Rz. 508
Ein Meldeversäumnis kann unter verschiedenen Aspekten vorliegen. Die Meldepflicht ist eine persönliche Obliegenheit, d. h. der Arbeitsuchende bzw. Arbeitslose kann sich nicht vertreten lassen, sondern muss den Meldetermin persönlich wahrnehmen. Tut er das nicht, liegt ein Meldeversäumnis i. S. v. Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 i. V. m. § 309 vor. Auch mit einer telefonischen Meldung kann die Meldepflicht nicht erfüllt werden. Ein Irrtum über die Pflicht, einer Meldeaufforderung nachzukommen, kann den Arbeitslosen nicht vor einem Sperrzeittatbestand schützen, der Rechtsirrtum stellt selbst auch keinen wichtigen Grund dar, kann jedoch zu einer Verkürzung der Sperrzeit führen (LSG Sachsen, Urteil v. 25.6.2015, L 3 AL 165/14 NZB). Eine solche Möglichkeit ist allerdings im Gesetz selbst nicht vorgesehen.
Rz. 509
Ein klassisches Meldeversäumnis liegt vor, wenn der Arbeitslose zu dem in der Meldeaufforderung angegebenen Zeitpunkt und an dem angegebenen Meldeort ohne eine Rückmeldung bei der Agentur für Arbeit nicht erscheint. In der Praxis der Arbeitsförderung wird der Meldepflichtige sogleich erneut zur persönlichen Meldung eingeladen. Jedenfalls gibt ein Meldeversäumnis ohne jegliche Rückmeldung auch Anlass zu Zweifeln an der Verfügbarkeit des Arbeitslosen. Daher ist das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für das Alg fraglich. Deshalb ist eine sofortige erneute Aufforderung zur persönlichen Meldung, meist zu einem Termin eine Woche später, verhältnismäßig und angemessen.
Rz. 510
Ein Meldeversäumnis liegt auch dann vor, wenn der Meldepflichtige den Meldetermin nicht an dem in der Meldeaufforderung angegebenen Ort wahrnimmt. Dann kann der Meldezweck in aller Regel nicht erreicht werden, weil der für den Meldepflichtigen in der Agentur für Arbeit vorgesehene Gesprächspartner das Gespräch mit dem Arbeitsuchenden (zu seiner Beratung u. a.) nicht führen kann. Dieses Versäumnis wird dem Meldepflichtigen im Regelfall bei der Vorsprache am falschen Meldeort bekannt werden, sodass er es nach Maßgabe des § 309 Abs. 3 Satz 1 und 2 noch heilen kann, indem er den Meldeort aufsucht. In der Praxis treten Meldungen am falschen Ort vor allem dann auf, wenn der Arbeitslose aus verschiedenen Gebäuden heraus betreut wird, z. B. zu Vermittlungszwecken aus einem anderen Gebäude heraus als zu leistungsrechtlichen Zwecken. Klarheit schafft insofern allein die Meldeaufforderung selbst, die den Meldeort genau zu bezeichnen hat.
Rz. 511
Ein Meldeversäumnis liegt ohne Weiteres vor, wenn der Arbeitslose der Meldeaufforderung nicht an dem in der Meldeaufforderung vorgesehenen Meldetag wahrnimmt, sondern erst an einem späteren Tag am Meldeort persönlich erscheint. Hierbei wird die Meldepflicht verletzt, wenn die persönliche Meldung auch nur einen Tag verspätet erfolgt (vgl. BSG, Urteil v. 25.8.2011, B 11 AL 30/10 R). Das gilt selbst dann, wenn der in der Meldeaufforderung angegebene Meldezweck nach § 309 Abs. 2 noch erreicht werden kann oder tatsächlich erreicht wird.
Rz. 512
Eine besondere Fallgestaltung liegt vor, wenn der Arbeitsuchende bzw. Arbeitslose den vorgesehenen Meldetermin am bezeichneten Meldetag (und Meldeort), aber nicht zur bezeichneten Meldezeit wahrnimmt. § 309 Abs. 3 Satz 1 verpflichtet zur Meldung zu der von der Agentur für Arbeit bestimmten Zeit. § 309 Abs. 3 Satz 2 lässt allerdings zu, dass die Meldepflicht für einen nach Tag und Uhrzeit bestimmten Meldetermin erfüllt ist, wenn der Meldepflichtige sich an demselben Tag zu einer anderen Uhrzeit persönlich am vorgesehenen Meldeort bei der Agentur für Arbeit meldet und der Zweck der Meldung (noch) erreicht wird. Das wird nur im Einzelfall tatsächlich von der Uhrzeit abhängen, zu der der Arbeitslose in der Dienststelle erscheint. Der Arbeitslose ist allerdings stets gehalten, während der Öffnungszeiten der Agentur für Arbeit persönlich vorzusprechen. Es genügt deshalb nicht, wenn er etwa nach Schließung der Agentur für Arbeit persönlich erscheint, aber keinen Zutritt mehr hat. Auch ein dazu geführter Nachweis durch Einwurf einer Information in den Hausbriefkasten der Agentur für Arbeit reicht zur Erfüllung der Meldepflicht nicht aus.
Rz. 513
Das BSG hat ausgeführt, dass der Begriff "am selben Tag" fest bestimmt ist, er ist weder auslegungsfähig noch auslegungsbedürftig. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes und dem damit zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers kann eine Meldung am Folgetag nicht mehr als rechtzeitig angesehen werden. Der Meldepflichtige kann nicht kraft richterlicher Rechtsfortbildung, insbesondere mittels einer analogen Anwendung des § 309 Abs. 3 Satz 2, so behandelt werden, als sei er seiner Rechtspflicht nachgekommen. Ein Analogieschluss setzt voraus, dass die geregelte Norm analogiefähig ist, das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, er wäre bei einer Interessenabwägung, bei der...