2.1 Aufrechnung bei Entgeltersatzleistungen
Rz. 3
Abs. 1 betrifft den häufigen Fall, dass die Entgeltersatzleistung bereits für Zahlungszeiträume ausgezahlt worden ist, bevor ein Anrechnungsbetrag aus einer Nebenbeschäftigung (etwa § 155) berechnet, festgestellt und leistungsmindernd verarbeitet werden konnte oder der Eintritt einer Sperrzeit nach § 159 festgestellt werden konnte, wodurch der Anspruch zum Ruhen gebracht wurde. Entgeltersatzleistungen sind das Arbeitslosengeld (bei Arbeitslosigkeit und beruflicher Weiterbildung), das Teilarbeitslosengeld, das Übergangsgeld und das Insolvenzgeld. Zum Kurzarbeitergeld vgl. die Komm. zu Abs. 2.
Rz. 4
Bei Anrechnungen aus Nebeneinkommen treten Überzahlungen vor allem zu Beginn der Nebenbeschäftigung ein, wenn die Höhe des Nebeneinkommens der Agentur für Arbeit noch nicht bekannt ist und der Eingang einer Nebenverdienstbescheinigung abgewartet werden muss. Aufgrund erheblicher Freibeträge verbietet sich in diesen Fällen zumeist eine Anrechnung auf Verdacht. Die Regelung geht typisierend davon aus, dass dem Leistungsberechtigten bei Aufrechnung des anzurechnenden Betrages stattdessen das Nebeneinkommen selbst für den Lebensunterhalt mindestens in der Höhe zur Verfügung steht, zu der es bei der Entgeltersatzleistung zu berücksichtigen war. Wird Nebeneinkommen kontinuierlich erzielt (ständiges Nebeneinkommen), kann die Arbeitsverwaltung aufgrund der Angaben des Leistungsberechtigten laufend anrechnen und im Nachhinein anhand von Nebeneinkommensbescheinigungen einen Überzahlungs- oder Nachzahlungsbetrag feststellen. Bei ständigem, in der Höhe gleich bleibendem Nebeneinkommen treten nach der Anlaufphase bei ständiger Anrechnung Über- oder Unterzahlungsfälle nur noch auf, wenn sich die Höhe der Entgeltersatzleistung verändert, z. B. durch eine Steuerklassenänderung. Bei diesen Fallgestaltungen wird der Betroffene durch die Aufrechnung im Regelfall nicht sonderlich belastet.
Rz. 5
Das Gesetz formuliert Fallgestaltungen, bei denen der Anspruch auf die Entgeltersatzleistung wegen der Anrechnung von Nebeneinkommen gemindert war. Damit werden aber auch die Fälle erfasst, in denen der Anspruch auf die Entgeltersatzleistung auf 0,00 EUR gemindert war und die Entscheidung über die Bewilligung der Entgeltersatzleistung deshalb aufgehoben worden ist. Dann allerdings besteht bei Fortbestand des Nebeneinkommens kein Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung mehr, gegen die aktuell aufgerechnet werden könnte.
Rz. 5a
Für die Anwendung des Abs. 1 kommt es in Bezug auf die Berücksichtigung von Nebeneinkommen nicht auf ein Verschulden des Arbeitslosen bzw. Leistungsempfängers an. Bei der Berücksichtigung von Nebeneinkommen und der Aufhebung der bewilligenden Entscheidung ist vielmehr auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X abzustellen. Dafür kommt es allein darauf an, dass Nebeneinkommen erzielt worden ist, das zur Minderung oder zum Wegfall der Entgeltersatzleistung geführt haben würde. Im Ergebnis wird dem Arbeitslosen die Entgeltersatzleistung vorgeleistet, obwohl i. d. R. bekannt ist, dass Nebeneinkommen erzielt wird. Dies rechtfertigt es, nach Berechnung des zu berücksichtigenden Nebeneinkommens die überzahlte Entgeltersatzleistung durch Aufrechnung gegen weitere Ansprüche in voller Höhe zu realisieren. Zumindest bei Betrachtung des Verwaltungsverfahrens insgesamt kann ansonsten nicht vorhandene Hilfebedürftigkeit dadurch nicht eintreten, denn der Leistungsberechtigte kann das erzielte Nebeneinkommen für den Lebensunterhalt einsetzen. Hat der Bezieher der Entgeltersatzleistung das Nebeneinkommen bereits vollständig verbraucht und wird er durch eine Aufrechnung gegen seinen Anspruch auf die Entgeltersatzleistung hilfebedürftig, muss er insoweit auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II verwiesen werden. Danach kann ihm, sofern die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, ergänzend Arbeitslosengeld II als Darlehen gewährt werden. Allerdings wird in diesen Fällen geprüft werden müssen, ob die Grundsicherungsstelle ggf. einen Ersatzanspruch geltend machen kann, weil die Hilfebedürftigkeit zumindest grobfahrlässig herbeigeführt worden ist. In Fällen des Eintritts einer Sperrzeit sind die §§ 31 ff. SGB II zu prüfen.
Rz. 6
Sperrzeiten nach § 159 treten zwar kraft Gesetzes ein und stehen deshalb dem Grunde nach rechtzeitig fest, um durch einen entsprechenden Feststellungs- und Ruhensbescheid die Auszahlung der Entgeltersatzleistung für den Ruhenszeitraum zu verhindern. Regelmäßig sind jedoch Sachverhaltsfeststellungen erforderlich, insbesondere zum tatsächlichen Geschehensablauf nach der Lösung von Beschäftigungsverhältnissen oder zur Arbeitsvertragswidrigkeit eines Verhaltens des Arbeitslosen bzw. einer Kündigungsberechtigung aus diesem Grund durch den Arbeitgeber. In diesen Fällen sind oft mehrfach Stellungnahmen der Arbeitsvertragspartner unter Bekanntgabe der Ausführungen der jeweiligen Gegenseite einzuholen. Das beansprucht in schwierigen Fällen Zeiträume weit über die Dauer einer Regelsperrzeit von 12 Wochen hinaus.
Rz. 6a
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