Rz. 24
Ausländische Sozialleistungen, die ein ausländischer Träger zuerkannt hat, sollen in gleicher Weise wie die deutschen Sozialleistungen nach Abs. 1 und 2 das Ruhen bewirken, um Doppelleistungen zu vermeiden (Abs. 3). Das Ruhen ist daran geknüpft, dass die ausländische Leistung zuerkannt ist und der deutschen Sozialleistung vergleichbar ist. Es genügt allerdings, wenn die Leistung nur in einer bestimmten Region des Staates oder durch eine nichtstaatliche Einrichtung im Auftrag des Staates gewährt wird. Entscheidend ist die Funktion als Lohnersatz, was auf subsidiäre Fürsorgeleistungen nicht zutrifft.
Rz. 25
Die Rechtsanwendung richtet sich nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 12 Abs. 2 EWG-VO Nr. 1408/71 (vgl. Urteile des EuGH v. 6.12.1973, Rs-140/73, und v. 21.10.1975, Rs-24/75) und den Antikumulierungsvorschriften in bilateralen Verträgen.
Rz. 26
Auf Art. 12 Abs. 2 EWG-VO Nr. 1408/71 allein kann das Ruhen des Anspruchs nur gestützt werden, wenn der Anspruch nicht nur auf Beschäftigungszeiten in Deutschland, sondern auch auf Beschäftigungszeiten in einem anderen Mitgliedstaat beruht. Ansonsten würde sich ein Anspruch, der allein auf nationalen Rechtsvorschriften beruht, durch Anwendung von EG-Recht unzulässigerweise verringern. Daher bedarf es einer zusätzlichen eigenständigen Vorschrift im SGB III für Fälle, in denen der Anspruch auf Alg allein auf deutschen Rechtsvorschriften oder allein auf internationalem Recht beruht.
Rz. 27
Eine Sozialleistung ist i. S. d. Abs. 3 vergleichbar, wenn sie nach Funktion und Zweckbestimmung einer deutschen Sozialleistung entspricht, die nach den Abs. 1 und 2 das Ruhen bewirkt. Das gilt typischerweise für ausländische Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft, Invalidität, Alter sowie Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, die nicht nur nachrangige Fürsorgeleistungen sind; dann wären sie lediglich mit der Sozialhilfe vergleichbar. Ersetzt die ausländische Sozialleistung ganz oder teilweise ausfallendes Arbeitsentgelt, das der Betroffene vorübergehend oder endgültig nicht erzielen kann, weil er keine Beschäftigung hat, liegt eine vergleichbare Sozialleistung vor, z. B. Unfall-, Invaliden- oder Altersrente. Bei Invalidenrenten kann grundsätzlich nur eine der Berufsunfähigkeitsrente bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vergleichbare Leistung angenommen werden, sofern die Voraussetzungen für die Rente nicht an vollständig oder nahezu weggefallene Erwerbsfähigkeit anknüpfen. Bei Altersrenten ist Abs. 1 Nr. 4 unmittelbar anzuwenden (ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art). Das gilt auch für Teilrenten "pro-rata-temporis". Bei diesen Teilrenten richtet sich die Höhe nach dem Verhältnis der Versicherungszeit. Allerdings liegt Vergleichbarkeit nur vor, wenn wie nach deutschem Recht die Voraussetzungen für die Vollrente erfüllt sind, also die allgemeine Wartezeit erfüllt ist. Abs. 3 greift bei Altersrenten nur ein, wenn die Vergleichbarkeit mit einer ähnlichen Leistung beurteilt werden muss. Vorgezogene Altersrenten, die weder ähnliche noch vergleichbare Leistungen sind, werden nach Abs. 4 Satz 2 berücksichtigt, weil sie ohne Feststellung von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nach Rechtsprechung des EuGH mit einer deutschen Rente wegen Erwerbsminderung der Art nach gleich sind (EuGH v. 18.4.1989, C-122/88).
Rz. 27a
Eine ausländische Altersrente, die durch einen öffentlichen Träger gewährt wird, die an das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze anknüpft und ihrer Gesamtkonzeption nach im Allgemeinen als Lohnersatz den Lebensunterhalt sicherstellt, führt auch zum Ausschluss von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II (BSG, Urteil v. 16.5.2012, B 4 AS 105/11 R).
Rz. 27b
Vergleichbare ausländische Sozialleistungen sind z. B. die
- finnische Invalidenrente aus dem Volksrentensystem,
- israelische Vollrente,
- kanadische Invalidenrente aus der kanadischen Rentenversicherung,
- marokkanische Invaliditätsrente,
- portugiesische Invalidenrente mit Zuschlag für Schwerbehinderte,
- französische Altersrente ab dem 50. Lebensjahr,
- italienische Altersrente ab dem 55. Lebensjahr (Frauen) bzw. 60. Lebensjahr (Männer),
- litauische Altersrente.
Rz. 28
Beruht der Anspruch auf Alg auf EG-Recht, ist der besondere Schutz für Wanderarbeitnehmer zu beachten. Zusätzlich zu Funktion und Zweckbestimmung müssen auch die Berechnungsgrundlagen und nationalen besonderen Voraussetzungen in die Vergleichbarkeitsprüfung eingebunden werden, z. B. Altersgrenzen oder der Ansatz von Versicherungsjahren für die Bestimmung der Leistungshöhe.
Rz. 28a
Das BSG hat entschieden, dass eine schweizerische Altersrente aus der Personenvorsorgestiftung des Arbeitgebers (Altersrente nach dem schweizerischen Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge) die Voraussetzungen dafür erfüllt, das Alg nach Abs. 3 zum Ruhen zu bringen (BSG, Urteil v. 21.7.2009, B 7/7a AL 36/07 R). Dabei hat das BSG darauf hingewiesen, dass bei der gebotenen rechtsvergleichenden Qualifizierung die ...