Rz. 2
§ 174 gehört seit dem 1.4.2012 zum Dritten Abschnitt des Vierten Kapitels mit den Ergänzenden Regelungen zur Sozialversicherung. Sie folgte damit der Vorschrift des § 207a zur Übernahme von Beiträgen bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung, die zu demselben Zeitpunkt zusammen mit den übrigen Vorschriften des Sechsten Kapitels aufgehoben wurde.
Die Vorschrift stellt sicher, dass private Versicherungen während des Bezuges von Arbeitslosengeld (Alg) aufrechterhalten werden können, ohne dass die Beiträge vollständig aus dem für den Lebensunterhalt gewährten Alg bestritten werden müssten.
Rz. 3
§ 174 regelt wie die Vorgängervorschrift die Übernahme von Beiträgen bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung, die sich für die Krankenversicherung aus § 8 Abs. 1 Nr. 1a SGB V i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V für Bezieher von Alg ergibt; daneben sind Personen nach Maßgabe des § 6 Abs. 3a SGB V versicherungsfrei zur Krankenversicherung. Die Befreiung von der Pflegeversicherungspflicht gilt nach den Maßgaben des Art. 42 Pflege-Versicherungsgesetz v. 26.5.1994 (BGBl. I S. 1014) für Personen, die bereits bei Inkrafttreten dieses Gesetzes privat pflegeversichert waren (Versicherungsvertrag vor dem 23.6.1993) sowie nach § 22 Abs. 1 SGB XI bei gleichwertiger privater Pflegeversicherung; daneben kann nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 SGB XI der Pflegeversicherungspflicht durch Vertrag mit einem privaten Krankenversicherungsunternehmen genügt werden. Damit ist zugleich der anspruchsberechtigte Personenkreis für eine Beitragsübernahme nach § 174 Abs. 1 umrissen.
Rz. 4
Die Vorschrift stellt nicht allein unmittelbar auf die konkrete Befreiung von der Versicherungspflicht ab, sondern bezieht auch weitere Personen ein, die von der Versicherungspflicht freigestellt sind.
Rz. 5
Anspruch auf Übernahme der Beiträge haben Bezieher von Alg dem Grunde nach in der Höhe, in der sie für die Dauer des Leistungsbezugs für eine Versicherung gegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit an ein privates Krankenversicherungsunternehmen Beiträge zu zahlen haben. Die Berechnungsgrundlage wird jedoch durch Konkretisierung verringert.
Rz. 6
Abs. 2 bestimmt den Umfang des Anspruchs auf Beitragsübernahme näher. Die grundsätzlich mögliche volle Übernahme der Beiträge nach Abs. 1 wird in Abs. 2 Satz 1 auf den Betrag begrenzt, den die Bundesagentur für Arbeit als Folge der Versicherung der Leistungsbezieher von Alg gegen Krankheit und Pflege ohne die Freistellung von der Versicherungspflicht zu tragen hätte, also die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung.
Rz. 7
Nach Abs. 2 Satz 2 sind der Beitragübernahme dabei für die gesetzliche Krankenversicherung der allgemeine Beitragssatz (§ 241 SGB V) und der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz (§ 242a SGB V) sowie für die soziale Pflegeversicherung der Beitragssatz nach § 55 Abs. 1 Satz SGB XI zugrunde zu legen.
Rz. 8
Abs. 3 stellt klar, das der Leistungsbezieher in dem Umfang von der Verpflichtung zur Beitragszahlung an das private Krankenversicherungsunternehmen befreit ist, in dem die Bundesagentur für Arbeit die Beiträge für ihn übernommen hat.
Rz. 9
Abs. 4 regelt seit dem 1.7.2023 für Bezieher von Alg als Mitglied in einer Solidargemeinschaft nach § 176 Abs. 1 SGB V die Übernahme von Beiträgen. In Bezug auf die Krankenversicherung ordnet Abs. 4 Satz 1 die entsprechende Geltung des Abs. 1 Nr. 1 in Bezug auf die Versicherungsfreiheit und des Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 in Bezug auf die Beitragsübernahme an, wie sie auch für die anderen Bezieher von Alg gelten. In Bezug auf die Beitragsübernahme zur privaten Pflegeversicherung wird für Mitglieder von Solidargemeinschaften bei Versicherungspflicht nach § 21a Abs. 1 Satz 1 SGB XI oder privater Pflegeversicherung nach § 23 Abs. 4a SGB XI ein Beitragszuschuss bei entsprechender Geltung des Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 geregelt.
Rz. 10
Die Gesetzesbegründung führt allgemein aus, dass die teilweise seit Langem bestehenden Solidargemeinschaften ein alternatives Konzept der gemeinschaftlichen Absicherung in Krankheitsfällen anbieten. Eine Übernahme der Beiträge zur Solidargemeinschaft oder ein Zuschuss zu diesen Beiträgen im Fall der Arbeitslosigkeit war jedoch rechtlich nicht möglich. Das sollen entsprechende Zuschusszahlungen bzw. die Übernahme der Beiträge beim Bezug von Alg seit dem 1.7.2023 überwinden (ebenso bei Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II), vgl. BT-Drs. 20/5664.
Rz. 11
Vergleichbare Regelungen enthalten § 173 über die Übernahme und Erstattung von Beiträgen bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und § 26 SGB II für die Grundsicherung für Arbeitsuchende.