0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) im Rahmen der Neufassung des Elften Kapitels zum 1.1.2004 neu in das SGB III eingefügt.
Mit Wirkung zum 1.5.2004 wurde Abs. 2 durch das Gesetz über den Arbeitsmarktzugang im Rahmen der EU-Erweiterung v. 23.4.2004 (BGBl. I S. 602) geändert.
Abs. 1 und 2 der Vorschrift wurden durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) geändert. Dadurch wurde die Vorschrift zugleich geschlechtsneutral ausformuliert.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift enthält die Voraussetzungen für eine Berufung in eines der Selbstverwaltungsorgane der Bundesagentur für Arbeit. Sie lehnt sich an die deutsche Staatsangehörigkeit und das passive Wahlrecht zum Deutschen Bundestag an, erlaubt aber auch die Berufung von Ausländern in einen Verwaltungsausschuss oder den Verwaltungsrat. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane nicht aus der Staatsangehörigkeit abgeleitet werden kann, sondern insbesondere die Zugehörigkeit zum Kreis der Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Beitragszahler maßgebend ist, der im Selbstverwaltungsorgan repräsentiert wird. In dieser Beziehung werden Ausländern im Grundsatz die Rechte und Pflichten im Selbstverwaltungsorgan eingeräumt wie deutschen Beitragszahlern. Die drittelparitätische Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane berücksichtigt bereits, dass die Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit auch nicht arbeitslosenversicherungspflichtige Personen betreffen.
Rz. 2a
Berufungsfähig sind zunächst Deutsche, die das passive Wahlrecht zum Deutschen Bundestag besitzen. Das richtet sich nach Art. 116 Abs. 1 GG und den §§ 13, 15 BWahlG. Deutscher i. S. d. Grundgesetzes ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand v. 31.12.1937 Aufnahme gefunden hat. § 15 Abs. 1 BWahlG setzt daneben die Vollendung des 18. Lebensjahres voraus.
Rz. 2b
Berufungsfähig sind auch Ausländer, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt rechtmäßig im Bundesgebiet haben und abgesehen von der deutschen Staatsangehörigkeit ebenfalls die Voraussetzungen der Wählbarkeit erfüllen. Dabei ist der Gesetzgeber von der Erwartung ausgegangen, dass der Ausländer sich während der gesamten Amtszeit nach seiner Berufung im Bundesgebiet aufhalten wird.
Rz. 3
Abs. 2 bestimmt zur Vermeidung von Interessenkollisionen und zur klaren Rollentrennung zwischen Verwaltung und Selbstverwaltung, dass Arbeitnehmer und Beamte der Bundesagentur für Arbeit nicht Mitglieder im Verwaltungsrat oder einem Verwaltungsausschuss sein dürfen. Vor einer Berufung muss das vorgesehene Mitglied aus den Diensten der Bundesagentur für Arbeit als Beamter oder Angestellter ausgeschieden sein, z. B. auch durch Eintritt in den Ruhestand.
Rz. 3a
Die Änderungen in den Abs. 1 und 2 zum 1.4.2012 waren nur redaktioneller Art, um die Vorschrift geschlechtsneutral auszugestalten.
2 Rechtspraxis
Rz. 4
In ein Selbstverwaltungsorgan der Bundesagentur für Arbeit können Personen berufen werden, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und das 18. Lebensjahr vollendet haben. Das 18. Lebensjahr wird mit Ablauf des Tages vor dem Tag vollendet, an dem der Deutsche Geburtstag hat und 18 Jahre alt wird. Die Volljährigkeit bezieht sich auf die Amtsdauer des berufenen Mitglieds in der Selbstverwaltung, also auf den Beginn der Mitgliedschaft im Selbstverwaltungsorgan.
Rz. 5
Ausländer können in ein Selbstverwaltungsorgan berufen werden, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt rechtmäßig im Bundesgebiet haben und ebenfalls wählbar i. S. d. BWahlG sind. Die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts richtet sich nach den aufenthaltsrechtlichen Vorschriften (z. B. des Aufenthaltsgesetzes). Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich u. U. aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I). Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass der Ausländer die Absicht haben muss, nicht nur kurzfristig oder vorübergehend an seinem Aufenthaltsort zu verbleiben. Die Berufungsfähigkeit setzt nicht voraus, dass der Ausländer sich bereits eine bestimmte Zeit an diesem Aufenthaltsort oder in diesem Gebiet aufgehalten hat. Im Sinne einer kontinuierlichen Selbstverwaltungsarbeit soll aber erwartet werden können, dass der Ausländer nicht nach kurzer Zeit an einen anderen Aufenthaltsort verzieht oder in sein Heimatland zurückkehrt. Dadurch wird die Möglichkeit, in dem Zuständigkeitsgebiet eines Verwaltungsausschusses umzuziehen, nicht berührt.
Rz. 6
Es wird vorausgesetzt werden können, dass sich die vorschlagsberechtigten Stellen (vgl. § 379) vor einem Berufungsvorschlag mit der Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts und des voraussichtlichen Aufenthaltsorts während der Amtsperiode von 6 Jahren auseinandersetzen ...