Rz. 2
Die Anspruchsdauer drückt den Versicherungsschutz in einer zeitlichen Perspektive aus, der mit der Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) verbunden ist. Sie bleibt bestehen, bis sie sukzessive durch Verbrauch oder durch einen besonderen Tatbestand erlischt. Damit steht bereits zu Beginn der Arbeitslosigkeit mit Anspruch auf Alg im Grundsatz fest, wie lange der Versicherungsschutz für den Arbeitnehmer reicht. Ob die Anspruchsdauer auf Alg von der eigentumsgeschützten Anwartschaft auf Alg erfasst wird, wurde bislang nicht entschieden. Die Anpassung der geschützten Anwartschaft an veränderte Bedingungen ist jedoch ebenso wenig ausgeschlossen wie eine wertmäßige Minderung (BVerfG, Beschluss v. 27.2.200711, 1 BvL 10/00; Urteil v. 28.4.1999, 1 BvL 32/95). Eine Anspruchsdauer kann nur festgestellt werden, wenn die Anwartschaftszeit (§ 142) erfüllt ist. In diesem Fall besteht eine Grundanspruchsdauer, die sich im Verhältnis zu der Dauer der zurückgelegten Versicherungspflichtzeiten erhöht. Zur Feststellung der Anspruchsdauer wird die Rahmenfrist verlängert, sodass ein Zeitraum von 5 Jahren betrachtet wird. Dabei wird die Anspruchsdauer in Stufen und begrenzt um die Hälfte der zurückgelegten Versicherungspflichtzeiten erhöht. Von einer Äquivalenz zwischen Beitrags- und Leistungsseite kann daher nicht gesprochen werden. Die Berücksichtigung des Umfangs zurückgelegter Versicherungspflichtzeiten spiegelt jedoch das Versicherungsprinzip wider. Daneben ist für längere Anspruchsdauern bei Erfüllung der Regelanwartschaftszeit nach § 142 Abs. 1 ein Mindestalter erforderlich. Die Anspruchsdauer kann höher ausfallen, wenn der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs auf Alg mindestens 50 Jahre alt ist. Anhand der letzten Jahre wird so pauschal berücksichtigt, dass ältere Arbeitnehmer typischerweise auf umfangreichere Gesamtversicherungspflichtzeiten im zurückgelegten Berufsleben verweisen können als jüngere Arbeitnehmer. Vor Vollendung des 50. Lebensjahres kommt eine längere Anspruchsdauer als die für ein Jahr auch in Ausnahmefällen nicht in Betracht. Das Versicherungsprinzip kommt weiterhin dadurch zum Ausdruck, dass einerseits eine enge Anbindung an die für die Erfüllung der Anwartschaftszeit maßgebende Rahmenfrist bestimmt ist und andererseits nichtversicherungspflichtige Zeiten auch nicht zu einer Erhöhung der Anspruchsdauer beitragen können. Dem Versicherten kann kein Vorwurf daraus erwachsen, dass er ein Interesse an der rechtlichen Basis für die für ihn relevanten Leistung beibehält, auch wenn mehrere nebeneinander möglichen Leistungen dieselbe Höhe aufweisen und der Betroffene eine Leistung (tatsächlich) erhalten hat (vgl. in diesem Zusammenhang auch BSG, Urteil v. 12.3.2013, B 1 KR 7/12 R).
Rz. 2a
Die gesetzliche Regelung über die Anspruchsdauer hat unmittelbare Auswirkungen auf die finanziellen Belastungen der Bundesagentur für Arbeit für die Versichertengemeinschaft in der Arbeitslosenversicherung einerseits und die übrigen öffentlichen Haushalte andererseits, aus denen eine individuelle Leistung zum Lebensunterhalt im Anschluss an das Alg finanziert werden muss. Die Anspruchsdauer ist bei Erfüllung der Regelanwartschaftszeit nach § 142 Abs. 1 im Grundsatz auf 12 Monate, für ältere Arbeitnehmer auf maximal 24 Monate begrenzt. Diese massive Einschränkung, die durch das 7. SGB III-ÄndG zum 1.1.2008 nur für ältere Arbeitnehmer wieder etwas gelockert worden ist, wurde von einer längerfristig wirkenden Übergangsregelung begleitet (vgl. § 434l a. F. mit Wirkung zum 1.4.2012 mangels Anwendungsbereich aufgehoben). Die Verkürzung der Anspruchsdauer sollte im Hinblick auf die zu erwartende demographische Entwicklung der Tendenz zur Frühverrentung entgegenwirken. Dies hat das BSG als sachlichen Grund für die Gesetzesänderung angesehen und diese, soweit § 434l eingreift, als verfassungsgemäß angesehen (BSG, Urteil v. 14.9.2010, B 7 AL 23/09 R, so zuvor LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 8.6.2011, L 3 AL 374/11). In dem Verfahren war die Anspruchsdauer des Klägers aufgrund des § 434r letztlich nur um 2 Monate geringer ausgefallen. Schon das war für das BSG kein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot. Auch werde der Eigentumsschutz nicht verletzt. Eine Verfassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg (BVerfG, Beschluss v. 22.7.2009, 1 BvL 10/07). Die Tabelle in Abs. 2 war auf Ansprüche anzuwenden, die seit dem 1.2.2006 entstehen. Die Übergangsregelung dazu (Abs. 4) entfaltete bis zum 31.1.2010 Wirkung. Der Gesetzgeber wollte die Chancen auf stabile Sozialversicherungsbeiträge erhöhen, die Frühverrentungstendenzen eindämmen und das arbeitsmarktrelevante Verhalten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sensibilisieren. Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung konnte seit 2007 um mehr als 50 % gesenkt werden. Ab 2019 beträgt der Beitragssatz nach dem Gesetz 2,6 % des versicherungspflichtigen Entgelts; zusätzlich wird dieser Satz durch befristete Rechtsverordnung um weitere 0,1 Prozentpunkte verringert. Z...