnte. Der Wortlaut des Abs. 1 Satz 3 lässt jedenfalls auch die Auslegung zu, dass eine Meldung durch den Vertreter in jeder Form die persönliche Arbeitslosmeldung durch den Arbeitslosen selbst ersetzt.
Rz. 9b
Das SG Berlin hält über eine persönliche Vorsprache des Vertreters hinaus sogar dessen Bestellung für entbehrlich, wenn der Arbeitslose die zur Bearbeitung seines Antrages nach § 145 erforderlichen Daten mit dem schriftlichen Antrag so übermittelt, dass die Agentur für Arbeit unverzüglich die für diese Leistung notwendige Prüfung beginnen kann (SG Berlin, Urteil v. 27.3.2012, S 80 AL 1650/10). Soweit geht die Ausnahmeregelung nach Abs. 1 Satz 3 allerdings nicht. Das BSG hat bestätigt, dass auch der Vertreter persönlich in der Agentur für Arbeit erscheinen muss, obwohl die persönliche Meldung in Abs. 1 Satz 3 anders als in § 141 Abs. 1 Satz 1 nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist (BSG, Urteil v. 23.10.2014, B 11 AL 7/14 R). Der Wortlaut der Regelung spricht demnach eher gegen das Erfordernis einer persönlichen Meldung. Der Regelungszusammenhang ergebe aber, dass es sich bei der Meldung in Vertretung um die Meldung handelt, die persönlich erfolgen muss. Hätte der Gesetzgeber eine schriftliche Meldung zulassen wollen, hätte es nahegelegen, dies dem kranken Arbeitslosen selbst zu erlauben und eine Vertretung nur zuzulassen, wenn dem Arbeitslosen auch eine schriftliche Meldung nicht mehr möglich ist. Nach Auffassung des BSG hat die persönliche Meldung auch noch andere Funktionen als die bloße Missbrauchskontrolle und den Beginn der Vermittlungstätigkeit. Durch den persönlichen Kontakt könne z. B. sichergestellt werden, dass die Nahtlosigkeitsregelung anzuwenden ist, ob also eine Begutachtung oder ein Antrag bei einem anderen Leistungsträger erforderlich ist.
Rz. 9c
Nach Auffassung des LSG Hamburg kann ein Leistungsanspruch erst ab dem Tag der Arbeitslosmeldung entstehen, auch wenn dies nach den für die Agenturen für Arbeit geltenden Weisungen der Bundesagentur für Arbeit auch außerhalb der Dienststelle durch entsprechende Annahme möglich ist, Verfügbarkeit auch bei einem Krankenhausaufenthalt außerhalb des Nahbereichs der zuständigen Agentur für Arbeit bejaht werden kann und die Arbeitslosmeldung auch durch einen Vertreter vorgenommen werden kann, wobei im Ausnahmefall...