2.1 Satzungsautonomie
Rz. 3
Die Satzungsautonomie der Bundesagentur für Arbeit ist aus § 367 Abs. 1 abzuleiten. Sie hat den Zweck, den Abstand zwischen Normgeber und Normadressat dadurch zu verringern, dass den jeweils betroffenen gesellschaftlichen Gruppen die Regelung derjenigen Angelegenheiten eigenverantwortlich überlassen wird, die sie selbst betreffen und die sie in überschaubaren Bereichen am sachkundigsten beurteilen können (BVerfG, Beschluss v. 9.5.1972, 1 BvR 518/62, 308/64). Der Gesetzgeber verzichtet insoweit auf seine Normierungsrechte. Er wird andererseits davon entlastet, sachliche und örtliche Verschiedenheiten berücksichtigen zu müssen, die für ihn oft schwer erkennbar sind und auf deren Veränderung er nicht rasch genug reagieren könnte. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Bundesagentur für Arbeit ein bundesweit gestreutes Dienststellennetz in allen Bundesländern unterhält; in der Mittelinstanz sind 10 Regionaldirektionen angesiedelt, die mit den Grenzen der Bundesländer übereinstimmen; zum Teil gehören mehrere Bundesländer zum Bezirk einer Regionaldirektion.
Abs. 1 räumt der Bundesagentur für Arbeit zugleich das Recht ein, wie ihr auch die Pflicht auferlegt wird, sich eine Satzung zu geben. Allgemein sind Satzungen dem BVerfG zufolge Rechtsvorschriften, die von einer dem Staat eingeordneten juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der ihr gesetzlich verliehenen Autonomie mit Wirksamkeit für die ihr zugehörenden und unterstehenden Personen erlassen werden. Satzungsautonomie soll deshalb den entsprechenden gesellschaftlichen Gruppen die Regelung solcher Angelegenheiten, die sie selbst betreffen und für die sie besonders sachkundig sind, in Eigenverantwortung überlassen. Dadurch wird auch die Entfernung zum Normadressaten eher überbrückt. Die Satzungsautonomie erscheint trotz der zweifelhaften mitgliedschaftlichen Ausprägung aufgrund des Körperschaftscharakters mit Selbstverwaltung gerechtfertigt.
Rz. 4
Die Satzungsautonomie enthält 2 Ausprägungen: einmal die Befugnis und die Pflicht der Bundesagentur für Arbeit, sich eine Satzung zu geben, und weiterhin das auf speziellen Einzelnormen im Gesetz beruhende Recht, Anordnungen zu erlassen. Die Satzung und die Anordnungen werden vom Verwaltungsrat beschlossen (§ 373 Abs. 5).
2.2 Satzung der Bundesagentur für Arbeit
Rz. 5
Die Satzung der Bundesagentur für Arbeit nimmt insbesondere Bezug auf den Organisationsrahmen (Körperschaft mit Selbstverwaltung) und den Verwaltungsaufbau (Vorstand und Verwaltung) in der Bundesagentur für Arbeit, die Zweigliedrigkeit der Selbstverwaltung und sonstige strukturelle Gegebenheiten. Entsprechend der Überschrift des Ersten Unterabschnitts im Elften Kapitel des Gesetzes werden die gesetzlichen Regelungen zur Verfassung der Bundesagentur für Arbeit in diesem Sinne ergänzt und in praktische Regelungen zur Selbstverwaltungsarbeit übersetzt. Die Satzung der Bundesagentur für Arbeit ist in 3 Kapitel aufgeteilt, die sich mit der Normsetzung zur Bundesagentur für Arbeit als Körperschaft mit Selbstverwaltung (Kapitel 1), zu Vorstand und Verwaltung (Kapitel 2) und weiteren allgemeinen Regelungen (Kapitel 3) befassen. Die aktuell gültige Satzung wurde am 20.2.2024 im Bundesanzeiger bekannt gemacht (Art. 12 Satz 2 der Satzung der BA). Mit der Bekanntgabe ist sie in Kraft getreten (Art. 14 Abs. 1 der Satzung der BA). Zugleich ist die vorherige Satzung außer Kraft getreten.
Rz. 6
Kapitel 1 der Satzung der BA befasst sich mit den grundlegenden Arbeitsvorgängen der Selbstverwaltung und den Selbstverwaltungsorganen.
Art. 1 der Satzung der BA bestimmt, dass die Bundesagentur für Arbeit die ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben mit Selbstverwaltung durchführt, soweit diese nicht der Fachaufsicht des Bundes unterliegen. Damit wird einerseits auf § 371 Abs. 4 Bezug genommen und z. B. bestätigt, dass die Selbstverwaltung nicht die Erbringung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II oder des Kindergeldes sowie des Kinderzuschlages einschließlich der Leistungen für Bildung und Teilhabe an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene durch die Familienkassen umfasst. Andererseits hebt die Vorschrift hervor, dass die Selbstverwaltung allumfassend wahrgenommen wird, soweit nicht die Fachaufsicht des Bundes betroffen ist. Damit wird deutlich, dass die betroffenen Aufgabengebiete nicht gänzlich von der Selbstverwaltung ausgeklammert werden, sondern in die Arbeit des Verwaltungsrats und der Verwaltungsausschüsse eingehen, soweit sie Rückwirkungen auf die Aufgabenerledigung im selbstverwalteten Bereich erzeugen oder Schnittstellen zu diesem Bereich haben. Soweit der Vorstand und der Verwaltungsrat sich nicht auf gemeinsame Regularien der Information und Rechenschaft einigen, muss der Verwaltungsrat sein jeweiliges Recht gesondert einfordern.
Rz. 7
Art. 2 der Satzung der BA benennt den Verwaltungsrat und die Verwaltungsausschüsse als Selbstverwaltungsorgane (Abs. 1) und wiederholt damit lediglich § 371 Abs. 1. Nach Art. 2 Abs. 2 überwachen und beraten die Selbstverwa...