2.2.1 Unverschuldete Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit
Rz. 8
Für die Leistungsfortzahlung ist nicht erheblich, an welcher Krankheit der Arbeitslose leidet oder ob es sich um eine Wiederholungserkrankung handelt; die daraus resultierende Arbeitsunfähigkeit muss aber unverschuldet sein. Das kann z. B. bei sog. gefährlichen Sportarten zweifelhaft sein (Bungee-Springen, Kick-Boxen), wenn die Erkrankung auf einer Verletzung während der Ausübung des Sports beruht. Die Arbeitsverwaltung geht dann von einem groben Verschulden aus. Im Übrigen kann der Arbeitslose selbst durch Schilderung des maßgebenden Ereignisses die Feststellung seines Verschuldens herbeiführen. Im Falle einer Organ-/Gewebespende ist Arbeitsunfähigkeit nicht wegen einer Erkrankung eingetreten. Nach der gesetzlichen Vorschrift muss die Agentur für Arbeit in jedem Einzelfall prüfen, ob eine selbst verschuldete Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Das würde aber die angestrebte Verwaltungsvereinfachung zunichte machen.
Rz. 9
Arbeitsunfähigkeit ist i. S. v. § 44 Abs. 1 SGB V zu verstehen. Die danach maßgebende Definition ist allerdings auf Arbeitslose nur eingeschränkt anwendbar. Die Regelung aus dem Krankenversicherungsrecht stellt nämlich auf die vor der Erkrankung ausgeübte oder ähnlich geartete Erwerbstätigkeit ab, der der Erkrankte nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin nachgehen kann, seinen Zustand zu verschlimmern. Bei dieser Beurteilung ist auf die Bedingungen abzustellen, die die bisherige berufliche Tätigkeit konkret geprägt haben. Nach der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses liegt Arbeitsunfähigkeit ferner vor, wenn bei einem noch nicht Arbeitsunfähigkeit begründenden Krankheitszustand absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit bzw. die Genesung (Gesundung) abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen. Einerseits kann der Arbeitslose aber je nach Dauer seiner Arbeitslosigkeit aus tatsächlichen Gründen die frühere Beschäftigung nicht mehr ausüben (z. B. infolge der technischen Entwicklung); andererseits kann er nicht auf jegliche Beschäftigung verwiesen werden, die seinem Krankheitsbild (Leistungsvermögen) entspricht. Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 146 liegt vor, wenn der Arbeitslose zu keiner Arbeit i. S. d. § 44 Abs. 1 SGB V fähig ist, die ihm nach den Zumutbarkeitsregeln des § 140 zumutbar ist. Die Vermittlungsaussichten sind unerheblich. Arbeitsunfähigkeit liegt auch vor, wenn der Arbeitslose aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen Arbeiten nicht mehr in dem Umfang verrichten kann, für den er sich der Arbeitsverwaltung zur Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hat (BSG, Urteil v. 7.12.2004, B 1 KR 5/03 R, aub 2005 S. 183, so auch § 2 Abs. 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie). Darin liegt kein Widerspruch. Arbeitsunfähigkeit nach dem Verständnis des BSG entspricht der Definition des Gemeinsamen Bundesausschusses in § 2 Abs. 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie. Damit ist z. B. arbeitsunfähig, wer der Arbeitsvermittlung für eine Vollzeitbeschäftigung in einer 5-Tage-Woche zur Verfügung steht, aber krankheitsbedingt nicht 8 Stunden täglich arbeiten kann. Auf den erlernten oder zuletzt ausgeübten Beruf kommt es nicht an, den Maßstab bilden leichte Tätigkeiten. Zur Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit befragt der untersuchende Arzt den Arbeitslosen auch nach dem zeitlichen Umfang, für den sich dieser der Agentur für Arbeit zur Vermittlung in Arbeit zur Verfügung gestellt hat. Im Zweifel wird sich die Beurteilung, ob Arbeitsunfähigkeit vorliegt und auf einer Krankheit beruht, nach der wesentlichen Bedingung auszurichten haben.
Rz. 9a
Arbeitsunfähigkeit liegt auch in der Zeit einer stufenweisen Wiedereingliederung vor, solange der zeitliche Umfang, der vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit maßgebend für die Beschäftigung war, nicht wieder erreicht wird (vgl. auch LSG Hessen, Urteil v. 15.12.2008, L 9 AL 177/07, info also 2009 S. 159; BSG, Urteil v. 21.3.2007, B 11 AL 31/06 R, SozR 4-4300 § 118 Nr. 1). Nach § 2 Abs. 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie besteht Arbeitsunfähigkeit auch während einer stufenweisen Wiederaufnahme der Arbeit fort, durch die gegen Krankheit versicherte Personen die dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben durch eine schrittweise Heranführung an die volle Arbeitsbelastung ermöglicht werden soll. Empfehlungen zur Umsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (§§ 74 SGB V, 44 SGB IX) enthält die Anlage zur Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie.
Rz. 9b
Arbeitsunfähigkeit infolge einer Krankheit liegt auch vor, wenn ein ärztliches Beschäftigungsverbot (§ 16 Abs. 1 MuSchG) mit fehlender Verfügbarkeit einhergeht. Leistungsfortzahlung ist jedoch dann nicht zu erbringen, wenn die Verfügbarkeit beseitigendes Beschäftigungsverbot vor dem Bezug von Alg festgestellt wird. Bei schwangeren arbeitslosen Frauen liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn die Frau ohne Gefährdung für sich oder das ungeborene Kind nicht in der Lage ist, leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang von mindestens 15 S...