0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) mit Wirkung zum 1.4.2012 von § 143 nach § 157 überführt.
§ 143 ist mit der Einordnung des SGB III in das Sozialgesetzbuch durch das Arbeitsförderungs-Reformgesetz v. 24.3.1997 (BGBl. I S. 594) am 1.1.1998 in Kraft getreten.
Die Vorschrift wurde mit Wirkung zum 1.4.2012 als § 157 neu gefasst. Dabei wurde sie zugleich geschlechtsneutral ausformuliert.
1 Allgemeines
Rz. 1a
§ 157 regelt das Ruhen des Arbeitslosengeldes (Alg) bei Erhalt oder Anspruch auf Arbeitsentgelt und Urlaubsabgeltung einerseits (Abs. 1 und 2) sowie andererseits einen Anspruch auf Gleichwohlleistung (auch: Gleichwohlgewährung) in Fällen, in denen ein solcher Anspruch nicht erfüllt wird (Abs. 3). Die Vorschrift vermeidet einerseits eine Doppelversorgung des Arbeitslosen durch Lohn und Alg; andererseits wird der Lebensunterhalt des Arbeitslosen auch und gerade für die Zeit gewährleistet, in der er zwar einen Anspruch auf Lohn (auch in Form von Urlaubsabgeltung) hat, diesen aber noch nicht realisieren konnte. Damit wird der Vorrang der Bestreitung des Lebensunterhaltes mit Arbeitsentgelt statt mit Sozialleistungen auch in Versicherungsfällen unterstrichen.
Rz. 1b
Abs. 1 ordnet das Ruhen des Anspruchs auf Alg für den Zeitraum an, für den der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder beanspruchen kann. Damit trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass Alg auch zustehen kann, wenn lediglich das Beschäftigungsverhältnis beendet ist, während das Arbeitsverhältnis fortbesteht, weil in diesen Fällen durchaus Arbeitslosigkeit i. S. d. Anspruchsvoraussetzung des § 138 vorliegt. Ziel des Alg ist es aber, entgehendes Arbeitsentgelt teilweise zu ersetzen und nicht, Ansprüche auf Arbeitsentgelt aufzustocken. Typischer Fall ist die Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung bzw. Aufgabe des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber vor Ablauf der Kündigungsfrist und damit die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Arbeitslohn.
Rz. 1c
Abs. 2 bestimmt das Ruhen für die Zeit eines Urlaubs, für den eine Urlaubsabgeltung zu zahlen ist, da er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann. Das betrifft auch Urlaubsabgeltungen, die nicht nach deutschem Recht gezahlt werden, aber funktional gleichwertig sind. Damit berücksichtigt der Gesetzgeber den Regelfall, dass noch bestehende Ansprüche auf Urlaub innerhalb des Arbeitsverhältnisses abgewickelt werden. Ist dies nicht möglich, wird der Arbeitslose dadurch nicht besser gestellt. Andernfalls würde das Alg nicht zum teilweisen Ersatz des Arbeitsentgeltes gewährt, sondern das Arbeitsentgelt (Urlaubabgeltung) aufstocken, das während des Urlaubs fortzuzahlen ist. Im Falle einer Erkrankung während des Ruhenszeitraumes hat der Arbeitslose ggf. weder Anspruch auf Alg noch auf Krankengeld.
Rz. 1d
Ruhenszeiten nach Abs. 1 enden mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses, Ruhenszeiten nach Abs. 2 können vorher nicht beginnen.
Rz. 1e
Abs. 3 stellt sicher, dass der Arbeitslose seinen Lebensunterhalt mit Alg auch dann bestreiten kann, wenn seine Ansprüche auf Arbeitsentgelt oder Urlaubsabgeltung nicht erfüllt werden. Damit wird ein Zeitraum der Ungewissheit über die Erfüllung eines Anspruches durch den Arbeitgeber überbrückt. Das Alg wird auch für den Ruhenszeitraum geleistet. Der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber geht auf die Alg leistende Agentur für Arbeit nach § 115 SGB X bis zur Höhe des gezahlten Alg über. Hat der Arbeitgeber dennoch mit befreiender Wirkung gezahlt, ist der betroffene Arbeitslose zur Erstattung verpflichtet. Damit erreicht der Gesetzgeber, dass dem Arbeitslosen bei derartigen Sachverhalten keine Doppelversorgung verbleibt.
Rz. 1f
Die Änderungen in den Abs. 1 bis 3 der Vorschrift mit Wirkung zum 1.4.2012 waren nur redaktioneller Art, um die Vorschrift insbesondere geschlechtsneutral auszuformulieren. Eine Änderung des materiellen Gehalts der Regelung war damit nicht verbunden. § 157 gilt auch für das Teil-Alg (vgl. § 162). Dort führt die Zahlung von Arbeitsentgelt für die Arbeitsleistung aus der verbliebenen Beschäftigung nicht zum Ruhen.
2 Rechtspraxis
2.1 Arbeitsentgelt und Urlaubsabgeltung
Rz. 2
§ 157 ist eine Ruhensvorschrift. Die Anwendung der Regelung setzt voraus, dass ein Anspruch auf Alg entstanden ist, der Arbeitslose die Anspruchsvoraussetzungen (§ 137 Abs. 1) für das Alg erfüllt bzw. auf einen früher entstandenen Anspruch zurückgreift (Wiederbewilligung des Alg). Als Arbeitsverhältnis i. S. d. § 157 ist auch das Berufsausbildungsverhältnis anzusehen.
Rz. 3
Das Ruhen des Anspruchs bewirkt, dass Alg nicht zur Auszahlung gelangen kann. Auf die Höhe des Arbeitsentgeltes oder der Urlaubsabgeltung kommt es dafür nicht an. Für jeden Tag des Ruhens verschiebt sich der Leistungsbeginn. In dieser Zeit läuft auch die 4-jährige Frist weiter ab, innerhalb der der Arbeitslose seinen Anspruch auf Alg noch geltend machen kann (§ 161 Abs. 2). Das S...