2.1 Zusammensetzung der Selbstverwaltung aus 3 Gruppen
Rz. 7
Mit § 379 wird die Selbstverwaltung der Bundesagentur für Arbeit den Verbänden und Vereinigungen überlassen und dafür auf eine Wahl verzichtet. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände haben letztlich entscheidenden Einfluss auf die Zusammensetzung jedenfalls des Verwaltungsrats. Angesichts der drittelparitätischen Besetzung der Selbstverwaltungsorgane können die Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern beim Zusammenwirken stets die Gruppe der öffentlichen Körperschaften überstimmen. Deren Beteiligung an der Selbstverwaltung ist ausschlaggebend dafür, dass die Selbstverwaltungsmitglieder nicht gewählt, sondern berufen werden. Bei abstrakter Betrachtung dominieren letztlich Verbandsinteressen das Selbstverwaltungsgeschehen.
Rz. 8
In der Gruppe der öffentlichen Körperschaften des Verwaltungsrats ist die Bundesregierung mit 3 Mitgliedern vertreten. Dies steht tendenziell einer Selbstverwaltung entgegen, weil diese Sitze durch das die Aufsicht über die Bundesagentur für Arbeit führende BMAS besetzt werden können. Das allein verstärkt den Einfluss der Bundesregierung bzw. des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf die Geschäftspolitik der Bundesagentur für Arbeit. Denn der Verwaltungsrat kann sich vorbehalten, wichtigen Entscheidungen des Vorstandes zuzustimmen (vgl. Art. 4 der Satzung der Bundesagentur für Arbeit v. 20.2.2024).
Rz. 8a
Sind sich die Vertreter von Bundesregierung und Bundesrat, die ebenfalls 3 Mitglieder stellen können, nicht einig, hätte das Mitglied der Spitzenvereinigungen der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften das entscheidende Stimmrecht für die Gruppe. Allerdings wird der Bundesrat stets auch ein Mitglied vorschlagen, das der die Bundesregierung führenden Partei angehört. Dadurch wird die Gruppe der öffentlichen Körperschaften im Verwaltungsrat letztlich durch die Bundesregierung dominiert.
2.2 Vorschlagsberechtigung für die Gruppen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber
Rz. 9
Abs. 1 bestimmt die Gewerkschaften mit ihren Verbänden und die Arbeitgeberverbände mit ihren Vereinigungen zu den vorschlagsberechtigten Stellen für die Mitglieder der Gruppen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber. Damit wird den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden per Gesetz die Aufgabe zugeschrieben, unabhängig von ihren Mitgliedern die Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Beitragszahler in einem abstrakten Sinne umfassend wahrzunehmen. Die Interessenvertretung für die sich im Grundsatz gegenüberstehenden Arbeitnehmer und Arbeitgeber kann nach Sinn und Zweck nur für eine Seite wahrgenommen werden.
Rz. 9a
Dies schließt von vornherein aus, dass eine vorschlagsberechtigte Stelle eine Einrichtung sein kann, die sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber vertritt. Bei den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden handelt es sich um selbständige Vereinigungen der Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber, die von der jeweiligen Gegenseite unabhängig agieren können, die Interessen ihrer Mitglieder vertreten und Tarifverträge schließen.
Dies bedeutet ferner, dass eine vorschlagsberechtigte Stelle tariffähig i. S. d. TVG ist. Tarifvertragsparteien sind Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern (§ 2 Abs. 1 TVG). Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern (Spitzenorganisationen) können im Namen der ihnen angeschlossenen Verbände Tarifverträge abschließen, wenn sie eine entsprechende Vollmacht haben (§ 2 Abs. 2 TVG).
Darüber hinaus können nach § 2 Abs. 3 TVG Spitzenorganisationen selbst Parteien eines Tarifvertrags sein, wenn der Abschluss von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört.
Rz. 10
Der in der Literatur vertretenen Auffassung, dass jedenfalls Gewerkschaften zum Arbeitskampf bereit sein müssen und Arbeitgeberverbände eine sozialpolitische Orientierung aufweisen müssen, um vorschlagsberechtigte Stelle sein zu können, ist zuzustimmen.
Rz. 11
Das Gesetz verlangt von den vorschlagsberechtigten Stellen für Arbeitnehmer- bzw. Arbeitgebervertreter ferner, dass sie Tarifverträge abgeschlossen haben. Das hat die vorschlagsberechtigte Stelle im Zweifel darzulegen. Die Voraussetzung verfolgt den Zweck, als vorschlagsberechtigte Stellen nur Interessenvertretungen zuzulassen, die tatsächlich relevanten Einfluss auf die Arbeitsbedingungen nehmen, insbesondere auf die Höhe des Lohns. Das schließt nicht aus, dass eine vorschlagsberechtigte Stelle einen von einer anderen Stelle abgeschlossenen Tarifvertrag übernimmt. Allerdings muss die Interessenvertretung in solchen Situationen eigenständiger Verhandlungspartner sein. Vorschlagsberechtigte Stelle kann keine Gewerkschaft sein, die zwar Tarifverträge abgeschlossen hat, diese aber nicht wirksam sind, weil die Gewerkschaft insoweit nicht tariffähig ist. Derartige Entscheidungen werden in letzter Instanz vom BAG getroffen. So wurde der CGZP die Tariffähigkeit abgesprochen.
Rz. 12
Abs. 1 setzt weiterhin voraus, dass eine vorschlagsberechtigte Stelle für die Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber von wesentlicher Bed...