0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland v. 2.3..2009 (BGBl. I S. 416) in das SGB III eingefügt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift stellt die Zahlungsfähigkeit der Bundesagentur für Arbeit für den Fall sicher, dass sie vom Bund gewährte Liquiditätshilfen (vorerst) nicht zurückzahlen kann. Dies geschieht unabhängig davon, ob und in welchem Umfang sich der Bund an den Kosten der Arbeitsförderung beteiligt. Der Regelung liegt die Überlegung zugrunde, dass Liquiditätshilfen regelmäßig nicht nur für einen Monat erforderlich werden, sondern einen Entwicklungsprozess etwa in Bezug auf steigende Arbeitslosigkeit, insbesondere als Folge einer Finanz- oder Wirtschaftskrise, zuletzt als Folge der Coronapandemie, anzeigen.
Mit der Regelung wird eine darlehensweise Ausgleichsverpflichtung des Bundes geschaffen. Soweit die Bundesagentur für Arbeit unterjährig als Liquiditätshilfe geleistete Darlehen nicht gem. § 364 Abs. 2 an den Bund zurückzahlen kann, werden sie zum Ende des Haushaltsjahres für zunächst ein Haushaltsjahr zinsfrei gestundet. Damit soll gewährleistet werden, dass der gesetzlich auf 2,6 % (seit 2023) festgesetzte Beitragssatz zur Arbeitsförderung auch bei mittelfristig sinkenden Beitragseinnahmen stabil gehalten werden kann. Sinkende Beitragseinnahmen bzw. vorübergehende Mehrausgaben werden vorübergehend vom Bund ausgeglichen; eine Anhebung des Beitragssatzes wird nicht erforderlich. Soweit die Bundesagentur für Arbeit auch zum Schluss des Folgejahres ihre Rückzahlungsverpflichtung nicht erfüllen kann, beginnt sie mit der Tilgung des Darlehens erst dann, wenn sie in einem Jahr einen Überschuss erwirtschaftet hat, den sie ansonsten gem. § 366 Abs. 1 der Rücklage zuführen würde. Für Haushaltsjahre, in denen die Bundesagentur für Arbeit ein gestundetes Darlehen nicht zurückgezahlt hat, wird dies von der Bundesregierung bei der Haushaltsgenehmigung berücksichtigt (Gesetzesbegründung aus der BT-Drs. 16/11740).
2 Rechtspraxis
Rz. 3
Die Liquidität der Bundesagentur für Arbeit wird erforderlichenfalls, wenn ihre Einnahmen die laufenden Ausgaben nicht decken, durch Betriebsmitteldarlehen des Bundes gesichert. Mittelzuweisungen erfolgen durch die Deutsche Bundesbank zulasten der Bundeskasse. Die notwendigen Regelungen werden jeweils durch ein Haushaltsgesetz für den Bund getroffen. Die Leistungen des Bundes werden als zinsloses Darlehen erbracht. Der Bund wird nur insoweit verpflichtet, als sein Darlehen für die Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft notwendig ist.
Voraussetzung der Stundung nach § 365 ist, dass ein (Betriebsmittel-)Darlehen des Bundes gewährt wurde. Das Darlehen ist im möglichen Umfang nach § 364 Abs. 2 zurückzuzahlen, wenn am Ende eines Tages ein Einnahmeüberschuss vorliegt. Kann die Bundesagentur für Arbeit das Darlehen nicht zurückzahlen, wird es automatisch für ein Haushaltsjahr gestundet. Aufgrund der Fiktion des § 365 bedarf es hierfür keines ausdrücklichen Beschlusses der Bundesregierung.
Rz. 4
Die Stundung verlängert sich automatisch um ein Jahr, wenn die Bundesagentur für Arbeit auch im darauf folgenden Kalenderjahr das Darlehen nicht zurückzahlen kann. Es bedarf keiner Genehmigung der Bundesregierung oder des zuständigen Bundesministeriums, weil die Stundung kraft Gesetzes gilt. Es bedarf auch keines entsprechenden Beschlusses der Bundesregierung (Kabinettsbeschluss). Die gesetzliche Konstruktion eröffnet, dass eine Rückzahlungsverpflichtung für ein Darlehen erst entsteht, wenn die Bundesagentur für Arbeit in einem Kalenderjahr einen Überschuss erwirtschaftet hat, den sie gemäß § 366 Abs. 1 (eigentlich) der Rücklage zuführen würde (vgl. BT-Drs. 16/11740).
Rz. 5
Alle Stundungen sind zinsfrei.
Rz. 6
Bei teilweiser Rückzahlungsmöglichkeit wird der Bund zunächst die Tilgung des ältesten Darlehens fordern.
Rz. 7
Bei der Regelung handelte es sich um eine Vorsichtsmaßnahme aufgrund der Überforderung der Bundesagentur für Arbeit durch Beitragssatzsenkungen und Beitragsüberwälzungen trotz bereits sichtbarer Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise Anfang 2009 auf dem Arbeitsmarkt. Die Politik verdeutlichte, dass eine effektive und effiziente Bundesagentur für Arbeit, die sorgfältig mit den Beitragsmitteln umgeht und dadurch einen finanziell gesunden Versicherungszweig schafft, dieses durch nur kurzfristig wirksame Aktionen zunichtemachen kann. Nach Verbrauch sämtlicher Rücklagen erzielte die Bundesagentur für Arbeit für 2012 wieder einen Überschuss, der zusammen mit einer weiteren Intensivierung der Arbeitsmarktpolitik dazu ausreichen soll, eine aufgrund getrübter Konjunkturaussichten für 2013 prognostizierte Unterdeckung im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit auszugleichen. 2015 erwartete die Bundesagentur für Arbeit einen Überschuss in ihrem Haushalt. Die Aufwendungen insbesondere für das Kurzarbeitergeld während der Coronapandemie lösten ebenfalls Liquiditätshilfen in erheblichem Umfang aus, die in Darlehen umgewandelt wurden. Eine Rückzahlu...