Rz. 10
Abs. 2 bezieht sich auf die in einem Wohnheim/Internat untergebrachten Lehrlinge. Von einem Wohnheim im Sinne dieser Vorschrift ist dann auszugehen, wenn es sich um eine "institutionalisierte Einrichtung" handelt, also insbesondere Jugendwohnheime, Außenwohngruppen, betreute Wohnungen und Wohngemeinschaften, sofern diese von einem Träger der Jugendhilfe bzw. Jugendsozialarbeit eingerichtet und/oder betreut werden. Weitere Voraussetzung ist, dass für die Kosten der Verpflegung und Unterkunft ein amtlicher Pflegesatz festgesetzt ist. Bei der Unterbringung Minderjähriger ist es zudem erforderlich, dass sie sozialpädagogisch betreut werden. Allein das Zusammenleben als reine Wohngemeinschaft (WG) in einer Privatwohnung erfüllt nicht die Tatbestandsmerkmale von Abs. 2. Dieses Kriterium ist durch die zum 29.5.2020 durch das Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung nun ausdrücklich klargestellt.
Rz. 11
Der Bedarf für den Lebensunterhalt richtet sich nach den im Rahmen der §§ 78a bis 78g SGB VII vereinbarten Entgelte und dem Lebensalter des Auszubildenden. Die Entgeltvereinbarung schließt der Träger der örtlichen Jugendhilfe oder die ansonsten zuständige Stelle des Landes mit dem Träger der Einrichtung. Zum Entgelt für die Unterbringung zählen auch die Kosten für betreuende Kräfte, die der ordnungsgemäße Betriebsablauf eines Wohnheims oder Internats erfordern.
Rz. 12
Eine Unterbringung mit voller Verpflegung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn bei Unterbringung in einem Wohnheim oder Internat
- dort zwar einzelne, nicht aber alle Mahlzeiten eingenommen werden, der Träger des Wohnheims/Internats jedoch die fehlenden Mahlzeiten in Sachleistungen oder bar ausgleicht, oder
- dieses an den Wochenenden geschlossen ist.
Ein Wohnheim oder Internat gewährt auch dann die volle Verpflegung, wenn die Auszubildenden selbst das Essen zubereiten.
Rz. 13
Mit der zum 29.5.2020 erfolgten Erhöhung des Förderunghöchstalters des Auszubildenden von 18 auf 27 Jahre soll die Effektivität der Berufsausbildungsbeihilfe vor dem Hintergrund eines durchschnittlich gestiegenen Lebensalters der Auszubildenden gesichert werden (BT-Drs. 19/17740 S. 33). Als Bedarf für den Lebensunterhalt von Auszubildenden unter 27 Jahren werden nach Abs. 2 Satz 2 zusätzlich die Entgelte für die sozialpädagogische Begleitung zugrunde gelegt, soweit diese nicht von Dritten erstattet werden. Dazu gehören auch die Kosten für die Betreuung und Unterkunft in einer sozialpädagogischen Wohnform. Eine private Wohngemeinschaft unterfällt nicht Abs. 2 (Schön, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 61 Rz. 10; Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 61 Rz. 50). Entgelte für erzieherische Leistung bleiben aber außer Betracht.
Rz. 14
Abweichend von Abs. 1 werden für die in Wohnheimen und Internaten untergebrachten Auszubildenden die im Rahmen der §§ 78a bis 78g SGB VIII vereinbarten Entgelte für Verpflegung und Unterbringung zugrunde gelegt. Mit dem Verweis auf die im Rahmen der nach §§ 78a bis 78g SGB VIII vereinbarten Entgelte für Verpflegung und Unterbringung soll nach Auffassung des Gesetzgebers der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die von den Ländern eingesetzten Pflegesatzkommissionen mittlerweile fast alle aufgelöst wurden. Stattdessen erfolgt die Festsetzung der Entgelte im Vereinbarungswege. Dabei schließen die örtlichen Träger der Jugendhilfe mit den Trägern der Jugendwohnheime Leistungs- und Entgeltvereinbarungen ab.
Rz. 15
Bei Unterbringung in einem Wohnheim oder Internat mit voller Verpflegung sind die tatsächlichen Kosten der Verpflegung und Unterbringung (Heimkosten), höchstens aber die dafür amtlich festgesetzten Beiträge, zugrunde zu legen. Aufwendungen, die nicht zu den Heimkosten im engeren Sinne gehören, sind nicht zu berücksichtigen. Im Bedarf für den Lebensunterhalt können nur Kosten zugrunde gelegt werden, soweit sie durch die Berufsausbildung verursacht worden sind. Eine Ausbildungsstätte, die z. B. vom Wohnort der Eltern nicht in angemessener Zeit erreicht werden kann, verursacht ausbildungsbedingt die Suche nach einer anderen Art der Unterbringung. Sie verursacht aber nicht zwangsläufig eine sozialpädagogische Begleitung, Betreuung oder pädagogische Versorgung des Auszubildenden. Ein aus erzieherischen Gründen oder aus Gründen der Persönlichkeitsbildung während der Berufsausbildung entstehender Bedarf an sozialpädagogischer Betreuung ist daher im Rahmen des SG VIII abzugelten (BT-Drs. 17/6277, Begründung zu § 61, S. 98).
Rz. 16
Durch den zum 29.5.2020 eingefügten Satz 3 ist die vorrangige Anwendbarkeit der Leistungen der Jugendhilfe normiert. Der Gesetzgeber hat diesen Vorrang damit begründet, dass mögliche Verlagerungseffekte aus der Jugendhilfe ausgeschlossenen werden sollen (BT-Drs. 19/17740 S. 33).