Rz. 22
Der Gesetzgeber gestattet eine ärztliche und/oder psychologische Untersuchung und Begutachtung nur, soweit dies für die Feststellung der Berufseignung oder Vermittlungsfähigkeit erforderlich ist. Die Erforderlichkeit ist demnach an der Berufseignung oder Vermittlungsfähigkeit im Einzelfall zu messen, eine Untersuchung und Begutachtung wird dementsprechend nur aus einem konkreten Anlass heraus möglich sein. Das bedeutet insbesondere, dass nicht stets zu jeder Beratung/Vermittlung auch eine Untersuchung/Begutachtung als Regelfall angestoßen wird. Insbesondere muss das Auswahlfeld für eine Berufswahl (einschließlich einem Berufswechsel) bzw. einer Arbeitsvermittlung so eingegrenzt sein, dass nur noch für das ausgewählte Spektrum Zweifel in Bezug auf Eignung und Fähigkeit auszuräumen sind. Alle Berufe oder Arbeitsstellen, für die der Ratsuchende bzw. Arbeitsuchende ohne eine Untersuchung für die Beratungs- und Vermittlungsfachkraft geeignet erscheint, kommt eine Begutachtung dagegen nicht in Betracht.
Rz. 23
Im Zusammenspiel von Berufseignung und Vermittlungsfähigkeit wird aus einer Berufseignung häufig auch auf eine entsprechende Vermittlungsfähigkeit zu schließen sein und umgekehrt eine fehlende Berufseignung auch einer entsprechenden Vermittlung entgegenstehen. Betrachtet werden stets die gesamten relevanten Leistungsmerkmale (körperliche und geistige Leistungsfähigkeit) sowie Eigenschaften und Kompetenzen (Persönlichkeitsmerkmale, fachliche, personelle, soziale Kompetenzen). Daraus kann sich im Einzelfall auch ergeben, dass aufgrund von Besonderheiten trotz Berufseignung keine Vermittlungsfähigkeit gegeben ist.
Rz. 24
Bei der Erforderlichkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff ohne Ermessensspielraum für die Fachkraft der Agentur für Arbeit. Erforderlichkeit ist dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entnommen und bedeutet auf die Eignungsfeststellung übertragen, dass es an Erkenntnissen fehlt, die für eine Entscheidung (Berufswahl, Vermittlungsfähigkeit) noch zwingend benötigt werden, aber auf eine für den Betroffenen mildere Art, z. B. aufgrund des Lebenslaufes oder bereits vorhandener Gutachten nicht festgestellt werden können. Die Entscheidung über die Erforderlichkeit ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar. Dagegen ist die Einschätzung der Eignung letztlich eine Prognoseentscheidung, die sich nach der Berufswahl während der entsprechenden Berufsausbildung oder nach der Vermittlung in eine entsprechende Beschäftigung erst noch erweisen muss. Die Erforderlichkeit wird sich regelmäßig aus Widersprüchen zwischen dem Berufs- bzw. Vermittlungswunsch des Rat- bzw. Arbeitsuchenden und der objektiven Leistungsfähigkeit sowie dem Kompetenzquerschnitt ergeben.